Pilz des Monats März 2025 – Estnische Gallertträne (Dacrymyces estonicus)
Diesen schönen persönlichen Erstfund verdanke ich der Tatsache, dass es auch bei pilzreichen Exkursionsfahrten immer wieder mal Tage gibt, an denen man wenig oder auch fast gar nichts Spannendes findet. Und so war ich offen für die Beprobung einer trockenen Gallertträne (die frisch aussehenden Fotos entstanden erst nach Wieder-Einweichen - Gallerttränen sind trockenresistend wie Schwindlinge) an einem toten Ast an einer absterbenden See-Kiefer (Pinus pinaster) – ein Fund, den ich an manchem anderen Tag nicht goutiert hätte. In den meisten Fällen hat man, wenn man sich die Mühe einer mikroskopischen Untersuchung macht, die häufige Zerfließende Gallertträne (Dacrymyces stillatus) in Händen – und so sah es für mich auch am Abend des 1. November 2025 aus. Hyphen ohne Schnallen sind ein Merkmal, das auch die häufige Art hat, und so machte ich mich schon etwas demotiviert auf die Suche nach Sporen.
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Estonische Gallertträne (Dacrymyces estonicus) am 01.11.2024 westlich von Marmelete (w. Monchique, Serra Monchique, Algarve, Portugal, 393 m NN, GPS: N37°18'35.09" W8°40'48.56"), an Zweigen in ca. 2 m Höhe an einzelner, junger und absterbender, noch stehender See-Kiefer (Pinus pinaster) an Weg durch Eucalyptus-Forst über Schiefer, leg., Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner. Beachten Sie die trocken orangeroten, bei Feuchtigkeit (in diesem Falle nach Anfeuchten mit Leitungswasser) dottergelben, unregelmäßig fast becherartigen Fruchtkörper. Rein makroskopisch ist eine Unterscheidung von anderen Dacrymyces-Arten wie der häufigen D. stillatus sagen wir mal mutig. |
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Estonische Gallertträne (Dacrymyces estonicus) am 01.11.2024 westlich von Marmelete (w. Monchique, Serra Monchique, Algarve, Portugal, 393 m NN, GPS: N37°18'35.09" W8°40'48.56"), an Zweigen in ca. 2 m Höhe an einzelner, junger und absterbender, noch stehender See-Kiefer (Pinus pinaster) an Weg durch Eucalyptus-Forst über Schiefer, leg., Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner. Beachten Sie die Septen ohne Schnallen (u.l.) sowie die großen, breiten und bei Reife 7-fach septierten Sporen (Präparationen in Kongorot-NH3). |
Und dann kam die Überraschung: die Sporen waren deutlich größer und breiter als für D. stillatus angegeben, und vor allem hatten die reifen von ihnen mehr Septen (Querwände) als diese Art, nämlich in der Regel 7 von ihnen (sofern das immer ganz genau auszumachen war). Die Bestimmung nach Jülich (1984: Kleine Kryptogamenflora IIb/1, 1. Teil) verlief dann auch ohne Umwege und problemlos zu D. estonicus, als Länder, in denen die Art nachgewiesen wurde, werden dort Deutschland (und die DDR), Estland (der Erstbeschreiber A. Raitviir, der die Art 1962 beschrieb, ist Este), Frankreich (Korsika), Großbritannien und Schweden angegeben. Auch aus der iberischen Halbinsel ist die Art bereits bekannt, zumindest aus dem Baskenland: auf der Website www.aranzadi.eus kann man die Art gut wieder erkennen: Dacrymyces estonicus | Aranzadi — Zientzia elkartea. Für Portugal liegt aber möglicherweise ein Erstnachweis vor.