Pilz des Monats Dezember 2022 – Feinschuppiger Sumpf-Afterleistling (Hygrophoropsis fuscosquamula)
Falsche Pfifferlinge oder Afterleistlinge sind trotz ihrer Zugehörigkeit zu den Boletales Saprobionten – ganz wie ihre nächsten Verwandten, die Gewebehäute (Leucogyrophana), die ebenfalls schon einmal den Pilz des Monats auf dieser Website stellten, und bilden mit ihnen zusammen die Familie Hygrophoropsidaceae, die einzigen Weiß-Sporer (die Blassspor-Röhrlinge in Gattung Gyroporus sporen blass gelblich) innerhalb der Ordnung. Die Artabgrenzung innerhalb dieser Gruppe ist sicherlich noch nicht ganz endgültig geklärt – auch „normale“ Falsche Pfifferlinge (Hygrophoropsis aurantiaca s.l.) sehen auch nach Abspaltung der alten var. atrotomentosa als H. rufa noch ziemlich verschieden aus. Blässlinge von H. aurantiaca mit nur wenig orangem Farbton findet man häufiger auch in der Streu und auf morschem Holz (vgl. Foto unten) und ich bin gespannt, ob hier nicht noch weitere Arten versteckt sind.
Zwei Arten sind von Feuchtstandorten, von sauren Zwischen- und Hochmoorstandorten bekannt, und beide habe ich auf der Schwäbischen Alb bereits gefunden. Während sich der Großsporige Afterleistling (Hygrophoropsis macrospora) auch durch deutlich größere Sporen (über 8 µm Länge) vom Komplex aurantiaca und von H. fuscosquamula unterscheidet, sind für H. fuscosquamula im Gegensatz zu den anderen Arten dunklere Härchen oder Haarbüschel im ansonsten helleren Hut typisch (das Detail-Foto zeigt diese m.E. recht gut). H. macrospora habe ich auf der Schwäbischen Alb auch schon gefunden – recht nahe am Fundort von H. fuscosquamula (und zwar schon am 8.10.2003 – damals hatte ich noch keine Digicam und insofern kann ich hier nur einen Dia-Scan vorzeigen, der natürlich nicht ganz farbecht ausfällt – s.u.), und so dachte ich beim Fund von H. fuscosquamula in einem ganz ähnlichen Habitat und in einer Entfernung von Luftlinie nur ca. 7 km zuerst, dass auch dieser Fund zu H. macrospora gehören würde. Die Sporenmaße und die Huthaut-Merkmale (von denen ich leider kein passables Mikro-Foto habe) weisen aber zur wenig bekannten H. fuscosquamula. Näheres zur Thematik kann im Beitrag von Geoffrey Kibby über den H. aurantiaca-Komplex nachgelesen werden (Field Mycology 13(2): 43 ff).
Feinschuppiger Sumpf-Afterleistling (Hygrophoropsis fuscosquamula) am 31,10.2016 im NSG "Raue Wiese" sw. Bartholomä (Ostalbkreis, Schwäbische Alb sö. Schwäbisch Gmünd, ö. Stuttgart, Baden-Württemberg), MTB 7225/4, 668 m NN, GPS:N48°43'47.29" E9°56'59.74"), reichlich fruktifizierend in saurem, hochmoorartigem Zwischenmoor zwischen Juncus, Carex und Sphagnum spec., weitab von Holz-Substraten an nassem Standort, leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner- Beachten Sie beim letzten Foto die feienn dunklen Schüppchen auf hellem Grund, ansonsten die helle Färbung für einen "Falschpfiffer". |
Feinschuppiger Sumpf-Afterleistling (Hygrophoropsis fuscosquamula) am 31,10.2016 im NSG "Raue Wiese" sw. Bartholomä (Ostalbkreis, Schwäbische Alb sö. Schwäbisch Gmünd, ö. Stuttgart, Baden-Württemberg), MTB 7225/4, 668 m NN, GPS:N48°43'47.29" E9°56'59.74"), reichlich fruktifizierend in saurem, hochmoorartigem Zwischenmoor zwischen Juncus, Carex und Sphagnum spec., weitab von Holz-Substraten an nassem Standort, leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner - Die Sporenmaße liegen im Bereich der Sammelart H. aurantiaca und bleiben deutlich unter 8 µm Länge - im Gegensatz zur makroskopisch und ökologisch ähnlichen H. macrospora (s.u.). |
Großsporiger Sumpf-Afterleistling (Hygrophoropsis macrospora) am 8.10.2003 im NSG "Weiherwiesen" bei Aalen-Tauchenweiler (MTB 7226/1, 680 m NN, GPS ca. N48° 46' 36,43'' E10° 1' 7,58'', Hochffläche der Schwäbischen Alb, Baden-Württemberg), in saurem Niedermoor mit Binsen, Torfmoos u.a., ohne Nähe zu Holz und Nadelstreu, reichlich fruchtend, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner. Dia-Scan und deshalb von mäßiger Foto-Qualität. Die Hut-Oberfläche ist einfarbig cremeblass und ohne deutliche Faserschüppchen. Die Sporenmaße beginnen bei 8 µm und sind teils deutlich länger. |
blasse Form des Gewöhnlichen Afterleistlings (Falscher Pfiffelring, Hygrophoropsis aurantiaca) am 13.10.2012 im "Hafental" bei Alfdorf-Hintersteinenberg (Schwäbischer Wald n. Schwäbisch Gmünd, ö. Stuttgart, Baden-Württemberg) an morschem Fichtenstumpf in Nadelmischwald, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner. Es wird sich zeigen, ob solche Blässlinge im engen Sinne zu H. aurantiaca gehören. |
Anm.: Früher wurde mit dem Duftenden Afterleistling (H. olida alias H. morganii) eine weitere Art in dieser Gattung geführt. Die seltene Art konnte ich im vorletzten Jahr erstmals im Bayerischen Wald sehen, dank eines von Peter Karasch gezeigten Fundes. Der seltene Pilz gehört aber in Familie Hygrophoraceae (Agaricales) und heißt mittlerweile Aphroditeola olida. Von dieser Art gibt es eine Uralt-Angabe von der östlichen Schwäbischen Alb, die in verschiedene Verbreitungs-Karten übernommen wurde – sie entstammt einer vom Finder (dem Aalener Pilzkenner Hans Späth) nicht bestimmten, aber als Aquarell festgehaltenen Aufsammlung. Ich war damals dabei, als Dr. Hans Haas, der alt-ehrwürdige Stuttgarter Pilzkenner, im Beisein meines Vaters die Aquarelle Späths durchsah und nach einiger Überlegung ein Aquarell von vor 1960 H. olida zuordnete. Davon abgesehen gibt es auf der Ostalb keine Funde dieser Art – bis heute.