„Pilz“ des Monats Februar 2022 – Moos-Lohblüte (Fuligo muscorum)
Heute stelle ich einmal eine Art vor, die eigentlich in einer Rubrik „Pilz des Monats“ nichts zu suchen hätte. Warum? Nun, ganz einfach: „Schleimpilze“ sind keine Pilze (wie man früher aufgrund ihrer teils bauchpilz-, teils schimmelpilz-ähnlichen reifen Strukturen einmal meinte), sondern Verwandte von Amöben (sozusagen „Urtiere“) – wie es ja ihre „unreifen“ beweglichen Riesenzellen durchaus andeuten. Auch mit den Tieren besteht allerdings (für die ganze Amöben) keine nahe Verwandtschaft. Trotzdem bearbeiten von jeher vor allem Pilzkundler (wie ich) die Myxomyceten (wie die Mycetozoa immer noch gerne genannt werden). Der alte Streit „Tier oder Pilz“ ist heute längst entschieden.
Nun – die Plasmodien bekommen Pilzfreunde nur ausnahmsweise zu Gesicht, denn diese fliehen das Licht und bevorzugen zum Wachstum feuchte, dunkle Plätze, wo sie auf Nahrungssuche gehen (Bakterien, Pilzsporen, Pilz- und andere organische Reste). Dies sind z.B. Holzspalten, die Laubschicht oder auch höhere Moos-Rasen wie im Falle der vorgestellten Art. Zur Fruchtkörper-Bildung kommen die Myxos dann heraus (plötzlich sind sie dem Licht zugewandt) und suchen sich den hellsten und vor allem trockensten Platz der Umgebung. Sehr schön zeigt dies z.B. Foto 11, wo das Plasmodium einen Heidelbeer-Strauch hinaufgeklettert ist. Warum plötzlich an den trockensten Platz? Nun – schließlich müssen die Myxos nun Sporen bilden, die sich u.a. über die Luft verbreiten sollen. Dazu muss das nasse Plasmodium viel Wasser loswerden.
Moos-Lohblüte (Fuligo muscorum) am 04.09.2012 bei Kaisersbach-Gmeinweiler (Schwäbischer Wald, Rems-Murr-Kreis n. Welzheim, ö. Stuttgart, Baden-Württemberg), "Heidenbühl" (480 m NN, MTB 7024.3), auf lebenden Moosen (F 1: Schönes Widertonmoos Polytrichum formosum, F 2 ebenso und Torfmoos Sphagnum spec.) nach Entwicklung in der Bodenstreu in saurem, feuchten Nadelmischwald, Plasmodien beim Herauskommen aus der Streu- und Moosschicht, leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiner |
Moos-Lohblüte (Fuligo muscorum) am 21.09.2013 bei Alfdorf-Schotthof (Rems-Murr-Kreis, Schwäbischer Wald n. Schwäbisch Gmünd, ö. Stuttgart, Baden-Württemberg, MTB 7124.1, 480 m NN), in der Streu in feuchtem Nadelmischwald, auf Moosrasen von Torfmoos (Sphagnum spec.), Plasmodium beim Herauskommen aus dem feuchten Moos, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Moos-Lohblüte (Fuligo muscorum) am 13.09.2007 bei Gschwend-Rotenhar (beim "Weiterweg", Ostalbkreis Schwäbischer Wald n. Schwäbisch Gmünd, ö. Stuttgart, Baden-Württemberg, MTB 7024.4, 490 m NN), in der Streu in feuchtem Nadelmischwald, auf Moosrasen von Peitschenmoos (Bazzania trilobata), Plasmodium geht über zur Fruchtkörrper-Bildung nach kurzem Weg auf dem feuchten Moos, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Moos-Lohblüte (Fuligo muscorum) am 28.09.2013 bei Alfdorf-Burgholz, "Fockenberg" (Rems-Murr-Kreis, Schwäbischer Wald n. Schwäbisch Gmünd, ö. Stuttgart, Baden-Württemberg, MTB 7124.1, 490 m NN), in der Streu in feuchtem Nadelmischwald, auf Moosrasen von Torfmoos (Sphagnum spec.),;beginnende Fruchtkörper-Bildung auf feuchtem Moos in der Nadelstreu in saurem Nadelmischwald, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Moos-Lohblüte (Fuligo muscorum) am 03.09.2014, Nordrhein-Westfalen, Nationalpark Eifel, Kermeter-N, Tal des "Büdenbach" w. Hasenfeld (MTB 5304.4, 335 m NN), Plasmodium bei der Fruchtkörper-Bildung in saurem Buchenwald, leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiner |
Moos-Lohblüte (Fuligo muscorum) am 21.09.2013 bei Alfdorf-Hintersteinenberg, "Hafental" (Rems-Murr-Kreis, Schwäbischer Wald n. Schwäbisch Gmünd, ö. Stuttgart, Baden-Württemberg, MTB 7124.1, 490 m NN), in der Streu in feuchtem Nadelmischwald, auf Moosrasen (v.a. Riemenstängel-Kranzmoos Rhytidiadelphus loreus, beigemengt u.a. auch Torfmoos (Sphagnum spec.),;beginnende Fruchtkörper-Bildung auf feuchtem Moos in der Nadelstreu in saurem Nadelmischwald, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Moos-Lohblüte (Fuligo muscorum) am 25.10.2021 s. Altenthann (ö., Lkr. Regensburg, Vorderer Bayerischer Wald, Bayern, MTB 6939.2, 480 m NN), in der Streu in feuchtem Nadelmischwald, auf Moosrasen von Torfmoos (Sphagnum spec.), unreife Aethalien auf feuchtem Moos, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Moos-Lohblüte (Fuligo muscorum) am 07.09.2021 bei Guglöd (Lkr Freyung-Grafenau, Bayerischer Wald ö. Spiegelau, Bayern, MTB 7046.4, 890 m NN), in der Streu in feuchtem Nadelmischwald, auf Moosrasen von Torfmoos (Sphagnum spec.), unreife Aethalien auf dem feuchten Moos, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Moos-Lohblüte (Fuligo muscorum) am 21.09.2013 (s.o.!) bei Alfdorf-Schotthof (Rems-Murr-Kreis, Schwäbischer Wald n. Schwäbisch Gmünd, ö. Stuttgart, Baden-Württemberg, MTB 7124.1, 480 m NN), in der Streu in feuchtem Nadelmischwald, an Stämmchen von Heidelbeere (Vaccinium myrtillus) als höchste und trockenste Erhebung über der feuchten Moos-Schicht, unreife Aehtalien, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Moos-Lohblüte (Fuligo muscorum) am 22.09.2021 bei Adelmannsfelden-Vorderwald (Ostalbkreis, Schwäbischer Wald w. Ellwangen, ö. Stuttgart, Baden-Württemberg, MTB 7025.2, 490 m NN), in der Streu in feuchtem Nadelmischwald, auf Moosrasen (Mischrasen mit Muschelmoos Plagiochila asplenioides u.a.), Plasmodium beim Herauskommen aus dem feuchten Moos, frisch reife, noch feuchte und glänzende Aethalien, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Moos-Lohblüte (Fuligo muscorum) am 10.08.2012, Nordrhein-Westfalen, Nationalpark Eifel, Wahlerscheid, "Fuhrtsbachtal" (MTB 5403.4 , 550 m NN), reife, angetrocknete und daher ganz unscheinbare Aethalien auf Moosrasen (Mnium hornum) in saurem, jungem Karpatenbirken-Bruch, leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiner |
Moos-Lohblüte (Fuligo muscorum) - Dia-Scan eines Fotos von Peter Schirmer, vermutlich aus Nordhessen (z.B. Urwald Sababurg - Funddaten aber unsicher) - reife und unscheinbar graue Aethalien |
Moos-Lohblüte (Fuligo muscorum) am 17.10.2007 bei Gschwend-Rotenhar (beim "Weiterweg", Ostalbkreis Schwäbischer Wald n. Schwäbisch Gmünd, ö. Stuttgart, Baden-Württemberg, MTB 7024.4, 490 m NN), in der Streu in feuchtem Nadelmischwald, auf Moosrasen, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Das Foto zeigt runde, fein warzige, im Durchlicht purpurbraune Sporen sowie rundliche Kalk-Körperchen. Die meisten Myxos sind nur reif gut bestimmbar, wenn die genannten und weitere Strukturen nachprüfbar sind. |
Viele Pilzkenner kennen die Gelbe Lohblüte (Fuligo septica) und ihre weißliche Variante (F. septica var. candida). Dass es weitere Lohblüte-Arten gibt, wissen aber nur wenige Pilzkundler, die sich intensiver mit Myxos beschäftigen. Die Moos-Lohblüte (Fuligo muscorum – „muscorum“ heißt übrigens „der Moose“) ist im Gelände im unreifen Zustand viel leichter zu finden als die reifen Aethalien, denn erstere sind aufflällig schmutzig orangegelb bis orangebräunlich gefärbt und kontrastieren stark vor allem gegen die Moosrasen, auf denen sie häufig fruchten (weniger gegenüber Buchenlaub wie in Foto 6). Die reifen Aethalien sind viel weniger auffällig, im Gegenteil sogar sehr unscheinbar und sie werden deutlich seltener gefunden. Dummerweise benötigt man (wenn man nicht viel Erfahrung hat) gerade sie für einen akkuraten Bestimmungsgang zur Art. Dass unreife Myxos sehr auffällig sind und reife oft schwer zu finden ist übrigens ein Phänomen, das nicht auf die Moos-Lohblüte beschränkt ist, sondern eher typisch für sehr viele Myxo-Arten. Woran das liegt? Schwer zu sagen, denn es ist kaum anzunehmen, dass die unreifen Stadien gefunden werden wollen, um gefressen zu werden. Im Gegenteil: sie möchten eigentlich in Ruhe ausreifen können.
Die Moos-Lohblüte hat also schmutzig orangefarbene unreife Stadien (Plasmodium bis zu unreife Aethalien) und in ganz jungem Zustand hübsch orangebraun leuchtende Fruchtkörper (Bild 13). Es dauert aber nicht lange bis zum völligen Austrocknen, und dann sind die „Pilzchen“ nur noch irgendwie ganz unscheinbar grünlich grau bräunlich gefärbt und im Gelände je nach Unterlage nur noch schwer zu entdecken. Nun kann man die Proben auch mikroskopieren und die wesentlichen Merkmale (hier z.B. rundliche Kalk-Strukturen und ebenso runde, fein warzige Sporen) untersuchen. Die reifen Strukturen braucht man also (meist) zur Bestimmung – und nur diese lohnen sich für ein „Herbarium“ aufzuheben.
P.S. Falls ich jemanden begeistert haben sollte: es gibt 2022 wieder einen Myxo-Kurs in Pilzschule Schwäbischer Wald. Fuligo muscorum ist da gut möglich.
26.-29.05.2022 (Do-So): Seminar Schleimpilze (Myxomyceten - mit Mikrosko) System, Merkmale, Ökologie, Bestimmung u.a. - Mikroskope stehen zur Verfügung und können mitgebracht werden. Ruppertshofen, Erlenhalle am Gästehaus Grüner Pfad (Erlenstraße 11). € 250.-- (Seminar von Lothar Krieglsteiner)