Pilz des Monats Mai 2022 - Pustelblattbrand an Wiesenknöterich (Microbotryum pustulatum)
Dieser klassische Brandpilz (früher als Ustilago pustulata bekannt – und etliche mit ihm verwandte Brände) gehört, wie man heute durch die DNA-Sequenzierungen weiß, in die weitere Verwandtschaft der Rostpilze (Unterabteilung Pucciniomycota der Ständerpilze) und nicht wie die „echten“ Brände (einschließlich der Nscktbasidien) zur UO Ustilaginomycotina. Er ist also mehr ein Rost- als ein echter Brandpilz – die Vertreter der O. Microbotryales nenne ich deshalb seit einiger Zeit „Rostbrände“.
Umso erstaunlicher, dass es sich offenbar um eine zurückgehende und gegenüber Umwelteinflüssen (v.a. Pestizide) empfindliche Art zu handeln scheint. Ich fand sie bisher nur an gut gegenüber Pestizid- und Nährstoffeinträgen gepufferten Standorten, so im Schwrzwald, in der Hoch-Rhön (dort zusammen mit dem noch selteneren Blattrand-Brand Microbotryum marginale), sowie nun zum zweiten Mal im Ostalbkreis (schon 2014 auf der Schwäbischen Alb bei Tauchenweiler (saures Niedermoor in Waldlichtung auf der Hochfläche), und nun bei Kirchenkirnberg in einem abgelegenen Bachtal im Schwäbischen Wald (genauere Daten unten bei den Fotos), jeweils auf seinem ausschließlichen Wirt Wiesen-Knöterich (Bistorta officinalis, bisher Polygonum bistorta). Dieser geht auch zurück, ist aber auch stellenweise in nitrophilem Feuchtgrünland noch anzutreffen.
Pustelbrand an Wiesenknöterich (Microbotryum pustulatum) am 18.04.2022 im Tal des Glattenzainbach bei Kirchenkirnberg (Gschwend, Ostalbkreis) an lebenden, frisch ausgetriebenen Blättern von Bistorta officinalis in Feuchtgrünland, leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner). Das enge Bachtal ist großenteils bewaldet und die Grünlandflächen sind sowohl beschattet als auch abgeschirmt gegen direkte Einträge aus Landwirtschaft, Verkehr oder gar Industrie. Die rosa, später aufbrechenden Pusteln sind jung noch innen hell, dann bald von der schließlich stäubenden schwarzen Sporenmasse angefüllt. |
Pustelbrand an Wiesenknöterich (Microbotryum pustulatum) am 18.04.2022 im Tal des Glattenzainbach bei Kirchenkirnberg (Gschwend, Ostalbkreis) an lebenden, frisch ausgetriebenen Blättern von Bistorta officinalis in Feuchtgrünland, leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner). Die runden Sporen sind fein ornamentiert, was am Besten bei der Focussierung auf die Oberfläche (letztes Bild) zu erkennen ist. Beim Focussieren aus Schärfe der Sporenumrandung (erstes Foto) sind die fllachen Ornamente kam erkennbar. So etwas lernt man bei einem Mikroskopierkurs (bald wieder von 16.-19. Mai 2022 bei Pilzschule Schwäbischer Wald). |
Pustelbrand an Wiesenknöterich (Microbotryum pustulatum) am 19.04.2014 im NSG "Weiherwiesen" bei Aalen-Tauchenweiler, an Schlangenknöterich (Bistorta officinalis, vormals Polygonum bistorta). Das saure Niedermoor auf der Hochfläche der östlichen Schwäbischen Alb liegt in einer größeren Waldlichtung, in denen Weiher mit nährstoffarmem Röhricht, saure, nährstoffarmes Feuchtgründland und ebensolche Magerwiesen liegen. Nährstoff- und andere Schadstoffeinträge waren zumindest bis zum Fundzeitpunkt auf ein geringes Maß beschränkt. |
Pustelbrand an Wiesenknöterich (Microbotryum pustulatum) am 23.05.2010 im NSG Schwarzes Moor (Hoch-Rhön, Bayern) an Blättern von Bistorta officinalis am Rand von Bohlenweg durch feuchte, saure und nährstoffarme Niedermoor-Rasen an Hochmoor-Rand leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner.. Am gleichen Fundort hatte ich die Art schon früherr gefunden (vgl. meine Dissertation Krieglsteiner 2004). Dies gilt genauso für Microbotryum marginale (s.u.) |
Pustelbrand an Wiesenknöterich (Microbotryum pustulatum) am 9.5.2006 im "Offenbachtal" bei Hornberg im Schwarzwald, leg., det., Herbar und Foto Lothar Krieglsteiner. Das Bachtal hat keine oberhalb gelegene Landwirtschaft und zumindest örtlich waren die Fundumstände zum Fundzeitpunkt nährstoffarm. |
In der seither nicht überarbeiteten Roten Liste der phytoparasitischen Kleinpilze Deutschlands (Foitzik 1996) wird die Art nicht geführt. Heute sollte M. pustulatum (und erst Recht M. marginale) in einer Roten Liste enthalten sein, ein Vorkommen dieser Art(en) ist ein naturschutzfachliches Argument. Im heute allgegenwärtigen Einheits-Grünland mit reichlich Nitrat und Pestiziden sinkt auch die Artenvielfalt der parasitischen Pilze wie die so gut wie jeder anderen Organismengruppe.
Blattrrandbrand an Wiesenknöterich (Microbotryum marginale) am 23.05.2010 im NSG Schwarzes Moor (Hoch-Rhön, Bayern) an Blättern von Bistorta officinalis am Rand von Bohlenweg durch feuchte, saure und nährstoffarme Niedermoor-Rasen an Hochmoor-Rand leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner. Diese Art kenne ich nur von diesem Standort, wo ich sie schon im Rahmen meiner Dissertation fand (Krieglsteiner 2004). Ihr Auftreten ist ein natuirschutzufachliches Argument hohen Grades. |
Die Pflanzenparasiten werden von Pilz-Leuten oft hintangestellt oder für wenig interessant angesehen – zu Unrecht, wie ich finde. Machen Sie sich selbst ein Bild 😉