Pilz des Monats Dezember 2020 – Hygrophaner Samtritterling (Dermoloma pseudocuneifolium)
Diesen Pilz habe ich lange nicht gesehen – früher fand ich ihn ein paar mal in der Rhön und in Hessen. Eigene Fotos habe ich davon nicht – nur ein Dia von Wolfgang Schössler, das ich einmal gescannt habe. Vor wenigen Wochen nun der Wieder-Fund. Ich muss zugeben, dass ich zunächst nicht an einen Samtritterling dachte, sondern ein Graublatt (Tephrocybe s.l.) in Erwägung zog, auch in dieser Gattung sind (wie bei Dermoloma) Mehlgerüche verbreitet. Die richtige Idee kam aber dann beim Untersuchen, und mit dem Durchziehen des Melzers Reagens durch das Wasserpräparat und der deutlichen amyloiden Reaktion der Sporen war eigentlich schon alles klar. Ein schneller Huthautschnitt bestätigte dann noch das Hymeniderm (aufrecht stehende Endzellen, die an die Ständer in der Fruchtschicht erinnern).
Hygrophaner Samtritterling (Dermoloma pseudocuneifolium) - Hessen, unweit Wetzlar (MTB 5417), ca. 2000, leg., det. W. Schößler, conf. L. Krieglsteiner - man beachte die deutlich hygrophanen Fruchtkörper |
Hygrophaner Samtritterling (Dermoloma pseudocuneifolium) am 4.11.2020, NSG bei Neuburg-Kreut (Oberbayern), in magerer Partie von Schafweide über Jurakalk, an mehreren Stellen sicher 100 Frk., leg. M. Wallesch & L. Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Hygrophaner Samtritterling (Dermoloma pseudocuneifolium) am 4.11.2020, NSG bei Neuburg-Kreut (Oberbayern), in magerer Partie von Schafweide über Jurakalk, an mehreren Stellen sicher 100 Frk., leg. M. Wallesch & L. Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner - beachten Sie die deutlich ellipsoidischen Sporen mit hohem Q-Wert |
Hygrophaner Samtritterling (Dermoloma pseudocuneifolium) am 4.11.2020, NSG bei Neuburg-Kreut (Oberbayern), in magerer Partie von Schafweide über Jurakalk, an mehreren Stellen sicher 100 Frk., leg. M. Wallesch & L. Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner - beachten Sie die deutlich amyloiden Sporen (in Melzers Reagens) |
Hygrophaner Samtritterling (Dermoloma pseudocuneifolium) am 4.11.2020, NSG bei Neuburg-Kreut (Oberbayern), in magerer Partie von Schafweide über Jurakalk, an mehreren Stellen sicher 100 Frk., leg. M. Wallesch & L. Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner - Huthaut mit aufrecht stehenden, keuligen Endzellen (Hymeniderm - Präparat in Kongorot) |
Meine Fotos zeigen die Art in feuchtem Zustand, bei feuchtem Wetter nach Regenfällen. Leider hatte ich keine Zeit, trockenere Verhältnisse abzuwarten und dann deutlich hellere Pilze zu fotographieren. Der Dia-Scan von Wolfgang Schössler (der leider farblich etwas suboptimal ist) zeigt die Hygrophaneität besser. Eine ähnliche Art mit allerdings runderen (ebenfalls amyloiden) Sporen ist der Braunstielige Samtritterling (D. phaeopodium) – Bestimmungen ohne mikroskopische Prüfung sind mit Vorsicht zu genießen. Weniger Ähnlichkeit besteht mit dem Runzeligen Samtritterling (Dermoloma cuneifolium), auch wenn dies der wissenschaftliche Artname vermuten lässt – die Art hat u.a. auch keine amyloiden Sporen.
Samtritterlinge (Dermoloma, F. Tricholomataceae) gehören ökologisch zu den Saftlings-Gesellschaften, sie kommen meist gemeinsam mit Saftlingen, Wiesenkeulen und Erzungen vor, auf Wiesen und auch an entsprechenden Waldstandorten. Eine Gefährdung ist anzunehmen, der Fundort ist ein extensiv beweidetes Naturschutzgebiet, das zumindest nie mit Gülle oder Kunstdünger behandelt wurde. In der Roten Liste Deutschland sieht man die Datenlage für eine Einstufung als zu ungenügend an.
Pilz des Monats November 2020: Goldstieliger Schuppenwulstling (Squamanita paradoxa)
Diesen Pilz habe ich in meinem Leben zweimal gesehen – und nur einmal war ich am Fundort dabei. Das erste Mal war ein mitgebrachter Pilz, der einmal bei einem AMO-Treffen (AMO: die längst nicht mehr existierende Arbeitsgemeinschaft Mykologie Ostwürttemberg, die Arbeitsgruppe unter Leitung meines verstorbenen Vaters German J. Krieglsteiner) auf dem Tisch lag – er stammte wohl von der Schwäbischen Alb und ist vermutlich in der Baden-Württemberg-Flora meines Vaters zitiert. Am Standort sah ich den Pilz auch einmal – im Jahr 2004 auf einer gemeinsamen Exkursion mit dem hessischen Pilzfreund Wolfgang Schössler, der auch für die Fotos sorgte – Dias damals, die ich in der Zwischenzeit eingescannt und nun für den Beitrag hier noch einmal etwas bearbeitet habe.
Squamanita sind spannende Pilze, mit lauter seltenen Arten – Parasiten auf anderen Pilzen mit der Eigenschaft, sich auf die Stielbasen der Wirtspilze (die erhalten bleiben) sozusagen „draufzusetzen“. Neben S. paradoxa habe ich auch einmal in meinem Leben S. contortipes gefunden, einen Parasiten auf Häublingen. Nun: S. paradoxa wiederum schmarotzt auf dem Amianth-Körnchenschirmling (Cystoderma amianthinum), einem Pilz, den man gerade in bodensauren Magerwiesen (und natürlich auch in Wäldern) häufig findet, und bei fast jedem Fund gerade im Grasland schalte ich meinen Scanner an, ob nicht auch Squamanita wieder einmal auftaucht; bisher vergeblich. Mit dem Beitrag heute möchte ich auf den seltenen Pilz hinweisen.
Goldstiel-Schuppenwulstling (Squamanita paradoxa) am 5.10.2004, Deutschland, Hessen, nw. Wetzlar, NSG Wacholderheide nö. Niederlemp, zusammen mit reichlich Amianth-Körnchenschirmling (Cystoderma amianthinum), leg., det. Wolfgang Schössler & Lothar Krieglsteiner, Fotos Wolfgang Schössler (Dia-Scans Lothar Krieglsteiner). Man vergleiche die Stielbasis mit dem Folge-Foto des Körnchenschirmlings. |
Amianth-Körnchenschirmling (Cystoderma amianthinum) am 29.10.2011, Deutschland, Nordrhein-Westfalen, Nationalpark Eifel, Dreiborner Hochfläche, reichlich in saurer Magerwiese, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner. Man beachte den körnig-bepuderten Stiel mit Struktur und Färbung wie bei Squamanita paradoxa sowie den nach Verschwinden der Bedeckung deutlich runzeligen Hut. |
Die verwandtschaftliche Stellung sowohl von Squamanita als auch von Cystoderma ist derzeit noch unklar, möglicherweise sind beide Gattungen sogar recht nahe miteinander verwandt.
Wer sich über den deutschen Namen Schuppenwulstling wundert (was ich gut verstehe), dem sei erklärt, dass die erste bekannte Art der Gattung, Squamanita schreieri, ein recht großer Pilz ist, ein Parasit auf dem Fransenwulstling (Amanita strobiliformis) und dass das parasitische Verhältnis damals noch nicht erkannt wurde. Die knollige Stielbasis erbrachte dann den deutschen Gattungsnamen, der sich erstaunlicher Weise bis heute gehalten hat.
Pilz des Monats Oktober 2020 – Fuchsroter Schillerporling (Inocutis rheades – auch bekannt als Inonotus vulpinus)
Nach dem Wabenporling vom September nun schon zum zweiten Mal hintereinander ein Porling als Pilz des Monats – nun, dazu angeregt wurde ich durch die Tatsache, dass für den in Kürze beginnenden makroskopischen Porlingskurs noch genügend Plätze frei sind; vielleicht mag sich ja noch jemand der Leser entschließen, sich anzumelden 😊
Um Interesse zu wecken, also ein aus meiner Sicht sehr interessanter Porling, ist er doch einer der wenigen Porlinge mit einem sogenannten Myzelialkern. Dies ist eine Struktur am oberen Ansatz des Pilzes zum befallenen Baumstamm, die zu den bei Porlingen üblichen Teilen Kruste, Trama (oder Kontext – das meint das „Fruchtfleisch“) und Porenschicht(en) dazu kommt und eine marmorierte, von Myzel-Artigen Pilzstrukturen durchzogene, meist rundliche Zone darstellt. Ein solcher Myzelialkern kommt bei europäischen Porlingen nur beim Zunderschwamm (Fomes fomentarius) sowie den Arten der Gattung Inocutis vor; neben der vorgestellten Art noch der Eichen-Schillerporling (I. dryophila) sowie der Tamarisken-S. (I. tamaricis). Diese drei Arten wurden (u.a.) wegen dem Besitz des Myzelialkernes von den Schillerporlingen im engeren Sinne (Inonotus) abgetrennt. Schillerporlinge sind (im Gegensatz zu den meisten der verwandten Feuerschwämme) einjährige Porlinge.
Fuchsroter Schillerporling oder Pappel-Schillerporling (Inocutis rheades) am 27.09.2017, Deutschland, Nordrhein.Westfalen, Nationalpark Eifel unweit Ruine Vogelsang, an liegendem Stamm von Zitterpappel (Espe, Populus tremula) in Laubmischwald, leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiner - beachten Sie auch die haarfilzige Hut-Oberseite der jungen Fruchtkörper |
Fuchsroter Schillerporling oder Pappel-Schillerporling (Inocutis rheades) am 27.09.2017, Deutschland, Nordrhein.Westfalen, Nationalpark Eifel unweit Ruine Vogelsang, an liegendem Stamm von Zitterpappel (Espe, Populus tremula) in Laubmischwald, leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiner - beachten Sie den Myzelialkern bei den Schnittbildern. |
De Fuchsrote oder Pappel-Schillerporling ist eine in Mitteleuropa seltene Art – ich habe sie erst zweimal gefunden. Die Mehrzahl der gezeigten Fotos stammt von einem üppigen Fund im Nationalpark Eifel (Nordrhein-Westfalen), wo üppig wachsend ganz junge Fruchtkörper an einer schon gefallenen alten Zitterpappel gefunden wurden. Ansonsten kann ich nur (Foto ganz unten) einen ganz überständigen Fund aus meinem „Hauswald“ im Schwäbischen Wald nördlich von Schwäbisch Gmünd vorweisen.
Fuchsroter Schillerporling oder Pappel-Schillerporling (Inocutis rheades) am 14.07.2010, Deutschland, Baden-Württemberg, Schwäbischer Wald n. Schwäbisch Gmünd, Wald n. Durlangen-Tanau, an liegendem Stamm von Zitterpappel (Espe, Populus tremula) in altem Pioniergehölz mit Birken, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Pilz des Monats September 2020: Waben-Porling (auch Bienenwaben-Porling, Neofavolus alveolaris alias Polyporus mori)
Als ich noch ein Junge war, galt der Wabenporling in Baden-Württemberg als große Rarität; bei uns im Schwäbisch Gmünder Raum gab es einzelne wenige Nachweise in den Auen des Remstals, wo die Art besonders wärmebegünstigte Standorte besiedelte. Wir lernten die Art damals kennen unter dem Namen Polyporus mori – was auf ein Wachstum an den eher im warmen Mittelmeer-Raum angebauten Maulbeerbäumen (Morus) hinweisen soll. Schon damals war aber der Hauptwirt in Mitteleuropa die Esche (Fraxinus excelsior, F. Oleaceae Ölbaumgewächse). So ist dies noch heute – allerdings kommt N. alveolaris, wie die Art heute heißt, jetzt bis in die hohen Lagen des Schwäbischen Waldes (z.B. bei Hintersteinenberg, bis ca. 535 m NN) und der östlichen Schwäbischen Alb (z.B. auf dem „Kalten Feld“ bis ca. 760 m NN) vor – vermutlich gibt es anderswo noch Funde in höheren Lagen. Auch insgesamt ist die Art durch den Klimawandel und die dadurch gestiegenen Temperaturen deutlich häufiger geworden. Ob dabei auch das Eschensterben (verursacht durch die Nebenfruchtform des Becherlings Hymenoscyphus fraxineus) eine Rolle spielt, kann ich nicht beurteilen – auf alle Fälle steht in den letzten Jahren ein erhöhtes Angebot von Eschen-Totholz zur Verfügung.
Bienenwaben-Porling (Neofavolus alveolaris) am 03.05.2017 bei Heubach-Beuren, am Fuß des Scheuelberges (Südhang), Rand der Schwäbischen Alb sö. Schwäbisch Gmünd (Baden-Württemberg ö. Stuttgart), an liegenden Ästen von Esche (Fraxinus excelsior) in Laubmischwald-Trauf über Jurakalk, leg., det.,Katharina & Lothar Krieglsteiner, Foto Lothar Krieglsteiner anlässlich einer Tagesführung Frühlingspilze ("Morchel-Führung") |
Waben-Porling (Neofavolus alveolaris alias Polyporus mori) am 30.04.2016 am Anstieg zur östlichen Schwäbischen Alb s. Schwäbisch Gmünd-Bargau, Weg zum "Himmelreich", an liegenden Zweigen von Esche (Fraxinus excelsior) an Bach-Aue über Jurakalk, leg., det.,Katharina & Lothar Krieglsteiner, Foto Lothar Krieglsteiner anlässlich Tagesführung Frühlingspilze ("Morchel-Führung"). |
Bienenwaben-Porling (Neofavolus alveolaris) am 01.05.2018 im "Loheholz" s. Hohestadt (unweit Ochsenfurt, sö. Würzburg, Unterfranken, Bayern), in feuchterem, lehmigem Laubmischwald über Muschelkalk, an noch anheftenden Ästen an gestürzten, liegenden Eschen (Fraxinus excelsior), leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner (anlässlich Tagesführung Frühlingspilze, "Morchel-Führung"). |
Waben-Porling (Neofavolus alveolaris) am 29.03.2020 am Wald-Erlebnispfad "Hardtwald" ("Hardy-Pfad") sö. Großbottwar (w. Backnang, nw. Stuttgart, Baden-Württemberg), an totem Ast ca. 2 m hoch an stehender alter Buche (Fagus sylvatica), leg., det., Michael Knietsch, Rofl Fuhrmann & L. Krieglsteiner, Foto Lothar Krieglsteiner (anlässlich Führung Vorfrühlingspilze). |
Waben-Porling (Neofavolus alveolaris) am 25.04.2017 in den Iller-Auen beim Gestüt s. Buxheim (Bayern, Schwaben s. Memmingen), an liegenden Ästen von Esche (Fraxinus excelsior) in Iller-Auwald, leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Foto Lothar Krieglsteiner (anlässlich Kurs Frühlingspilze, "Morchel-Kuirs"). |
Waben-Porling (Neofavolus alveolaris) am 29.04.2018 in den Iller-Auen n. Fellheim (Bayern, Schwaben, n. Memmingen), an Ast von Prunus spinosa in Iller-Auwald (unweit auch an Esche), leg., det., Katharina & Lothar Krieglsteiner, Foto Lothar Krieglsteiner (anlässlich Tagesführung Frühlingspilze, "Morchel-Führung"). |
Wobei N. alveolaris typischer Weise an dünneren Ästen wächst, oft schon an noch ansitzenden im Luftraum bis in mehrere m Höhe (vielleicht auch noch im Gipfelbereich alter Eschen, aber dort wird die Art eher nicht entdeckt). Man wird aber auch oder vor allem an abgefallenen, noch relativ frisch-faulen Eschenästen fündig, neuerdings auch verstärkt am Holz anderer Baumarten. Ich hätte noch einige Fotos mehr zeigen können - ich musste mich bei der Auswahl dann doch etwas bremsen :-).
N. alveolaris ist eigentlich kaum zu verwechseln, achtet man auf die warm orange-braunen, zunehmend fein-schuppigen Hüte, die im Alter und bei Sonneneinwirkung irgendwann ins Weiße verblassen, auf die sehr weiten, langgestreckten und etwas geschlitzten Poren sowie auf den wenig abgesetzten, oft exzentrischen Stiel, der niemals unten schwarz verfärbt. Verwechslungsgefahr besteht in manchen Fällen mit schmächtigen Exemplaren des Kleinen Schuppen-Porlings (Polyporus tuberaster), der aber kleinere Poren, einen nicht so warmen Braun-Ton (eher graubraun, später gelbbraun) im Hut und meist deutlich größere, dickere und zähere Fruchtkörper sowie einen meist zentralen Stiel aufweist.
Früher stand die Art wie viele weitere in der Groß-Gattung Polyporus (Stielporlinge), für die neben dem Habitus auch eine Eigenschaft typisch war (ist), die sonst kaum bei anderen Porlingen vorkommt – Hindernisse werden nämlich nicht umwachsen, sondern wie bei Lamellenpilzen (aber auch bei Sägeblättlingen) zur Seite geschoben. Dieses Merkmal wurde damals so hoch gehängt, dass (fast) nur die Stielporlinge eine eigene Ordnung Polyporales bildeten – alle anderen Porlinge standen in einer anderen Ordnung (meist Poriales genannt). Heute ist dies alles Geschichte: Stielporlinge, die Weißfäule-Erreger unter den Sägeblättlingen sowie viele (aber nicht alle) Porliinge und Rindenpilze (auch z.B. die Krause Glucke!) stehen nun in einer wieder deutlich größeren Ordnung Polyporales. Die Stielporlinge sind nicht nur in mehrere Gattungen aufgeteilt worden – in zwei von ihnen stehen sie sogar zusammen mit Sägeblättlingen. So auch in Neofavolus – die einzige weitere Art der Gattung in Europa ist der meist an Weidenästen (gerne schon im Luftraum!) wachsende, von der Konsistenz, Wuchsform und Farbe durchaus ähnliche Anis-Sägeblättling (Neofavolus suavissimus alias Lentinus suavissimus).
Anis-Sägeblättling (Neofavolus suavissimus) am 13.08.2015 im Nationalpark Eifel (Nordrhein-Westfalen, Wahlerscheid, Tal des "Fuhrtsbach"), an toten Ästen am stehenden Strauch und am Boden von Ohrweide (Salix aurita), leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Von ihm heute nur ein Foto – auch er könnte gut einmal ein Pilz des Monats sein. Poren oder Lamellen – eine ganz kleine Entscheidung in der Evolution der Pilze, die vielfach in beide Richtungen geändert und in klassischer Systematik (wie auch sonst die Wuchsform) extrem überbewertet wurde.
Pilz des Monats August 2020 - Senfgelber oder Gelbgrüner Dachpilz (Pluteus chrysophaeus alias P. luteovirens)
Dachpilze sind eine kleine, als solche leicht kenntliche Gattung, ihre Abgrenzung gut und schnell definiert, nämlich als „freiblättrige Rosa-Sporer ohne Velum“. Es gibt nicht viele Gattungen, wo dies so schnell und auch problemlos geht (abgesehen davon, dass es auch in Europa eine Dachpilz-Art mit Velum gibt, und dann wird es schon wieder ein längerer Satz gegenüber den Scheidlingen, auf Pluteus fenzlii alias Chamaeota fenzlii, den ich noch nie gesehen habe, gehe ich hier aber nicht ein). Hinzu kommt, dass Dachpilze Saprobionten sind, die vorzugsweise (nicht ausschließlich) auf meist schon recht weit vorverdautem Holz (späte Optimal- und Finalphase) wachsen. Die Mehrzahl der Gattung besteht aus Pilzen mit grauen bis braunen Hüten, und neben Farbmerkmalen ist vor allem die Struktur der Huthaut wichtig, die man den Arten bis zu einem gewissen Grad (es gibt hier natürlich Grenzen) auch makroskopisch ansehen kann. So haben Dachpilze mit faserig-glatten Hüten (z.B. P. cervinus s.l., Rehbrauner D.) meist eine Cutis als Huthaut, Arten mit filzigen Hüten (z.B. P. leoninus, Löwengelber D.) ein Trichoderm (Trichopalisade) mit aufrecht abstehenden Endzellen, während die Arten mit speckig glatten (wenn auch oft runzeligen) Hüten eine Huthaut aus keulig-aufrechten Endzellen besitzen (Sektion Celluloderma) – hierher gehört auch die besprochene Art, die im Prinzip leicht kennlich ist, denn es handelt sich um den einzigen Dachpilz mit der Kombination deutlich gelber Hutfarbe mit glatter bis runzeliger Huthaut. Im Vergleich zum ebenfalls gelbhütigen, aber filzigen (s.o.) Löwengelben Dachpilz ist der Senfgelbe D. ein deutlich kleinerer Pilz, dessen Hüte 2 cm Breite nur gelegentlich, 3 cm nur selten überschreiten.
Ein Problem ist wieder einmal taxonomischer Natur, denn unter dem Namen P. chrysophaeus wurde früher von manchen Autoren ein anderer Dachpilz mit dunkleren Hüten und mit wenig Gelbtönen allenfalls am Stiel verstanden – heute ist man der Meinung, es handle sich um eine Form von P. phlebophorus (Netzaderiger Dachpilz), einer Art, die meist ohne oder nur mit schwachen Gelbtönen auskommt. Auch P. romellii (Gelbstieliger Dachpilz) muss beachtet werden, ebenfalls mit mehr (unterschiedlich dunkel) braunen Hüten und gelbem Stiel – diese Art kann aber außer makroskopisch auch durch anders aussehende Zystiden mikroskopisch getrennt werden (dort breit keulig, bei P. chryophaeus eher spindelig bis flaschenförmig). Die Konfusion um den Namen chrysophaeus ist einer der Gründe, warum der hier vorgestellte Pilz bisher eher als P. luteovirens (Gelbgrüner Dachpilz) bestimmt wurde, so auch lange Zeit von mir. P. luteovirens gilt jedoch heute als Synonym von P. chrysophaeus, der (s.o.) anders als früher gedeutet wird.
Wo findet man P. chrysophaeus? Nun – insgesamt handelt es sich um eine ziemlich seltene Art, von der man in „normalen Wäldern“ wenig sieht. Wenn überhaupt, findet man mal einen oder zwei Fruchtkörper. Häufiger scheint die Art in Urwald-Resten bzw. alten Wldern aufzutreten, hier findet man sie mit etwas Glück reich fruchtend an Altholz vor allem von Buche, seltener anderer Laubbäume. So stammen die meisten meiner Fotos aus zwei Gebieten – zunächst im Nationalpark Plitvicer Seen (Kroatien), und dann aus dem Urwald-Schutzgebiet Zofin im südlichen Tschechien.
Gelbgrüner oder Senfgelber Dachpilz (Pluteus chrysophaeus alias P. luteovirens) am 7.9.2015, Urwaldrest "Zofin" ("Žofínský prales") unweit Nove Hrady (Tschechien nahe der österreichischen Grenze), mehrfach und teils zahlreich an Buchen-Altholz, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner (zusammen mit Andreas Gminder, Peter Karasch u.a.) |
Gelbgrüner oder Senfgelber Dachpilz (Pluteus chrysophaeus alias P. luteovirens), am 7.8.2010 (erstes Foto) sowie am 29.6.2014 (zweites und drittes Foto), Kroatien, Nationalpark Plitvicer Seen, mehrfach an Altholz von Buche, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - beachten Sie vor allem beim ersten Foto die relativ dunklen Hutfarben junger Fruchtkörper und nachlassenden Grünton im Gelb des Hutes |
Gelbgrüner oder Senfgelber Dachpilz (Pluteus chrysophaeus alias P. luteovirens) am 01.07.2020, Kroatien, Nationalpark Risnjak, Tal der Kupa, an Buchenholz der Finalphase, nur 1 Frk. (kein wirklicher "Urwald"), leg., det., Katharina & Lothar Krieglsteiner, Foto Lothar Krieglsteiner |
Gelbgrüner oder Senfgelber Dachpilz (Pluteus chrysophaeus alias P. luteovirens) am 11.06.2010 (Tag der Artenvielfalt), Rhein-Auen bei Weisweil (nw. Freiburg), nur 2 Frk. an morschem altem Laubholz, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
In Deutschland habe ich den Pilz erst sehr selten gesehen. Alles zusammen genommen, konnte ich die Art aber schon in nahezu allen Altersstadien studieren. Junge Fruchtkörper sind relativ dunkel olivbraun, erst bei Streckung des Hutes kommt der mehr grüngelbe Ton zum Vorschein. Ältere Fruchtkörper verlieren bald den Grünton und sind dann eher zitrongelb gefärbt. Die Stiele zeigen zumindest bei meinen Funden niemals Gelbtöne – schon deshalb sollten Verwechslungen mit P. romellii (s.o.) eigentlich ausgeschlossen sein.
Allerdings finde ich eben beim Googeln die folgende Darstellung von M. Dondl (http://www.interhias.de/schwammerlseiten/bestimmungen/2006/sonstige/sonstige.html#ank10), die ich makroskopisch für P. chrysophaeus gehalten hätte, aber die Zystiden von P. romellii besitzt. Nun: Dachpilze sind keine so leichte Gattung und deshalb sollten Bestimmungen möglichst gut dokumentiert, belegt und vorher mikroskopisch geprüft werden.
Pilz des Monats Juli 2020 – Geselliges Ocker-Röhrchen (Woldmaria filicina)
Die früher unter den Namen Solenia crocea und später Woldmaria crocea bekanntere, aber sehr selten gefundene Art wurde neuerdings mit einem deutschen Namen versehen (s.o., aus Wikipedia), der sogar relativ passend erscheint. Es handelt sich um einen sogenannten cyphelloiden Pilz. Diese sind stets Abkömmlinge „normaler“ Lamellenpilze (O. Agaricales), die keine Stiele mehr ausbilden (wie dies ja auch andere Lamellenpilze nicht tun, z.B. Stummelfüßchen, Lilliputseitlinge u.a.) und dann mit der Reduktion noch einen Schritt weiter gehen und auch die Lamellen weglassen. Die entstandenen Formen sind dann becherlings-artig („Zwerg-Schälchen“ u.a.) – bei der Mikroskopie werden aber keine Schläuche, sondern Ständer gefunden. Einige dieser cyphelloiden Pilze haben aber wie die vorgestellte Art stark verlängerte Fruchtkörper und werden deshalb mit der Bezeichnung „Röhrchen“ versehen.
Das Gesellige Ocker-Röhrchen gehört in die kleine, wenig bekannte Familie Niaceae (Agaricales) und ist ein Spezialist. Er kommt nämlich nur auf den meist basalen, feucht stehenden oder liegenden Resten einer einzigen Pflanzenart vor, nämlich des Straußfarnes (Matteucia struthiopteris), der ja keineswegs überall vorkommt. Viele Pilzfreunde hatten deshalb noch nie die Gelegenheiti (und wenn sie von dieser Art noch nichts gehört haben, auch noch nicht das Bedürfnis), an Resten von Straußfarn zu suchen.
Mein erster Fund dieser Art stammt schon aus den 90er-Jahren des letzten Jahrtausends, aus einem Bachtal im Vorderen Bayerischen Wald östlich von Regensburg – das genaue Funddatum müsste ich eher mühsam heraus suchen, darum tue ich es nicht. Damals machte ich noch keine Fotos – Digitalfotographie war damals noch ein Steckenpferd weniger Technik-Freaks. Allerdings besitze ich ein Foto von diesem Fundort, denn im Jahr 2008 wurde ich an dieser Stelle wieder fündig.
Geselliges Ocker-Röhrchen (Woldmaria filicina) an Resten von Straußfarn (Matteucia struthiopteris) in bachbegleitendem Galerie-Erlenwald (Stellario nemorum-Alnetum) am 14.08.2007 bei Wiesent (Wildbachtal bei Fahnmühle, ö. Regensburg, Bayern), leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Bis vor wenigen Wochen kannte ich den Pilz in der Tat auch nur von diesem Fundort her, obwohl ich Straußfarn-Vorkommen auch schon z.B. in Norwegen, den Alpen oder vor Kurzem in Brandenburg flüchtig untersuchen konnte. Auch im Garten meiner Eltern (von denen nur noch meine Mutter lebt) ist seit vielen Jahren ein hübscher Bestand an Straußfarn, an dem ich durchaus über die Jahre ab und zu untersuchte, ob der Pilz dort nicht auch ankommen würde, was bisher immer negativ ausgefallen war. Als ich mit Katharina vor der Abfahrt zu unserer diesjährigen Exkursions-Ausfahrt noch ein letztes Mal meine Mutter (in Durlangen, n. Schwäbisch Gmünd, Baden-Württemberg) besuchte, war der Straußfarn besonders üppig, und es hatte vorher öfter einmal geregnet. Trotzdem unternahm ich eher ohne viel Hoffnung einen erneuten Versuch – und war freudig überrascht, diesmal tatsächlich fündig zu werden. Vermutlich handelt es sich sogar um einen Erstfund für Baden-Württemberg, obwohl der Fund natürlich aus synanthrop (nicht natürliches Vorkommen) gewertet werden muss.
Geselliges Ocker-Röhrchen (Woldmaria filicina alias W. crocea) an Basen von Straußfarn (Matteucia struthiopteris) im Garten von Heidi Krieglsteiner in Durlangen (Baden-Württemberg n. Schwäbisch Gmünd, Baden-Württemberg) am 13.6.2020, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Woldmaria filicina ist auch mikroskopisch durchaus ein attraktiver Pilz. Die recht großen, spindelförmigen Sporen mit in lebendem Zustand vielen kleinen Tropfen, die dann in toxischen Medien (hier Kongorot in Ammoniak) zu einem großen Tropfen der toten Sporen zusammen fließen, machen den Pilz auch mikroskopisch einzigartig. Die 4-sporigen Ständer sind relativ ölreich (auch hier in lebendem Zustand multiguttulat, in totem Zustand wenige große Tropfen). Der Fruchtkörper-Rand und die Außenseite sind mit langen hyphigen Haaren ausgestattet.
Geselliges Ocker-Röhrchen (Woldmaria filicina alias W. crocea) an Basen von Straußfarn (Matteucia struthiopteris) im Garten von Heidi Krieglsteiner in Durlangen (Baden-Württemberg n. Schwäbisch Gmünd, Baden-Württemberg) am 13.6.2020, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Beachten Sie die Sporen mit vielen kleinen Tropfen der lebenden Sporen im Wasserpräparat (o.), die im Kongorot-Ammoniak-Präparat zu einem großen Tropfen der toten Sporen zusammen geflossen sind. |
Geselliges Ocker-Röhrchen (Woldmaria filicina alias W. crocea) an Basen von Straußfarn (Matteucia struthiopteris) im Garten von Heidi Krieglsteiner in Durlangen (Baden-Württemberg n. Schwäbisch Gmünd, Baden-Württemberg) am 13.6.2020, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Die Bilder zeigen das gleiche Phänomen wie bei den Sporen - diesmal bei den Ständern. Lebende Basidien zeigen viele kleine Tropfen als Inhalt - die toten Ständer im Kongorot-Ammoniak-Präparat haben nur noch wenige, große Tropfen. |
Geselliges Ocker-Röhrchen (Woldmaria filicina alias W. crocea) an Basen von Straußfarn (Matteucia struthiopteris) im Garten von Heidi Krieglsteiner in Durlangen (Baden-Württemberg n. Schwäbisch Gmünd, Baden-Württemberg) am 13.6.2020, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Die Fotos zeigen die Randhaare (die Flankenhaare sehen vergleichbar aus) - oben braun im Wasserpräparat - unten ein Schnitt im Kongorot-Ammoniak-Präparat mit den Haaren rechts und unreifen Ständern weiter links. |
Wer sich die Mühe macht, bei feuchtem Wetter Straußfarn-Wuchsorte zu untersuchen, wird die Art vermutlich häufiger nachweisen können. Ich hoffe, dass dieser Pilz des Monats ein paar Leute dazu anregt. Apropos Straußfarn: der Straußfarn ist ein sehr interessanter Farn, denn er hat (ähnlich wie z.B. der Rippenfarn, bei dem allerdings beide Wedel-Typen grün sind) getrennt sterile, grüne Wedel zum Zweck der Photosynthese sowie sterile, die braun sind und vor allem zur Sporenbildung dienen. Wer sich interessiert, wird im Internet sicher die nötigen Informationen finden.
Pilz des Monats Juni 2020 – Sclerococcum stygium (alias Dactylospora stygia, Buellia stygia)
Heute möchte ich einmal einen Becherling kurz vorstellen, der – soviel ich weiß – keinen deutschen Namen hat. Es gibt heutzutage aber immer Menschen, die Websiten oder Rote Listen bearbeiten und dann für alle „Ihre“ Arten auch einen deutschen Namen brauchen. Davon halte ich wenig, denn Wortungetüme wie „Großsporiger Schwarz-Flechtenbecherling“ (eigene Erfindung, sollte nicht verbreitet werden) oder Direktübersetzungen wie „Unheilvolle Trockenkugel“ oder vor Kurzem (den Namen Sclerococcum kannte ich bis heute nicht – habe ihn eben aus dem Index fungorum ermittelt) „Unterweltlicher Fingerspor-Becherling“ bringen in der Sache niemanden weiter. Sclerococcum stygium, mir bis vorhin bekannt als Dactylospora stygia, in älterer Literatur als Buellia stygia bezeichnet – dürfte den allermeisten Pilzfreunden (incl. mir bis vor Kurzem – bis auf die Kenntnis aus der Literatur) unbekannt sein, lohnt also vielleicht eine kurze Darstellung als „Pilz des Monats“ 😊
Gefunden wurde die Art in einem Rhein-Auwald unweit Karlsruhe (bei Germersheim, Baden-Württemberg), wo wir mit einem befreundeten Paar zusammen (vergeblich, wegen der Trockenheit) auf Morchel-Suche gingen; zu Corona-Hochzeiten waren ja alle Frühlingspilz-Führungen und Seminare ausgefallen und das Beste, was noch möglich war, waren private Exkursionen mit sehr begrenzter Begleitung. So haben wir eine kleine Fahrt in die Pfalz gemacht, was bei uns als Pilz-Forscher als dienstliche Reise möglich war. Immerhin ein kleiner Vorteil gegenüber vielen anderen in der Bevölkerung, davon abgesehen, dass uns diese Krise als Veranstalter von Kursen und Seminaren natürlich nicht wenig trifft. Nun – Sclerococcum stygium ist für mich ein persönlicher Erstfund. Auch sonst scheint die Art nicht so oft gefunden zu werden, so finde ich auf pilze-deutschland nur 3 Punkt-Einträge (http://www.pilze-deutschland.de/organismen/dactylospora-stygia-berk-ma-curtis-hafellner-1979-1). Auch im Kartierungsatlas der Großpilze Deutschlands-West (G.J. Krieglsteiner 1993) ist nur ein Punkt (aus den Berchtesgadener Alpen) enthalten. Wie selten die Art wirklich ist, ist somit wenig bekannt.
Sclerococcum stygium (alias Dactylospora stygia) am 4.5.2020, Rhein-Auen bei Germersheim (unweit Karlsruhe, Baden-Württemberg unweit der Grenze nach Rheinland-Pfalz), an entrindetem, liegendem Laubholzast in Hartholz-Aue, leg. Renate Albrecht, Rolf Fuhrmann, Katharina & Lothar Krieglsteiner, det. Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner. Die schwarzen Becherlinge sind ca. 0,5-1 mm groß und ähneln vielen anderen Arten sehr, sind also nur mikroskopisch bestimmbar. |
Kleine (Durchmesser ca. 0,5-1 mm) schwarze Becherlinge mit ähnlichem Aussehen gibt es nämlich eine Menge, z.B. in den Gattungen Claussenomyces oder Sarea, aber auch z.B. in der Verwandtschaft von Mollisia, um nur wenige Beispiele zu nennen. Die ähnlichste, einigermaßen häufige Art dürfte aber Rhizodiscina lignyota (besser bekannt als Karschia lignyota) sein, zumal dann, wenn man auch die Mikroskopie mit bewertet.
Sclerococcum stygium (alias Dactylospora stygia) am 4.5.2020, Rhein-Auen bei Germersheim (unweit Karlsruhe, Baden-Württemberg unweit der Grenze nach Rheinland-Pfalz), an entrindetem, liegendem Laubholzast in Hartholz-Aue, leg. Renate Albrecht, Rolf Fuhrmann, Katharina & Lothar Krieglsteiner, det. Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner. Beachten Sie die schwarze, durch die Paraphysen gebildete Deckschicht, ein sogenanntes Epithecium - ein solches findet man vor allem bei Flechten und ihre Verwandten. Auch die düster gefärbten, zweizelligen Sporen (von 14-17/4,5-5,5 µm Größe) sind charakteristisch. |
Sclerococcum stygium (alias Dactylospora stygia) am 4.5.2020, Rhein-Auen bei Germersheim (unweit Karlsruhe, Baden-Württemberg unweit der Grenze nach Rheinland-Pfalz), an entrindetem, liegendem Laubholzast in Hartholz-Aue, leg. Renate Albrecht, Rolf Fuhrmann, Katharina & Lothar Krieglsteiner, det. Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner - Das Foto zeigt den gleichen Schnitt wie oben, aber nach Färbung mit Baralscher Lösung (IKI). Jodreagentien färben das ganze Hymenium tief blau - ein vor allem bei Flechten verbreitetes Merkmal. Sclerococcum stygium ist keine Flechte, sondern ein Saprobiont an Holz - er gehört jedoch mit den Patellariales in eine sonst überwiegend Flechten enthaltende Schlauchpilz-Ordnung. |
Schon die septierten, düster gefärbten Sporen weisen in die richtige Richtung – von den ähnlichen Arten haben nur die Verwandten von Dactylospora (incl. Sclerococcum, F. Dactylosporaceae, O. Lecanorales, U.kl. Lecanoromycetes) und Rhizodiscina lignyota (F. Patellariaceae, O. Patellariales, U.kl. Dothideomycetes) dieses Merkmal. Beiden gemeinsam ist außerdem die charakteristische Blau-Verfärbung des gesamten Hymeniums mit Jod-Reagentien (hier mit Baralscher Lösung) – ein Merkmal, das allgemein bei flechten-bildenden Schlauchpilzen weit verbreitet ist, bei nicht-lichenisierten Arten (wie Rhizodiscina und Dactylospora s.l.) aber meistens fehlt. Tatsächlich sind Sclerococcum und Rhizodiscina trotz ihrer großen auch mikroskopischen Ähnlichkeit offenbar nicht nahe miteinander verwandt, gehören aber beide zu Verwandtschaftsgruppen, die vor allem Flechten und nur wenige nicht-lichenisierte Pilze enthalten. Wie nun beide unterscheiden und auch von den (durchaus zahlreichen) weiteren Dactylospora- und Sclerococcum-Arten abgrenzen? Nun – da hilft vor allem die Sporengröße, die bei meinem Fund (ich maß 14-17/4,5-5,5 µm) sehr gut zu S. stygium passt.
Pilz des Monats Mai 2020 – „Ockerfarbene Krustenhaut“ (Crustoderma dryinum)
Heute möchte ich wieder einmal einen Rindenpilz vorstellen – also einen Ständerpilz mit rein resupinat (ohne Hutkanten-Bildungen, also flächig) wachsenden Fruchtkörpern. Früher dachte man, alle diese Pilze wären miteinander verwandt, und stellte sie in Familie Corticiaceae. Wuchsformen-Systematik – das schrieb ich ja hier schon öfter (z.B. bei Trüffeln u.a.) – ist heute vollkommen überholt, und so weiß man heute, dass Rindenpilze als Wuchsform in vielen Ordnungen der Ständerpilze vorkommen. Ein großer Teil, zu dem auch unsere Art gehört, steht in der Ordnung Polyporales, unsere Art speziell in der Familie Meruliaceae.
Rindenpilze sind meist nur mikroskopisch bestimmbar – dies gilt, will man sicher sein, auch für unseren heutigen Pilz des Monats. Crustoderma dryinum gehört aber sicher zu den Arten, die schon makroskopisch vor-vermutet werden können, denn die Art hat ein paar nicht so häufige Merkmale. Zum einen die sehr schön gelb gefärbten Fruchtkörper (es gibt aber eine ganze Menge weiterer gelber Rindenpilze), dann die Tendenz, bald rötlich gefärbte Guttationstropfen abzuscheiden und nicht zuletzt der geschichtete Aufbau, der im Schnitt gut erkennbar ist. Hat man eine gute Lupe zur Hand, ist es auch nicht schwer, schon vor dem Präparieren fürs Mikroskop zu erkennen, dass unser Pilz reichlich lange Zystiden besitzt, deren genauen Merkmale natürlich erst mit dem Mikroskop beurteilt werden können. Und auch die Ökologie hilft etwas: Crustoderma dryinum ist ein Braunfäule-Erreger (der das braune Lignin nicht abbauen kann), befallenes Holz ist deshalb rotbraun gefärbt.
Im Internet findet man als deutschen Namen „Ockerfarbene Krustenhaut“ – meiner Meinung nach ein eher dürftiger Name für unseren hübschen Pilz. Zum einen ist die leuchtend gelbe Färbung des frischen Pilzes mit „ockergelb“ m.E. kaum treffend bezeichnet – zum anderen ist der Name „Krustenhaut“ für jede Art von Rindenpilz zutreffend und eine reine Übersetzung des lateinischen Gattungsnamens. „Lieber gar keine deutschen Namen als solche“, denke ich mir da, und in der Tat macht es auch wenig Sinn, unbedingt für alles einen deutschen Namen aus dem Boden stampfen zu wollen.
Crustoderma dryinum ("Ockerfarbene Krustenhaut") am 14.4.2020, leg. Katharina Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner, an liegendem, braunfaulem Abies-Stamm in Schluchtlage in paenemontanem Buchen-Tannen-Mischwald im NSG Bannwald "Heidenhau" w. Welzheim (Schwäbisch-Fränkischer Wald w. Stuttgart, Baden-Württemberg). Beachten Sie die Guttationstropfen (v.a. Foto 1, 4) sowie die vielen, sich als feiner Flaum zeigenden, weit herausragenden Zystiden (Foto 5). |
Crustoderma dryinum ("Ockerfarbene Krustenhaut") am 14.4.2020, leg. Katharina Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner, an liegendem, braunfaulem Abies-Stamm in Schluchtlage in paenemontanem Buchen-Tannen-Mischwald im NSG Bannwald "Heidenhau" w. Welzheim (Schwäbisch-Fränkischer Wald w. Stuttgart, Baden-Württemberg) - zwei weitere Studio-Aufnahmen mit Blick auf die Flaumigkeit durch Zystiden |
Crustoderma dryinum ("Ockerfarbene Krustenhaut") am 14.4.2020, leg. Katharina Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner, an liegendem, braunfaulem Abies-Stamm in Schluchtlage in paenemontanem Buchen-Tannen-Mischwald im NSG Bannwald "Heidenhau" w. Welzheim (Schwäbisch-Fränkischer Wald w. Stuttgart, Baden-Württemberg) - achten Sie auf die Schichtung des Basidiomas (Fruchtkörper - im Schnitt). |
Crustoderma dryinum zählt zu den seltenen Rindenpilzen in Deutschland, laut F. Dämmrich (mail im April 2020) sind bisher nur 12 Fundpunkte aus Deutschland bekannt. Die Art wächst vorzugsweise an morschem Nadelholz, nur selten auch an Laubholz. Vermutlich ist die Art zumindest etwas montan (im Gebirge) verbreitet, aber es gibt auch Funde im Flachland (vgl. z.B. http://www.bender-coprinus.de/pilz_der_woche/2015/_crustoderma_dryinum.html).
Mir selbst ist die Art bisher zweimal begegnet, beim ersten Mal im Bayerischen Wald im Rahmen des Biodiversitäts-Projektes BioKlim (damals von mir nur am Rande registriert und von F. Dämmrich bestimmt).
Crustoderma dryinum ("Ockergelbe Krustenhaut") am 9.10.2017, leg. Katharina & Lothar Krieglsteiner (im Zuge des Biodiversitäts-Projektes BioKlim), det. Frank Dämmrich, Foto Lothar Krieglsteiner, Nationalpark Bayerischer Wald n. Spiegelau, Südhang zum Rachel, ca. 1000 m NN, an liegendem Abies-Stamm - beachten Sie auch hier die rot gefärbten Guttationstropfen bei der etwas älteren Aufsammlung. |
Umso mehr freute ich mich, als Katharina den Pilz neulich bei einer Exkursion im Schwäbischen Wald an einem liegenden Tannenstamm entdeckte und ich gleich draußen die richtige Art vermutete. Das Mikroskop brachte rasche Bestätigung – (u.a.) die z.T. gelb-bräunlich gefärbten länglichen Sporen und die typischen langen Zystiden passen gut.
Crustoderma dryinum ("Ockerfarbene Krustenhaut") am 14.4.2020, leg. Katharina Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner, an liegendem, braunfaulem Abies-Stamm in Schluchtlage in paenemontanem Buchen-Tannen-Mischwald im NSG Bannwald "Heidenhau" w. Welzheim (Schwäbisch-Fränkischer Wald w. Stuttgart, Baden-Württemberg) - die Fotos zeigen wichtige Mikromerkmale wie die länglichen, teils gelb-bräunlichen Sporen (bereits ohne Anfärbung) sowie die weit herausragenden (Lepto)-Zystiden. |
Früher habe ich Rindenpilze eher beiseite gelegt und die Bestimmung anderen überlassen. Seit wenigen Jahren bin ich dabei, dies zu ändern und bekomme immer mehr Freude an den Rindenpilzen, und auch nach und nach einen besseren Überblick und mehr Bestimmungs-Sicherheit 😊
Pilz des Monats April 2020 – Kronenrost (Puccinia coronata)
Die Anregung, den Pilz des Monats April 2020 in Anlehnung an die Coronavirus-Pandemie zu wählen, bekam ich bei wohl der letzten Tagesführung, die ich vor der (vorübergehenden …) Stillegung unserer Pilzschule machen konnte, am Samstag, den 14. März bei Backnang. Kursteilnehmer und Freund Rolf Fuhrmann brachte mir als Begrüßungsgeschenk eine Flasche Corona-Bier mit, was mich zum Lachen, aber auch zum Nachdenken brachte. Wie ich auch erfuhr, hat die Firma Corona (mexikanische Biermarke) durch den Virus massive Einnahme-Verluste – die Leute fühlen sich durch den Marken-Namen an den Virus erinnert.
Corona-Bier (Geschenk von Kurs-Teilnehmer Rolf Fuhrmann). Frage: Schmeckt dieses Bier nun schlechter als vor der "Corona-Krise"? Man müsste es meinen, denn die Absatz-Zahlen sind stark gesunken, mehr als bei jedem anderen Bier .... |
Dabei heißt Corona nichts anderes als Krone (auf Lateinisch und wenig verwunderlich auch auf Spanisch). Beim Virus bezieht sich der Name auf die oberflächlichen, an eine Krone erinnernden (?) Ausstülpungen der Virus-Hülle. Nun hatte ich also zu wählen zwischen dem Kronenbecherling (Sarcosphaera coronaria), dem Gekrönten Stängel-Becherling (Cyathicula coronata) und einem Rostpilz – und da ich es eher „exotisch“ mag, habe ich mich für das Letztere entschieden, obwohl 2020 von Pilzschule Schwäbischer Wald gar kein Kurs Parasitische Pilze geplant ist. Wobei momentan eher die Frage ist, ob 2020 überhaupt noch irgendwelche Kurse statt finden werden. Über Sinn oder Unsinn solch einschneidender Maßnahmen wie des Verbotes sämtlicher privater Bildungseinrichtungen möchte ich hier – schon gerade, weil wir betroffen sind – kein Statement abhalten, aber natürlich schon kurz darauf hinweisen, dass diese Situation, vor allem, wenn sie sich (wie wohl zu befürchten ist) noch das ganze Jahr hinziehen wird, nicht unbedingt ein Grund zur Freude für uns ist.
Nun – zum Pilz des Monats: wie viele andere Rostpilze (O. Pucciniales, Kl. Pucciniomycetes, Abt. Ständerpilze: Basidiomycota), zumindest die sogenannten „Heter-Eu-Formen“, haben sie einen komplizierten Entwicklungsgang mit Generationswechsel und Wirtswechsel, unter Ausbildung von insgesamt nicht weniger als 5 verschiedenen Sporenformen. Die haploiden (saprobiontisch an faulem Pflanzenmaterial gebildeten, sehr unauffälligen und deshalb sehr selten von Pilzkundlern aufgesammelten) Basidiosporen infizieren Wirt A, den sogenannten Haplonten-Wirt (haploid: einfacher Chromosomensatz, also unseren Ei- und Samenzellen entsprechend), im Falle „unseres“ Kronenrostes den Faulbaum (Rhamnus frangula) oder auch andere Kreuzdorn-Arten. Hier werden auf der Blattoberseite zunächst die Pyknidien oder Spermogonien gebildet, deren (haploide, in + und – getrennte) Spermatien auf die jeweils dem anderen Typ zugehörigen Spermogonien (Empfängnis-Hyphen) übertragen werden, was zur Befruchtung der blattunterseits gebildeten Aecidien-Analgen (Sporenform II, noch auf dem Haplontenwirt, aber schon dikaryotisch) führt. Die Aecidien (auch Aecien) sehen bei Reife bei vielen Rostpilzen becherlings-ähnlich aus, mit oranger Scheibe (meist mit Carotinoiden) und weißlichem Rand (letzteres dann, wenn eine sogenannte „Pseudoperidie“ ausgebildet wird, wie bei den vielen Arten der Groß-Gattungen Puccinia und Uromyces). Die hübschen „Aecidien-Becherlinge“ könnte man schon gut als „gekrönt“ assoziieren – diese schönen Gebilde sind aber nicht mit dieser Bezeichnung gemeint – warten Sie ab – denn die meisten Rostpilze sehen wie gesagt in diesem Stadium so aus.
Kronen-Rost (Puccinia coronata), Spermogonien auf der Blatt-Oberseite (M) und Aecidien auf der Blatt-Unterseite (l.) - fotographiert am 3.6.2018, "Spitzhalde" bei Tanau (Durlangen, Schwäbischer Wald n. Schwäbisch Gmünd, ö. Stuttgart, Baden-Württemberg), an Faulbaum (Rhamnus frangula), leg., det. Foto Lothar Krieglsteiner |
Kronen-Rost (Puccinia coronata), Aecidien an unreifer Frucht von Faulbaum (Rhamnus frangula), fotographiert am 13.6.2014 im "Hafental" (bei Hintersteinenberg, n. Schwäbisch Gmünd, ö. Stuttgart, Baden-Württemberg), leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Kronen-Rost (Puccinia coronata), Aecidien an Blatt-Unterseiten von Faulbaum (Rhamnus frangula), fotographiert am 13.6.2014 im "Hafental" (bei Hintersteinenberg, n. Schwäbisch Gmünd, ö. Stuttgart, Baden-Württemberg), leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Kronen-Rost (Puccinia coronata), Aecidien an Blatt-Unterseiten von Faulbaum (Rhamnus frangula), fotographiert am 3.5.2013, "Mönchbruch" (b. Mörfelden-Walldorf, sw. Frankfurt, Hessen), leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Kronen-Rost (Puccinia coronata), Aecidien an Faulbaum (Rhamnus frangula), fotographiert am 2.7.2015 in Norwegen (Telemark), leg,, det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Foto Lothar Krieglsteiner |
Kronen-Rost (Puccinia coronata), noch geschlossene Aecidien an Blatt-Unterseite von Faulbaum (Rhamnus frangula) am 24.5.2015 in den Lechtaler Alpen unweit Reute (Tirol, Österreich), leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Foto Lothar Krieglsteiner |
Die dikaryotischen Aecidiosporen können nun Wirt B infizieren, den Dikaryomyzeten-Wirt – in unserem Falle Süßgräser unterschiedlicher Gattungen und Arten. Der weitaus bekanntere Getreide-Rost (Puccinia graminis) mit seinem Haplonten-Wirt Berberitze (der eine eigene Geschichte bereit hält) ist nicht der einzige Rostpilz, der Gräser befällt. Auf dem Dikaryomyzeten-Wirt werden zunächst (bei Eu-Formen, s.o.) die Uredolager mit den Uredosporen gebildet, auch Sommersporen genannt, die zunächst für eine ungeschlechtliche Massenvermehrung der Pilze sorgen, bevor meist später im Jahr (wieder so bei Eu-Formen) die Teleutosporen-Lager (auch Telien) gebildet werden, die – wiederum ungeschlechtlich – die Teleuto-Sporen bilden.
Kronen-Rost (Puccinia coronata), ältere Uredo-Lager (eher links, braun) und Teleuto-Lager (schwarz) am 28.9.2018 bei Rotenhar (Gschwend, n. Schwäbisch Gmünd, ö. Stuttgart, Baden-Württemberg), an Spross der Rasenschmiele (Deschampsia caespitosa, F. Poaceae, Süßgräser), leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner. Hier finden Sie die Krönchen, aber erst unter dem Mikroskop (s.u.). |
Diese überwintern mit dem absterbenden Pflanzenteil und entwickeln sich dort zu Ständern (Basidien) weiter, wodurch sich der Kreis schließt (s.o.). Eu-Formen sind nun solche Rostpilze, die alle 5 Sporenformen ausbilden (Spermatien, Aecidiosporen, Uredosporen, Teleutosporen und Basidiosporen) – Heter-Eu-Formen solche, die dies wie beschrieben auf 2 verschiedenen Wirten tun. Daneben gibt es auch verschiedene „Rückbildungsformen“, die z.B. die Aecidiosporen, oder auch alles bis auf Teleutosporen und Basidiosporen weglassen und für die es andere, hier nicht erläuterte Bezeichnungen gibt, während Aut-Formen alle (gebildeten) Stadien ohne Wirtswechsel auf nur einem Wirt vollenden.
Doch zurück zur „Krönung“ des Kronenrostes Puccinia coronata. Diese findet auf den Teleutosporen statt, denn der wichtigste Unterschied z.B. zum Getreide-Rost ist die Ausbildung von Auswüchsen der Sporenwand an der Spitze, von kleinen Hörnchen oder eben einem kleinen Krönchen auf der Teleutospore.
Kronenrost (Puccinia coronata) - Teleutosporen unter dem Mikroskop, am 28.9.2018 bei Rotenhar (Gschwend, n. Schwäbisch Gmünd, ö. Stuttgart, Baden-Württemberg), an Spross der Rasenschmiele (Deschampsia caespitosa, F. Poaceae, Süßgräser), leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner. Hier finden Sie die Krönchen, aber erst unter dem Mikroskop (s.u.). Zweizellige Teleutosporen machen eine Puccinia aus - das Wachstum auf Gräsern in Kombination mit den Hörnchen auf der Spore macht den Kronen-Rost :-) |
Sie sehen, die parasitischen Pilze geben dem Naturfreund durchaus auch einiges an Staunenswertem, und es ist ein zu kurzer Blick, sie als reine Schädlinge zu sehen. Die Krönung der Schöpfung sind nicht wir als Mensch, sondern unsere Mit-Geschöpfe, die zu bewundern und zu bestaunen zum Schönsten und Befriedigendsten gehört, was man als Mensch in dieser Inkarnation auf diesem Planeten tun kann. Und mit diesen Mit-Geschöpfen, auch mit den Parasiten (z.B. an unserem Getreide, wie dem Kronen-Rost), und letztlich auch mit Krankheits-Erregern an uns selbst (also z.B. dem Corona-Virus, womit sich auch dieser Kreis schließt) müssen wir in Frieden und Demut zusammen leben. Und sicher – viele Menschen müssen nun am Corona-Virus sterben, aber das tun sie auch an anderen Krankheiten (über die Zahl der Corona-Opfer und die Zahl der Toten aufgrund anderer Faktoren ließe sich eine andere Geschichte aufmachen – ich denke z.B. an Krankenhaus-Keime mit vergleichsweise selten kommentierten knapp 20.000 Toten pro Jahr), und gäbe es keine Krankheiten, müssten wir trotzdem sterben, denn ohne auch unser eigenes Sterben gibt es auch kein Leben. Ewiges (im Sinne eines eine unendlich lange Zeitspanne andauernden) Leben ist für uns nicht vorgesehen – und wenn wir ehrlich sind: das ist auch gut so.
Kommen Sie gut über die Corona-Zeit. Ich hoffe, ich muss nicht noch viele „Pilze des Monats“ schreiben, ohne Euch alle gesund und munter bei Kursen wieder zu sehen.
Pilz des Monats März 2020 - Weinroter Purpur-Schneckling (Hygrophorus capreolarius)
Es ist immer wieder eine Freude, wenn Kurs-Teilnehmer aus anderen Regionen Deutschlands zu uns zu Kursen in den Schwäbischen Wald kommen, und wir ihnen Pilze zeigen können, die bei uns relativ häufig, in anderen Regionen Deutschlands aber (sehr) selten sind. Beispiele sind der Faser-Tigerritterling (Tricholoma filamentosum), der Dottergelbe Schönkopf (Calocybe chrysenteron) der Gestreifte Holz-Nabeling (Gerronema strombodes), der Gestreifte Holz-Trichterling (Clitocybula lacerata) oder der Tannen-Fingerhut (Cyphella digitalis), um nur einige wenige zu nennen. Die letzteren beiden weisen schon darauf hin, worauf es bei etlichen dieser Arten ankommt - auf natürliche Vorkommen der Weißtanne (Abies alba). Viele dieser Pilze werden auch "Schwarzwaldpilze" genannt, weil sie eben auch in diesem Mittelgebirge anzutreffen sind. Und so ist es kein Wunder, dass neben Holz-Bewohnern auch Mykorrhiza-Pilze dieser Art "bei uns" vorkommen, während sie außerhalb des Tannen-Areals fehlen. Dies trifft auch für den Weinroten Purpur-Schneckling (Hygrophorus capreolarius) zu, unseren heutigen Pilz des Monats. Problem nur: die Art gilt gemeinhin gar nicht als Mykorrhizapilz (hauptsächlich) der Tanne. So werden z.B. im Band 3 von "Die Großpilze Baden-Württembergs" (wo im Übrigen keine Abbildung gegeben wird!) 4 Funde bei Tanne und 31 bei Fichte genannt. Ich muss allerdings sagen, dass ich die Art schon oft fand, und noch nie ohne eine Tanne, aber durchaus schon öfter ohne eine Fichte in der Nähe (s.u. bei Funddaten. Schaut man sich das Verbreitungsbild der Art an, zeichnet es sehr schön das Verbreitungsmuster der Tanne nach, und somit ist es auch kein Wunder, dass die Art in Nordeuropa (wo keine Tannen wachsen) fehlt.
Weinroter Purpur-Schneckling (Hygrophorus capreolarius) - 2 Fotos am 23.10.2015, leg., det. Matthaeus Koncilja & Lothar Krieglsteiner, Foto Lothar Krieglsteiner - Österreich, Kärnten, Sattnitz, "Turia-Wald", in Nadelmischwald (Fichte und Tanne) über Kalk. Beachten Sie die schon jung purpurroten Lamellen, die nur "nachflecken". |
Weinroter Purpur-Schneckling (Hygrophorus capreolarius) am 21.10.2016, leg. Pilzkurs St. Gallen, det., Foto Lothar Krieglsteiner - Schweiz, Alpenvorland sö. St. Gallen, "Hirschberg" bei Gais, in montanem Nadelmischwald bei Tannen (und Fichte) über Kalk. Der Sauerklee ist über Kalk als Aushagerungs-Zeiger zu werten, er steht für neutrale Böden. |
Weinroter Purpur-Schneckling (Hygrophorus capreolarius) am 17.10.2016, leg., Pilzkurs, det., Foto Lothar Krieglsteiner, Nord-Schweiz unweit Siebnen, montaner Nadelmischwald mit Tanne (und Fichte) |
Weinroter Purpur-Schneckling (Hygrophorus capreolarius) - 2 Fotos bei Tanau ("Spitzhalde", Schwäbisch-Fränkischer Wald n. Schwäbisch Gmünd, Ostalbkreis, Baden-Württemberg ö. Stuttgart), oberes Foto am 3.10.2010, unteres Foto mit abgetrocknetem und dann fein schuppigem Hut am 22.10.2013, beide leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Weinroter Purpur-Schneckling (Hygrophorus capreolarius) - 3 Fotos nördlich von Gschwend-Rotenhar (Schwäbischer Wald n. Schwäbisch Gmünd, Ostalbkreis, Baden-Württemberg ö. Stuttgart), in paenemontanem Nadelmischwald mit Tanne (und Fichte) an verschiedenen Stellen, 1. Foto am 13.10.2010, 2. Foto am 15.10.2017, 3. Foto am 9.11.2019, alle leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Weinroter Purpur-Schneckling (Hygrophorus capreolarius) am 18.9.2014, leg. Pilzkurs mit Lothar Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner, Vorland zur Schwäbischen Alb sö. Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd-Weiler in den Bergen, "Költ", mesophiler Buchenwald über Dogger, unter eingestreuten Weißtannen (Abies alba), kene Fichte weit und breit |
Der Weinrote Purpur-Schneckling (Hygrophorus capreolarius) ist eigentlich leicht zu kennen. Als einzige Art der Purpur-Schnecklinge hat er schon jung purpurfarbene Lamellen. Die weiteren Arten haben jung mehr oder weniger weiße Lamellen und sind viel mehr rosa gefärbt. Sie neigen zum Gilben und wachsen bei Fichten (Rasiger Purpur-Schneckling H. erubescens mit seinen Varianten persicolor und fragicolor) oder gilben nicht und wachsen bei Eiche (Geflecktblättriger P. H. russula), der sehr seltene (mir unbekannte) Beschleierte Purpur-Schneckling (H. purpurascens) hat ein (wenn auch flüchtiges) ringartiges Velum.
Eine spannende Frage ist, ob H. capreolarius essbar ist. Nun - in Hygrophorus sind meines Wissens bisher keine akuten Giftpilze bekannt, auch wenn mögicherweise Inhaltsstoffe mancher Arten (z.B. der Elfenbein-Schnecklinge) als "ungesund" zu werten sind. Während H. erubescens (jedenfalls seine typischen Varianten) bitter schmeckt, schmeckt H. capreolarius wie H. russula mild. Und gerade die letztere Art wird z.B. in Italien mit Genuss verspeist, wie wir auch in LIgurien schon mit-erleben durften. Ob auch H. capreolarius gut schmeckt, wäre sicher interessant zu probieren. Man könnte einwenden, dass der Weinrote Purpur-Schneckling in der Roten Liste Deutschlands als "stark gefährdet" (2) klassifiziert wird. Dass gerade Mykorrhizapilze in den meisten Fällen nicht durch Sammeltätigkeit (die hier nie statt fand) zurück gegangen sind, ist eine andere Tatsache.
Pilz des Monats Februar 2020 – Rauhaarige Blasentrüffel (Genea hispidula)
Es ist immer wieder ein großes Vergnügen, bei der Trüffel-Suche mit Hund dabei zu sein und zuzusehen, wie ein wirklich gut eingespieltes Team aus Hundeführer(in) und Hund(Hündin) arbeitet. Und ein Privileg ist es umso mehr, die „Beute“ dieser Bemühungen für eigene mikroskopische Untersuchungen mitnehmen zu dürfen. Dieses Vergnügen hatte ich schon mit etlichen Teams zu ganz verschiedenen Anlässen (meist Trüffel-Kursen) – eines der Besten, wenn nicht das Beste, das ich bisher erlebte, ist Sabine Hörnicke zusammen mit Hündin Milly, mit der ich (z.B.) im November 2019 im Nationalpark Eifel zusammen arbeiten durfte, und wo wir in wenigen Stunden etwa 15 verschiedene Trüffel-Arten im weitesten Sinne finden konnten (die genaue Zahl ist noch unklar, da besonders in den Gattungen Genea = Blasentrüffel und Hymenogaster = Erdnuss, aber auch in anderen Gattungen, Bestimmungen oft schwierig oder gar aufgrund fehlender moderner Literatur unmöglich sind, also nicht alle Proben mit wenig Aufwand zu einer Art bestimmt werden können). Eine der relativ gut kenntlichen und bestimmbaren Genea-Arten möchte ich heute vorstellen – ich konnte sie mehrfach im Nationalpark Eifel mikroskopisch bestimmen.
Rauhaarige Blasentrüffel (Genea hispidula) am 15.11.2019 im Nationalpark Eifel (nördlicher Kermeter zum Rursee, am "Büdenbach" unweit Heimbach, Nordrhein-Westfalen, Deutschland), im Boden in Wegnähe unter Hainbuche u.a. Laubbäumen, leg. Milly & Sabine Hörnicke, det. (mikr.) Lothar Krieglsteiner, Foto Lothar Krieglsteiner |
Rauhaarige Blasentrüffel (Genea hispidula) am 27.9.2017 im Nationalpark Eifel (Tal zur Dreiborner Hochfläche w. Ruine Vogelsang, Nordrhein-Westfalen, Deutschland), im Boden an Wegrand unter Hainbuchen (u.a), leg. Jule & Sabine Hörnicke, det. (mikr.) Lothar Krieglsteiner, Foto Lothar Krieglsteiner |
Genea-Arten sind meist nicht besonders groß, auch nicht G. hispidula. Nur die größeren Exemplare der auf den Fotos gezeigten Blasentrüffeln überschreiten 1 cm Durchmesser etwas. Die meisten Trüffel-Funde aus allen systematischen Gruppen sind keine Kilo-Ware ☹
Blasentrüffeln (Genea), das haben molekulare Untersuchungen gezeigt, sind nahe Verwandte der braunhaarigen Borstlinge (Humaria und Trichophaea); auch in der letzteren Gattung gibt es Arten mit grob-noppig und -warzig ornamentierten Sporen, wie sie in der Gattung Genea typisch sind. Die Beurteilung des Sporen-Ornamentes zur Art-Bestimmung ist allerdings nicht so einfach, wie es erscheinen mag, denn das Ornament sieht anders aus von unreif nach reif, im optischen Schnitt bzw. in Aufsicht sowie auch je nach Präparationsmedium. Die vorliegende Art ist durch ihre borstigen, hohl-setiformen Haare (diese haben in Genea nur wenige Arten) nahe an Trichophaea, typisch sind ferner die dicht noppig-warzig ornamentierten Sporen.
Excipulum und setiforme Haare der Rauhaarigen Blasentrüffel (Genea hispidula) am 25.9.2017 im Nationalpark Eifel (n. Hasenfeld, Nordrhein-Westfalen, Deutschland),in mäßig saurem Laubmischwald (v.a. Eiche, Hainbuche), leg. Jule & Sabine Hörnicke, det. (mikr.) Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner (o. 400 x, u. 1000x). |
noppig-warzig ornamentierte Sporen der Rauhaarigen Blasentrüffel (Genea hispidula) am am 15.11.2019 im Nationalpark Eifel (nördlicher Kermeter zum Rursee, am "Büdenbach" unweit Heimbach, Nordrhein-Westfalen, Deutschland), im Boden in Wegnähe unter Hainbuche u.a. Laubbäumen, leg. Milly & Sabine Hörnicke, det. (mikr.) Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner (o. 400 x, u. 1000x) |
In Genea sind in den letzten Jahren zahlreiche neue Arten beschrieben worden; ein Prozess, der sich vermutlich noch fortsetzen dürfte. Ohne molekulare Untersuchungen ist dies kaum noch möglich, und so werden auch einige unserer Aufsammlungen (nicht von G. hispidula) einer Sequenzierung zugeführt werden.
Wer Sabine Hörnicke und Milly bei der Arbeit beobachten möchte, hat dazu schon ganz bald wieder Gelegenheit, nämlich beim Trüffelkurs meiner Frau in 2 Wochen in Ruppertshofen. Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung!
Sabine Hörnicke und Milly bei der Trüffel-Bergung - am 15.11.2019 im Nationalpark Eifel (Uftsee-Nordufer bei der Böttenbach-Mündung, Nordrhein-Westfalen, Deutschland) - Milly hat schon angezeigt und hilft Sabine noch beim Finden. Dies ist gar nicht so leicht bei so kleinen Kügelchen wie Genea ... |
Falls jemand der Meinung sein sollte, dass im Winter keine Trüffeln gefunden werden, der irrt! Tuber aestivum, T. brumale und T. excavatum sind nahezu garantiert, weitere Arten wahrscheinlich. Und selbst wenn noch vorher der Winter einzieht: Sabine hat mit ihren Hunden bei Katharinas Kursen schon mehr als einmal bewiesen, dass weder Eis noch Schnee noch gefrorener Boden hier Hindernisse sind. Nun ja – Hindernisse vielleicht schon, aber kein Hinterungsgrund!
Pilz des Monats Januar 2020 - Rosa Trichterling (Leucocybe houghtonii)
Als ersten Pilz des Montas 2020 wähle ich eine Art, die im Jahr 2019 wie aus heiterem Himmel erstmals im Schwäbischen Wald „aufschlug“, und ich fand sie innerhalb der Kurs-Saison gleich an drei miteinander vergleichbaren, nur wenige km voneinander entfernten Stellen in Wäldern, die ich alle schon häufiger begangen hatte. Eben habe ich in der PIlzflora Baden-Württembergs (G.J. Krieglsteiner 2001, Band 3) nachgeschaut und stelle fest, dass die Art aber schon in den Jahren 1978 und 1993 (jeweils leg. H. Payerl, det. G.J. Krieglsteiner) ganz in der Nähe meiner Fundstellen nachgewiesen wurde. Ich kenne die Art schon seit meiner Jugend – der verstorbene Ewald Kajan und Krimhilde Müller fanden die Art im Niederrhein-Gebiet (Nordrhein-Westfalen) an verschiedenen Stellen, aus dieser Zeit gibt es auch Publikationen über das damalige erstmalige Bekanntwerden der Art in Deutschland.
Rosa Trichterling (Leucocybe houghtonii) am 2.10.2019, Ruppertshofen-Hönig, "Auerbachtal" (Baden-Württemberg Schwäbischer Wald n. Schwäbisch Gmünd, ö. Stuttgart) an und neben abgekippten Gartenabfällen an Wegrand zu Bach-Aue mit Erlen, zusammen mit Entoloma pleopodium und Lepiota brunneoincarnata, leg. Pilzkurs, det. Lothar Krieglsteiner, Foto Lothar Krieglsteiner |
Rosa Trichterling (Leucocybe houghtonii) am 4.10.2019, Ruppertshofen-Hönig, Fuchsreute (Baden-Württemberg, Schwäbischer Wald n. Schwäbisch Gmünd, ö. Stuttgart) an und neben abgekippten Gartenabfällen an Wegrand in Nadelmischwald, zusammen mit Mycena crocata u.a., leg. Katharina &.Lothar Krieglsteiner, det. Lothar Krieglsteiner, Foto Lothar Krieglsteiner |
Rosa Trichterling (Leucocybe houghtonii) am 6.10.2019, Spraitbach-Heiligenbruck (Baden-Württemberg n. Schwäbisch Gmünd, ö. Stuttgart) an und neben abgekippten Gartenabfällen an Wegrand zu Bach-Aue, leg., det. Lothar Krieglsteiner, Foto Lothar Krieglsteiner |
Eigene Funde gelangen mir aber nur zweimal, einmal im Donau-Gebiet Ostbayerns, und einmal im Nationalpark Eifel (dort am Uftsee-Ufer). Beide Funde (und auch die Von E. Kajan und K. Müller) stammen Auwald-Gesellschaften, die meisten aus großen Stromtälern.
Wie erkennt man die Art? Weißliche Trichterlinge gibt es ja durchaus mehrere Arten, und die meisten von ihnen sind nicht gar zu leicht bestimmbar. Für die Bestimmung des Rosa Trichterlings ist nicht einmal ein Mikroskop von Nöten. Zum einen fällt schon im feuchten Zustand ein noch leichter, sich aber beim Trocknen deutlich verstärkender Rosa-Ton auf.
Rosa Trichterling (Leucocybe houghtonii) - stärkere Rosa-Verfärbung beim Trocknen - Fund bei Hönig, "Auerbachtal", oben Studio-Foto leicht angetrockneter Frchtkörper, unten Exsikkat - Foto Lothar Krieglsteiner |
Das Gleiche (Verstärken beim Trocknen) gilt für Merkmal Nr. 2, ein Geruch nach Tomatenblättern. Bei wasser-durchtränkten, frischen Fruchtkörpern braucht man noch etwas Fantasie, um ihn fest zu stellen, während langsam antrocknende Pilze deutlich intensiver riechen.
Die neuen Fundorte im Schwäbischen Wald haben alle eines gemeinsam: längs von Waldwegen wurden Gartenabfälle und Pflanzenreste abgekippt, die dort langsam verfaulen können. Es handelt sich also um nährstoffreiche Standorte, die Pilzart kann hier als eingeschleppt bezeichnet werden. G.J. Krieglsteiner (s.o.) bezeichnet sie als „nicht autochthon“, mit „submediterran-subatlantischem Verbreitungsschwerpunkt“, ihr Vorkommen in Baden-Württemberg sei „dank der allgemeinen Klimaaufheizung“ zustande gekommen. Nun ja ... - auf alle Fälle handelt es sich um ein nitrophiles Element, einen Neomyceten, mit dem möglicherweise künftig stärker zu rechnen ist … - und der Klimawandel schadet der Ausbreitung der Art zumindest nicht.
Vor Kurzem hießen noch die meisten (oder zumindest die nicht-amyloiden und glatt-sporigen) Trichterlinge Clitocybe. Dies hat sich durch molekulare Arbeiten inzwischen geändert, und dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Interessanterweise stehen in Leucocybe nun drei Arten, die alle drei bei uns vorkommen – in diesem Jahr beim Trichterlings-Kurs fanden wir sogar alle drei. Eine Art überrascht – der Weiße Rasling (vormals Lyophyllum connatum). Die zweite Art, der nicht seltene Wachsstielige Trichterling (L. candicans) riecht wie L. houghtonii nach Tomatenblättern!
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