Pilz des Monats März 2020 - Weinroter Purpur-Schneckling (Hygrophorus capreolarius)
Es ist immer wieder eine Freude, wenn Kurs-Teilnehmer aus anderen Regionen Deutschlands zu uns zu Kursen in den Schwäbischen Wald kommen, und wir ihnen Pilze zeigen können, die bei uns relativ häufig, in anderen Regionen Deutschlands aber (sehr) selten sind. Beispiele sind der Faser-Tigerritterling (Tricholoma filamentosum), der Dottergelbe Schönkopf (Calocybe chrysenteron) der Gestreifte Holz-Nabeling (Gerronema strombodes), der Gestreifte Holz-Trichterling (Clitocybula lacerata) oder der Tannen-Fingerhut (Cyphella digitalis), um nur einige wenige zu nennen. Die letzteren beiden weisen schon darauf hin, worauf es bei etlichen dieser Arten ankommt - auf natürliche Vorkommen der Weißtanne (Abies alba). Viele dieser Pilze werden auch "Schwarzwaldpilze" genannt, weil sie eben auch in diesem Mittelgebirge anzutreffen sind. Und so ist es kein Wunder, dass neben Holz-Bewohnern auch Mykorrhiza-Pilze dieser Art "bei uns" vorkommen, während sie außerhalb des Tannen-Areals fehlen. Dies trifft auch für den Weinroten Purpur-Schneckling (Hygrophorus capreolarius) zu, unseren heutigen Pilz des Monats. Problem nur: die Art gilt gemeinhin gar nicht als Mykorrhizapilz (hauptsächlich) der Tanne. So werden z.B. im Band 3 von "Die Großpilze Baden-Württembergs" (wo im Übrigen keine Abbildung gegeben wird!) 4 Funde bei Tanne und 31 bei Fichte genannt. Ich muss allerdings sagen, dass ich die Art schon oft fand, und noch nie ohne eine Tanne, aber durchaus schon öfter ohne eine Fichte in der Nähe (s.u. bei Funddaten. Schaut man sich das Verbreitungsbild der Art an, zeichnet es sehr schön das Verbreitungsmuster der Tanne nach, und somit ist es auch kein Wunder, dass die Art in Nordeuropa (wo keine Tannen wachsen) fehlt.
Weinroter Purpur-Schneckling (Hygrophorus capreolarius) - 2 Fotos am 23.10.2015, leg., det. Matthaeus Koncilja & Lothar Krieglsteiner, Foto Lothar Krieglsteiner - Österreich, Kärnten, Sattnitz, "Turia-Wald", in Nadelmischwald (Fichte und Tanne) über Kalk. Beachten Sie die schon jung purpurroten Lamellen, die nur "nachflecken". |
Weinroter Purpur-Schneckling (Hygrophorus capreolarius) am 21.10.2016, leg. Pilzkurs St. Gallen, det., Foto Lothar Krieglsteiner - Schweiz, Alpenvorland sö. St. Gallen, "Hirschberg" bei Gais, in montanem Nadelmischwald bei Tannen (und Fichte) über Kalk. Der Sauerklee ist über Kalk als Aushagerungs-Zeiger zu werten, er steht für neutrale Böden. |
Weinroter Purpur-Schneckling (Hygrophorus capreolarius) am 17.10.2016, leg., Pilzkurs, det., Foto Lothar Krieglsteiner, Nord-Schweiz unweit Siebnen, montaner Nadelmischwald mit Tanne (und Fichte) |
Weinroter Purpur-Schneckling (Hygrophorus capreolarius) - 2 Fotos bei Tanau ("Spitzhalde", Schwäbisch-Fränkischer Wald n. Schwäbisch Gmünd, Ostalbkreis, Baden-Württemberg ö. Stuttgart), oberes Foto am 3.10.2010, unteres Foto mit abgetrocknetem und dann fein schuppigem Hut am 22.10.2013, beide leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Weinroter Purpur-Schneckling (Hygrophorus capreolarius) - 3 Fotos nördlich von Gschwend-Rotenhar (Schwäbischer Wald n. Schwäbisch Gmünd, Ostalbkreis, Baden-Württemberg ö. Stuttgart), in paenemontanem Nadelmischwald mit Tanne (und Fichte) an verschiedenen Stellen, 1. Foto am 13.10.2010, 2. Foto am 15.10.2017, 3. Foto am 9.11.2019, alle leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Weinroter Purpur-Schneckling (Hygrophorus capreolarius) am 18.9.2014, leg. Pilzkurs mit Lothar Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner, Vorland zur Schwäbischen Alb sö. Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch Gmünd-Weiler in den Bergen, "Költ", mesophiler Buchenwald über Dogger, unter eingestreuten Weißtannen (Abies alba), kene Fichte weit und breit |
Der Weinrote Purpur-Schneckling (Hygrophorus capreolarius) ist eigentlich leicht zu kennen. Als einzige Art der Purpur-Schnecklinge hat er schon jung purpurfarbene Lamellen. Die weiteren Arten haben jung mehr oder weniger weiße Lamellen und sind viel mehr rosa gefärbt. Sie neigen zum Gilben und wachsen bei Fichten (Rasiger Purpur-Schneckling H. erubescens mit seinen Varianten persicolor und fragicolor) oder gilben nicht und wachsen bei Eiche (Geflecktblättriger P. H. russula), der sehr seltene (mir unbekannte) Beschleierte Purpur-Schneckling (H. purpurascens) hat ein (wenn auch flüchtiges) ringartiges Velum.
Eine spannende Frage ist, ob H. capreolarius essbar ist. Nun - in Hygrophorus sind meines Wissens bisher keine akuten Giftpilze bekannt, auch wenn mögicherweise Inhaltsstoffe mancher Arten (z.B. der Elfenbein-Schnecklinge) als "ungesund" zu werten sind. Während H. erubescens (jedenfalls seine typischen Varianten) bitter schmeckt, schmeckt H. capreolarius wie H. russula mild. Und gerade die letztere Art wird z.B. in Italien mit Genuss verspeist, wie wir auch in LIgurien schon mit-erleben durften. Ob auch H. capreolarius gut schmeckt, wäre sicher interessant zu probieren. Man könnte einwenden, dass der Weinrote Purpur-Schneckling in der Roten Liste Deutschlands als "stark gefährdet" (2) klassifiziert wird. Dass gerade Mykorrhizapilze in den meisten Fällen nicht durch Sammeltätigkeit (die hier nie statt fand) zurück gegangen sind, ist eine andere Tatsache.