Pilz der Monats Februar 2019: Vogesen-Kohlenbeere (Hypoxylon vogesiacum)
Kohlenbeeren (die alte Gattung Hypoxylon, heute einige Gattungen um Hypoxylon im engen Sinne herum) sind Pyrenomyceten, also Kugelpilze oder „Kernpilze“ (Fruchtkörperform ist das Perithecium mit vorgebildeter apikaler Öffnung zum Austritt der Sporenmasse) mit Sammel-Fruchtkörpern (viele solche Perithezien sind in ein gemeinsames „Stroma“ eingesenkt und erscheinen bei Reife als oberflächliche „Punktierung“), die mehr oder weniger breit dem Substrat aufsitzen. Dies unterscheidet sie von ihrer nahen Verwandtschaft, den Holzkeulen (Xylaria), die sich für aufrechte Stromata „entschieden haben“ – gemeinsam sind beiden die Mehrzahl der Mikromerkmale wie z.B. dunkel gefärbte Sporen mit Keimspalt und ein mit Jod anfärbbarer Apikalapparat der Schäuche (s.u.); diese haben z.B. auch die ebenfalls nahe verwandten Kohlenkugelpilzen (Daldinia), die sich durch meist größere, im Schnitt geschichtete Stromata unterscheiden. Die Mikromerkmale muss man erwähnen, denn es gibt (weltweit sowieso, aber auch bei uns) noch weitere Gruppen von makroskopisch ähnlich aussehenden, aber mikroskopisch abweichenden stroma-bildenden Pyrenomyceten (z.B. in der Gattung Camarops – hier finde ich beim Googeln die deutsche Bezeichnung „Kugelschwämme“, die ich ganz unpassend finde).
Einige Arten von Kohlenbeeren sind sehr häufig, z.B. H. fragiforme („Rötliche Kohlenbeere“ an Buche, H. fuscum („Rotbraune Kohlenbeere“, meist an Hasel, Hainbuche oder Erle), Kretzschmaria deusta („Brandkrustenpilz“, an verschiedenen Laubbäumen) oder Nemania serpens („Geschlängelte Kohlenbeere“, an verschiedenem Laubholz), um nur wenige zu nennen, aber es gibt eine Vielzahl von Arten, die in vielen Fällen nur mikroskopisch sicher bestimmt werden können. Wer sich mit diesen Pilzen intensiver befassen will (Vorsicht: kein Vertreter ist ein guter Speisepilz ☹), dem kann ich die folgende Website nahelegen: http://pyrenomycetes.free.fr/.
Pilz des Monats Februar 2019 ist nun eine relativ selten gefundene Art. Vor diesem Jahr kannte ich sie nur von einem Uralt-Fund auf der Schwäbischen Alb (Bannwald „Tiefental“ unweit Schelklingen) – und nicht allzu weit von dort gelang auch der erste von 2 Funden 2018, unweit von Marbach im Biosphären-Reservat Schwäbische Alb im Rahmen von Kartierungsaufträgen.
Vogesen-Kohlenbeere (Hypoxylon vogesiacum) am 25.09.2018, Baden-Württemberg, Biosphären-Reservat Schwäbische Alb, "Jörgenbühl" bei Marbach, 711 m NN, an liegendem Stammstück von Bergahorn (Acer pseudoplatanus) in Schluchtwald über Juralkalk (Fraxino-Aceretum pseudoplatani), leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner |
Vogesen-Kohlenbeere (Hypoxylon vogesiacum) am 25.10.2018, Bayern (knapp n. der Grenze zu Österreich), Allgäu, "Gerbertobel" s. Lindenberg/Allgäu, 813 m NN, an liegendem Stamm von Bergulme (Ulmus glabra) auf fast ganzer Länge in montanem Mischwald, leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner |
Diese Aufsammlung ist (durchaus frisch und voll-reif, aber) etwas älter und deshalb schon mehr schwarz gefärbt, während die 2. Aufsammlung (aus dem „Allgäu“ aus „Tobelwäldern“) noch ganz frisch und noch wunderbar violettlich gefärbt ist. Bei beiden Funden war Katharina dabei und sie ist der Meinung, dass sie die Art an dem violetten Farbton auch schon makroskopisch erkennen kann. Ich traue mir das in Anbetracht der vielen doch ähnlichen anderen Hypoxylon-Arten nicht zu, und so verbleibt nur das Mikroskop. H. vogesiaceum gehört hier allerdings durch die sehr großen Sporen (deutlich über 20 µm) zu den leicht bestimmbaren Arten – alle makroskopisch ähnlich aussehenden Arten (z.B. Artenkomplex um H. rubiginosum – mit Ausnahme von H. macrosporum) haben deutlich kleinere Sporen.
Die Mikroskop-Bilder zeigen nicht nur den hellen Keimspalt der düsteren Sporen, sondern auch sehr schön den Apikalapparat der Schläuche, der mit Jodreagentien (Lugol`sche oder Baral`sche Lösung, aber auch Melzers Reagens) wunderbar blau angefärbt wird (eu-amyloide Reaktion). Eine wichtige Unterscheidung ist die Form dieses Apikalapparates (Porus), der bei Hypoxylon im engen Sinne kurz ist und bei Nemania lang.
Vogesen-Kohlenbeere (Hypoxylon vogesiacum) am 25.10.2018, Bayern (knapp n. der Grenze zu Österreich), Allgäu, "Gerbertobel" s. Lindenberg/Allgäu, 813 m NN, an liegendem Stamm von Bergulme (Ulmus glabra) auf fast ganzer Länge in montanem Mischwald, leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner - Beachten Sie die großen Sporen als Artmerkmal (oberes Foto) sowie die dunklen Sporen mit langem Keimspalt (unteres Foto) - dieser ist nicht auf jeder Aufnahme gut zu sehen, da die Fokussierung auf den Keimspalt in der Regel zu ansonsten unscharfen Sporen-Aufnahmen führt. Alle Kohlenbeeren (auch im weiten Sinne) und ihre Verwandten, die Holzkeulen, besitzen einen (unterschiedlich ausgeprägten) Keimspalt. |
Vogesen-Kohlenbeere (Hypoxylon vogesiacum) am 25.10.2018, Bayern (knapp n. der Grenze zu Österreich), Allgäu, "Gerbertobel" s. Lindenberg/Allgäu, 813 m NN, an liegendem Stamm von Bergulme (Ulmus glabra) auf fast ganzer Länge in montanem Mischwald, leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner Dieses Präparat wurde mit Baral`scher Lösung gefertigt und zeigt die eu-amyloide, tief blaue Reaktion der bei Hypoxylon ss.str. (im engen Sinne) kurzen Apikalapparate (Ascus-Poren). Verwendung des letalen Melzers Reagens (mit Chloralhydrat) hätte hier nicht zu einem anderen Ergebnis geführt. |
Geschlängelte Kohlenbeere (Nemania serpens - früher Hypoxylon serpens) am 30.04.2018, Bayern, Mainfranken sw. Würzburg, "Loheholz" bei Hohestadt, ca. 220 m NN, in Eichen-Hainbuchen-Wald an totem Stammrest von Efeu (Hedera helix), leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner Beachten Sie die bei Nemania deutlich verlängerten, "hutförmigen" Apikalapparate. N. serpens ist eine Ausnahme mit ihrer hemiamyloiden, roten Reaktion in Vital-Reagentien (Baral`sche oder Lugol`sche Lösung). Verwendung von Melzers Reagens hätte hier keine Reaktion erbracht! (bzw. nach Vorbehandlung mit KOH eine blaue). |
Das Foto von Nemania serpens zeigt eine weiter Eigentümlichkeit, nämlich eine hemiamyloide, rote Reaktion des Ascus-Porus. Diese funktioniert allerdings nur mit Vital-Reagentien (Lugol oder Baral) und nicht mit Melzers Reagens, da das in Melzer enthaltene Chloralhydrat die Zellen abtötet und die hemiamyloide Reaktion verhindert. Erstaunlicher Weise lässt sich aber bei den hemiamyloiden Arten nach KOH-Vorbehandlung auch eine Blaufärbung erzielen.
Doch noch einmal zurück zu H. vogesiacum. Alle meine Funde deuten darauf hin, dass die Art montan verbreitet ist und „Schluchtwälder“ (z.B. Pflanzengesellschaft des Fraxino-Aceretum pseudoplatani) ihr Haupt-Standort. Als Substratangaben findet man Ahorn (wohl meist Bergahorn) und Ulme – und dies sind auch bei unseren Funden die (wahrscheinlichen) Substrate.