Der Maler Hermann Wölpert (1910-2008)
Hermann Wölpert, Portrait-Foto (ca. 1975) |
Mein vor einigen Jahren verstorbener Großvater mütterlicherseits war Kunstmaler. Nun - das ist doch nichts so Besonderes, werden viele sagen oder denken, und in der Tat ist Hermann Wölpert heute nicht mehr allzu bekannt. Dies liegt vor allem daran, dass Wölpert nicht nur ein sehr bescheidener Mensch war, der seine Malerei zwar für sich persönlich extrem wichtig nahm, dem aber jede Arroganz oder Selbst-Beweihräucherung fern lag. Insofern hat er auch nie allzuviel unternommen, um Bekanntheitsgrad zuzulegen. Zwar hat er durchaus einige gut besuchte Kunst-Ausstellungen veranstaltet (einige wenige, von denen wir heute noch wissen, s.u.), aber er hat z.B. nie Zugang zu den neuen Medien gesucht oder gefunden. Im Internet findet man deshalb über Hermann Wölpert bisher nahezu nichts. Diesen Zustand wollte ich schon seit längerer Zeit ändern - nun habe ich es (mit Unterstützung meiner Mutter Heidi Krieglsteiner, ohne die ich fast nichts sehr Konkretes über das Leben meines Großvaters hätte schreiben können) endlich getan.
Hermann Wölpert beim Malen in seinem Atelier in Durlangen (Foto 1984, zur Kunst-Ausstellung in Waiblingen auch auf Austellungs-Prospekt abgedruckt) |
Dass man heute so wenig über Hermann Wölpert weiß, besagt nicht, dass er nicht hohe Wertschätzung in Kunstkreisen genossen hätte. Schließlich studierte er nach seiner Kaufmanns-Lehre (sein Geld hat Wölpert nie als Künstler verdient, auch wenn er im Laufe der Zeit das eine oder andere Bild zu eher niedrigen Preisen verkauft hat) als bereits 36-jähriger noch einmal, und zwar seine Herzens-Angelegenheit Kunstgeschichte. Sein Professor, mit dem ihm ein freundschaftliches Verhältnis verband (zwei Zeugnisse davon s.u.), war niemand Geringeres als der bekannte Willi Baumeister (Willi Baumeister – Wikipedia). Einmal zeigte er mir (natürlich auch meiner Mutter und meinen Geschwistern) eine Enzyklopädie über Kunstmaler, in der er aufgeführt war - leider ist es uns nicht gelungen, dieses Buch wieder zu finden, sonst hätte ich dies hier auch dokumentiert.
Studenten von Willi Baumeister im Sommersemester 1947 - an Nr. 21 finden wir Hermann Wölpert. |
Die zackige Unterschrift von Willi Baumeister am 24.12.1946 dankt meinem Großvater für die Lieferung eines Weihnachtsbaumes (!). Das Verhältnis muss offenbar mehr als ein normales Professor-Schüler-Verhältnis gewesen sein. Am "Lederberg" in Stuttgart wohnten die Wölperts noch lange Zeit. |
Passierschein-Gesuch für Hermann Wölpert, von Willi Baumeister unterzeichnet, am 4.8.1947. Was genau für ein Auftrag erfüllt werden sollte, ist leider nicht überliefert. |
1974 setzte sich Wölpert beruflich zur Ruhe und widmete sich (fast) nur noch der Malerei, er zog dazu (durchaus zum Leidwesen seiner Ehefrau, meiner Großmutter Lisbeth) von Waiblingen nach Durlangen (dort lebte schon damals Tochter Heidi mit ihrer Familie). In diese Zeit fiel auch seine Freundschaft mit dem Schwäbisch Gmünder Künstler und Bildhauer Eckhart Dietz, der ihn wiederholt in Durlangen besuchte und für die Ausstellung in Schwäbisch Gmünd 1988 die Einführungsrede hielt.
Eckhart Dietz: Eröffnungsrede zur Kunst-Austtellung von Hermann Wölpert am 5.6.1988 |
Postkarte von Eckhart Dietz an Hermann Wölpert, mit Skizzen aus dem Kopf von einem Besuch in Durlangen (Blick aus dem Fenster meines Großvaters). Es handelt sich um 2 Skizzen (2 Ausblicke), die nicht in Gänze eingescannt wurden. |
Mein Großvater malte sein ganzes Leben lang (bis ca. 10 Jahre vor seinem späten Tod) und hat sich dabei stets weiter entwickelt. Stunden- und tagelang tüftelte er in seinem Atelier in Durlangen (nur dort habe ich ihn dabei erlebt) an seinen Bildern, und oft hat er für meinen Geschmack toll aussehende Werke verworfen, um sie noch einmal von vorne zu beginnen. Das Licht einzufangen war dabei (so habe ich es zumindest verstanden) sein Haupt-Anliegen, und dies versuchte er in Landschaften, mit Gesteinsbildern und zuletzt in Stillleben mit Gläsern und anderen Alltags-Gegenständen.
Vor einigen Jahren sagte mir einmal eine Expertin für (moderne) Kunst sinngemäß, dass Kunst nur das sei, was eine politische oder gesellschaftskritische, über das Bild hinaus gehende Aussage treffe. Bilder wie die meines Großvaters (oder auch z.B. von Caspar David Friedrich u.a.) seien so gesehen nicht Kunst, sondern Kunst-Handwerk. Mein Vater sagte mir dagegen einmal, Kunst käme nicht von Können (wie immer sprichwörtlich gesagt), sondern von Künden, hätte also im Idealfall eine transzendente Dimension. Nun - ob das stimmt oder nicht, weiß ich nicht (vermutlich nicht, denn bei Recherchieren findet man eher andere Deutungen). Jedenfalls sind die Bilder von Herrmann Wölpert in diesem Sinne auf alle Fälle sehr hochwertige Kunst, denn was gibt es Transzendenteres als das Licht? (das weiß man nicht erst seit Jesus Christus und heute erst recht durch die Quantenphysik).
Da ich zugeben muss, von Kunst nur sehr wenig zu verstehen, versuche ich nicht, noch mehr zu sagen, sondern lasse (ganz unten) die Bilder selbst sprechen, die mein Freund Johannes Rodi (Schwäbisch Gmünd) dankenswerter Weise photographiert hat. Vorher ein paar Daten zum Leben von Herrmann Wölpert sowie einige weitere Dokumente, die meine Mutter noch zuhause aufbewahrt, die ein gewisses Licht auf Hermann Wölpert und sein Schaffen werfen.
Leben:
(nach Angaben meiner Mutter Heidi Krieglsteiner, geb. Wölpert)
24.12.1910 Geburt in Waiblingen, Sohn des Webermeisters Hermann Wölpert und
Anna Wölpert, geb. Nüssle
1916-1919 Volksschule Waiblingen
1919-1925 Latein- und Realschule, Mittlere Reife
1925-1929 Kaufmannslehre in Textil-, Teppich- und Einrichtungsbranche,
nebenher schon Malen als Passion, als Autodidakt
1929-1940 Anstellung in Teppich- und Möbelhäusern in Koblenz, Stuttgart und
zuletzt Freiburg i. Breisgau
1934 Hochzeit mit Lisbeth Illenberger
1937 Geburt von Tochter Heidi - heute Heidi Krieglsteiner
1940 Einzug zur Wehrmacht (damaliges Jugoslawien und Russland). U.a. Funker bei einer Panzereinheit in der Ukraine
1944 (Ende) Lazarett-Aufenthalt in Polen und anschließende Heimkehr nach
Deutschland, Innendienst
1945 (April - Juni) kurze amerikanische Kriegsgefangenschaft
1945 (April) Geburt von Tochter Irmgard - heute Irmgard Keppler
1946-1948 Studium (5 Semester) an der Akademie der Bildenden Künste in
Stuttgart bei Prof. Willi Baumeister, Malklasse
ab 1948 Mitglied im Verband bildender Künstler Württemberg
1948 Eintritt in die Papiergroßhandlung des Schwiegervaters Karl Wilhelm Illenberger
1974 Übersiedlung von Waiblingen nach Durlangen
(Ostalbkreis - Wohnort von Tochter Heidi Krieglsteiner mit Familie)
Mitgliedschaft im Schwäbisch Gmünder Kunstverein, Freundschaft mit
dem Bildhauer Eckhart Dietz
1976 Renten-Eintritt - von da an widmete er sich nun nur noch der Malerei,
der er vorher jede freie Minute gewidmet hat.
1987 Tod von Ehefrau Lisbeth
10.12.2008 Tod in Durlangen
Ausstellungen:
1972 Kunstgebäude Stuttgart
1981 Prediger in Schwäbisch Gmünd
1983 Empore-Galerie Schwabenlandhalle Fellbach
1984 Städtisches Museum Schwäbisch Gmünd
1984 Rathaus Waiblingen (8.7.-3.8.)
1988 Schwäbisch Gmünd, Prediger-Passage
2001 Schwäbisch Gmünd, Prediger-Passage
Text zur Ausstellung von Hermann Wölpert 1981 im Prediger in Schwäbisch Gmünd - geschrieben von meinem im Jahr 2001 verstorbenen Vater German J. Krieglsteiner |
Ausstellungs-Beteiligungen:
1969 Willi Baumeister-Schüler-Ausstellunge Werkkunstschule Wuppertal
1973 Waiblinger Künstlergruppe, Rathaus Waiblingen, Bonn, Heidenheim,
Schorndorf
Preisliste von Hermann Wölpert, Ausstellung im Rathaus Waiblingen von 8.7.-3.8.1984 |
Am Ende der Seite möchte ich noch ein paar weitere Dokumente und Zeitungs-Ausschnitte anfügen, die sich mit der Ausstellungs- und Mal-Tätigkeit meines Großvaters befassen. Besonders interessant zu lesen ist hierzu auch eine Selbst-Kritik von Hermann Wölpert mit seinem Wirken als Künstler - bleiben Sie also bitte bis zum Schluss dabei :-)
In der Folge nun also eine Auswahl der Bilder von Herrmann Wölpert, um sie für sich selbst sprechen zu lassen. Die Fotographien stammen wie schon erwähnt von Johannes Rodi (Schwäbisch Gmünd). Ich habe die Bilder chronologisch geordnet - die Jahreszahlen sind Schätzungen durch meine Mutter, exakte Terminierungen sind in vielen Fällen nicht mehr möglich. Viel Freude nun beim Ansehen der Bilder (alles Fotos von Öl-Gemälden).
Maiglöckchen - Herrmann Wölpert, 1947 |
Stuttgart, Geroksruhe (vermutlich Haus von Willi Baumeister) - Herrmann Wölpert, 1947 |
Herbstastern - Herrmann Wölpert (1950) |
Winterreise - Herrmann Wölpert (1953) |
(einziger) Kubistischer Versuch: LIebespaar im Wald - Herrmann Wölpert (1961) |
Tulpen - Herrmann Wölpert (1961) |
Schäferwagen auf der Schwäbischen Alb - Herrmann Wölpert (1962) |
Stillleben mit Krügen - Herrmann Wölpert (1963) |
Paeonien (Pfingstrosen) - Herrmann Wölpert (1964) |
Dreiteilige Wand - Herrmann Wölpert (1967) |
Steine im LIcht - Herrmann Wölpert (1966) |
Steine mit Baumeister-Motiven - Herrmann Wölpert (1967) |
Dorf in der Provence - Herrmann Wölpert (1968) |
Gehöft in der Provence, Rochefort - Herrmann Wölpert (1969) |
Pinie im Sturm - Herrmann Wölpert (1969) |
alter römischer Stufenweg - Herrman Wölpert (1975) |
Kinderzelt, Durlangen - Herrmann Wölpert (1976) |
Studie Dorfstraße Jagsthausen - Herrmann Wölpert (1977) |
Kornfeld - Herrmann Wölpert (1977) |
Mühlbach in Birkenlohe (b. Gschwend, Ostalbkreis) - Herrmann Wölpert, 1977 |
Azaleen vor Fenster - Herrmann Wölpert, 1980 |
Blütenbaum vor Gartenhaus - Herrmann Wölpert, 1981 |
Hayingen, Große Lauter (Schwäbische Alb) - Herrmann Wölpert, 1981 |
Steingrab geöffnet - Herrmann Wölpert (1981) |
Streuobstwiese bei Wackershofen (Schwäbisch Hall) - Herrmann Wölpert (1981) |
Hohlweg - Herrmann Wölpert (1982) |
Stillleben im Gegenlicht - Herrmann Wölpert (1982) |
Stillleben: Gläser mit Pfeife - Herrmann Wölpert (1983) |
Stillleben: Mischtöpfchen mit Lineal - Herrmann Wölpert (1983) |
Stillleben: Glas zwischen Flasche und Block - Herrmann Wölpert (1984) |
Stillleben: gedeckter Tisch vor Landschaft - Herrmann Wölpert (1985) |
Stillleben: Gläser vor Spiegel - Herrmann Wölpert (1985) |
Stillleben: Industriegläser - Herrmann Wölpert (1985) |
Stillleben Glas- und Keramikgruppe, Gefäß mit Korkdeckel - Herrmann Wölpert (1986) |
Stillleben: Krüge mit kleiner brauner Schale - Herrmann Wölpert (1986) |
Rosa Alpenveilchen - Herrmann Wölpert (1987) |
Stillleben mit Sitzgelegenheiten - Herrmann Wölpert (1988) |
ansteigender Acker - Herrmann Wölpert (1993) |
blühender Baum vor Wald im Frühling - Herrmann Wölpert (1994) |
Blütenbaum an Weidezaun - Herrmann Wölpert (1995) |
Rose angewelkt - Herrmann Wölpert (1995) |
Birnbaum an Hütte - Herrmann Wölpert (1998) - sein letztes Bild! |
Nun möchte ich noch ein paar weitere Dokumente und Zeitungs-Ausschnitte anfügen, die sich mit der Ausstellungs- und Mal-Tätigkeit meines Großvaters befassen (ganz unten).
Besonders interessant zu lesen ist auch eine Selbst-Kritik von Hermann Wölpert mit seinem Wirken als Künstler - mit dieser möchte ich beginnen. Danach eine nicht weniger als 8-seitige Einführung zur Kunst-Ausstellung von H. Wölpert in Waiblingen 1984, von Hans-Martin Maier.
vielleicht die interessanteste Charakterisierung des Schaffens von Hermann Wölpert - seine eigene Einschätzung! (ca. 1980) |
und nun Hans-Martin Maier zur Ausstellung in Waiblingen 1984
Hans-Martin Maier über den Kunstmaler Hermann Wölpert - zum Anlass der Kunst-Ausstellung von H. Wölpert in Waiblingen, Eröffnung 8.7.1984 |
... und nun noch ein paar Dokumente zu Ausstellungen in Schwäbisch Gmünd
Zeitungsausschnitt vom 10.8.1980: Maler Hermann Wölpert in seinem Atelier in Durlangen |
Zeitungsausschnitt aus dem Jahr 1988 zur Ausstellung in Schwäbisch Gmünd - im Foto rechts sehen Sie unter den Zuhörern Hermann Wölpert (2. Reihe 2.v. links, links neben ihm seine Ehefrau Lisbeth Wölpert geb. Illenberger) |
ein Zeitungstext über Hermann Wölpert zur Ausstellung im Prediger in Schwäbisch Gmünd 1988 |
ein Zeitungstext über Hermann Wölpert zur Ausstellung im Prediger in Schwäbisch Gmünd 1980 |
Postkarte des Kunstvereins Schwäbisch Gmünd, Vorderseite - anlässlich der Ausstellung im Sommer 2001 |
Ergänzung vom 1. März 2024:
Die Künstlerin Sylke-Alma Klopch (vgl. Sylke Alma Klopsch (sylke-alma-klopsch.de)) schrieb mich im Dezember 2023 an, weil sie meine Website über meinen Großvater entdeckt hatte. Sie kennt meinen Großvater und hat ihn zjsammen mit ihrem 2007 verstorbenen Lehrer Alfred Ross in den 1960er-Jahren besucht und mit ihm ein Bild getauscht. Sie besitzt deshalb eines der Bilder von Hermann Wölpert (s.u.) und meine Mutter Heidi Krieglsteiner erbte das Emaille-Bild von Sylke-Alma Klopisch, es hängt noch heute in ihrer Wohnung.
Gemälde von Herrmann Wölpert im Besitz von Sylke-Alma Klopsch - im Tausch gegen ein Emaille-Bild dieser Künstlerin (s.u.) |
Emaille-Bild von Sylke-Alma Klopsch im Besitz von Heidi Krieglsteiner - Tauschobjekt gegen das oben gezeigte Bild meines Großvaters |