Speisepilz - was ist das? - einige leicht kenntliche Arten für den Anfänger
Speisepilze sind Pilze, die man essen kann. So einfach ist es allerdings nicht und es gibt eine Menge Grauzonen zwischen Speise- und Giftpilzen. Mit diesen Grauzonen werden wir uns aber in einem eigenen Beitrag über Giftpilze beschäftigen. Wer bei mir Kurse macht, wird vermutlich schon meine scherzhafte Definition eines Speisepilzes kennen: "ein Giftpilz, dessen Wirkung noch nicht bekannt ist". Aber Spaß beiseite ... - auf dieser Site sollen ´nur einige wenige, leicht kenntliche Speisepilze dargestellt werden, um dem Neugierigen einen Anfang zu bieten. Ein ganzes Pilzbuch schreibe ich hier natürlich nicht :-)
Nicht nur die Grenze vom Speise- zum Giftpilz, auch die vom Speisepilz zum ungenießbaren Pilz ist mehr als fließend - dem einen schmeckt, was der andere eklig findet. Hierzu gleich als Beispiel die Marone oder der Maronen-Röhrling (Imleria badia, früher Xerocomus badius). Sie hat ein leckeres, besonderes Aroma, warum sie auch von vielen als wertvoller Speisepilz geschätzt wird (dass sie besonders radioaktiv belastet sein kann, steht auf einem anderen Blatt und wird hier demnächst in einem eigenen Beitrag behandelt). Erwischt man aber etwas ältere Fruchtkörper oder bereitet falsch zu, dann wird das Gericht von schleimiger Konsistenz - ich rede immer von "Mundschnecken". Auch andere Röhrlinge (z.B. Butterpilz u.a.) sind da prädestiniert und für mich persönlich sind diese Pilze eher ungenießbar. Man wird aber kein Pilzbuch finden, wo dies so drin steht ....
Maronenröhrling (Imleria badia - Foto L. Krieglsteiner aus dem Nationalpark Eifel) - Die Marone ist ein leicht kenntlicher Röhrling. Merkmale sind der kastanienbraune, bei normalem Wetter trockene bis feinfilzige Hut, der nur bei sehr feuchtem Wetter schmierig wird, der Stiel mit den gleichen kastanienbraunen Farben, die aber nur marmoriert mit Gelb vorliegen ("eingewachsen faserig") sowie die gelbe und dann grünliche Fruchtschicht, die auf Berührung blaut. Der Rest des Pilzes blaut nur schwach bis gar nicht - im Schnitt kommt es normalerweise nach einiger Zeit zu Blauverfärbungen, ein blaues Anlaufen (wie beim Hexenröhrling u.a.) findet aber nicht statt. Die Marone findet man auf sauren Böden - doch wie stellt man fest, ob ein saurer Boden ist? Dazu benötigt man eine Kenntnis der Zeigerpflanzen und Zeigermoose, die man bei einem Kurs bei Pilzschule Schwäbischer Wald erwerben kann.
... Eine Verwechslung der Marone ist kaum möglich - achtet man auf die oben genannten Merkmale, schon gar nicht mit giftigen Pilzen. Doch Vorsicht ... - dieser Satz hätte vielleicht gar nicht gesagt werden sollen, denn Verwechslungen kommen immer vor, auch dort, wo der Kenner dies gar nicht vermuten würde. In solchen Fällen sagt mein Kollege Dieter Honstraß immer, man könne den Pilz durchaus verwechseln: "mit dem Laternenmasten". Dieser etwas gewöhnungsbedürftige Witz hat seinen Kern Wahrheit, denn als Pilzberater erlebt man immer, dass auch anscheinend unverwechselbare Pilze miteinander verwechselt werden, wenn die profunde Kenntnis noch fehlt. Nun - wie auch immer: gut zu kennen sind auch Steinpilze (Boletus edulis i.w.S.), und sie gehören eben zu den begehrtesten Speisepilzen überhaupt. Ihr Aroma wird sehr geschätzt, auch wenn ältere Steinpilze auch zum Schleimigwerden neigen. Findet man ganz junge Fruchtkörper, empfiehlt sich vielleicht ein Steinpilz-Carpaccio? Aber die Möglichkeiten sind hier schier unbegrenzt - hierüber vielleicht bald in einem eigenen Beitrag über Pilz-Zubereitung? Wir werden sehen ....
Fichten-Steinpilz (Boletus edulis - i.e.S. - Foto K. Morschek) - Steinpilze sind nicht nur eine Art, sondern bestehen aus mehreren, auch für den Spezialisten nicht immer leicht unterscheidbaren Formen. Es ist also ein Unterschied, ob man vom Steinpilz im engen Sinn (Fichten-Steinpilz) oder von Steinpilzen im Ganzen (einschließlich Sommersteinpilz, Kiefernsteinpilz, Schwarzer Steinpilz u.a.) spricht. Steinpilze im Ganzen sind u.a. am hellen und feinen Stielnetz (im Foto oben gerade mal zu erahnen, heller als der bräunliche Stiel) sowie an den jung weißen Röhren, die beim Altern über gelblich (im Foto) nach grün verfärben. Dies liegt an der Farbe des Sporenpulvers (olivgrün-bräunlich) - je mehr Sporen reif sind, umso grüner das "Futter". Das heißt, je grüner das Futter, desto älter der Pilz und je weißer, desto frischer. Der bittere und ungenießbare Gallen-Röhrling (Tylopilus felleus) hat ebenfalls jung weiße, reif aber rosafarbene Röhren - dazu kommt dort ein grobes, bräunliches Stielnetz (dunkler auf hellem Grund). Den Gallen-Röhrling stellen wir hier auch bald einmal im Bild vor - in einer geplanten Rubrik "Doppelgänger von Speisepilzen". Aber zurück zum Steinpilz: oben haben wir nur über Merkmale des Steinpilzes im weiten Sinn gesprochen. Fichtensteinpilze (die auch unter anderen Bäumen wachsen) erkennt man an dem leicht glänzenden Hut mit lange weißlich bleibendem Hutrand - im Foto oben gut zu erkennen.
... Ein weiterer leckerer (wenn auch roh giftiger) Röhrling ist der Flockenstielige Hexenröhrling oder Schusterpilz (Neoboletus erythropus) - eine Darstellung zu diesem finden Sie z.B. hier. Der Steinpilz ist ein auch roh essbarer Pilz - ansonsten gilt immer: Pilze müssen (mit wenigen Ausnahmen) gut durcherhitzt werden, sonst sind sie unbekömmlich, auch gute Speisepilze sind dann giftig. Röhrlinge sind überhaupt gute Speisepilze für Anfänger. Woran das liegt? Es gibt nur sehr wenige giftige Arten, und diese sind nicht gefährlich giftig; dazu kommt, dass sie alle ziemlich selten sind. Der Anfänger kann hier also nicht so viel falsch machen, sich zumindest nicht allzu schlimm vergiften :-) - ... doch nun zu ganz anderen Pilzen mit einer anderen Hut-Unterseite: Stacheln! Pilze mit einer solchen Unterseite (für die besonders Interessierten: sowohl Röhren, Stacheln als auch die später dran kommenden Lamellen sind Strukturen zur Oberflächen-Vergrößerung - dazu da, um mehr Sporen auf mehr Fläche bilden zu können) gibt es nur relativ wenige - und einer von ihnen ist "Anfänger-Speisepilz Nr. 1": der Semmelstoppelpilz (Hydnum repandum i.w.S.) ...
Semmelstoppelpilz (Hydnum repandum i.e.S. - Foto L. Krieglsteiner bei Schwäbisch Gmünd) - Semmelstoppelpilze sind Anfänger-Speisepilz Nr. 1. Es gilt: haben Pilze Stacheln auf der Hut-Unterseite, gelblich- bis rötlichbraune Hutfarben sowie ein brüchiges, festes Fleisch, dann sind es essbare Stoppelpilze. Andere gestielte Fleisch- und Korkstachelinge sind alle selten und sehen ganz anders aus, sie sind außerdem alle nicht giftig, sondern höchstens ungenießbar. Einziges Problem beim Semmelstoppelpilz: wie die Marone (s.o.) reichert er aus der Umgebung radioaktive Substanzen (Caesium) an und ist so in manchen Gegenden, wo es nach Tschernobyl stärker geregnet hat (Bayerischer Wald, Alpenvorland), nun - sagen wir - nicht besonders gesund. Für viele Regionen Deutschlands dürfte das jedoch kein Thema mehr sein. Semmelstoppelpilze im engen Sinn (Foto!) haben Stacheln, die am Stiel herablaufen, beim Rotgelben Stoppelpilz (Hydnum rufescens) und seiner schwer zu unterscheidbaren Verwandtschaft ist das anders. Anfänger haben jedoch keine Verpflichtung, diese Arten unterscheiden zu können :-) - Noch ein Tipp hier zum Schluss: Semmelstoppelpilze können wegen ihres festen Fleisches recht alt werden und mehrere Wochen im Wald herumstehen, man sieht ihnen ihr Alter (und damit die Tendenz, bitteres und verdorbenes Fleisch zu entwickeln) nicht an - außer durch eines: sind die Stacheln ganz kurz, sind auch die Pilze jung und knackig; sind die Stacheln lang (mehrere mm), dann würde ich die Semmelstoppelpilze stehen lassen.
Wir machen weiter mit dem Anfängerspeisepilz Nr. 2, dem Reizker - oder sagen wir gleich mal (denn auch hier gibt es verschiedene Arten) - dem Edelreizker (Lactarius deliciosus) und seiner Verwandtschaft. Dieser gehört zu den Lamellenpilzen, die sehr arten- und formenreich sind und zu denen sehr viele auch giftige Pilzarten gehören. Als Lamellen (auch Blätter genannt) bezeichnet man radial vom Stiel zum Hutrand verlaufende, flache Strukturen, die wie Zahnräder auf der Hutunterseite aussehen. Bei den Lamellenpilzen gibt es allerdings zwei größere Gruppen, und der Reizker gehört zu der kleineren von beiden, den Sprödblätterpilzen. Diese haben ein brüchiges Fleisch, weshalb Hut und Stiel brüchig sind, die Lamellen beim Darüberstreichen absplittern. Neben Täublingen (ohne Milch) gehören hierzu die Gattung der Milchlinge, die bei Verletzung einen Milchsaft absondern. Heimische Sprödblätterpilze (nicht die Faserblätterpilze, s.u.!) sind nie gefährlich giftig, sondern entweder durch ihre Schärfe magenreizend (z.B. "Speitäubling") oder, falls sie mild schmecken, essbar.
Edelreizker (Lactarius deliciosus - Foto L. Krieglsteiner aus der Algarve, Portugal) - ... Kurz gesagt: wenn bei einem Pilz (der nicht winzig klein und dünnstielig ist) bei Verletzung aus Fleisch und vor allem Lamellen ein orange bis karottenrot gefärbter Milchsaft austritt, dann handelt es sich um einen Reizker (auch "doppelt gemoppelt" Blutreizker genannt) - und dann ist dieser Pilz essbar. Reizker schmecken vor allem gut (man könnte auch sagen hervorragend), wenn man sie in der Pfanne "cross" anbrät; sie sind eher verschenkt bis gar kontraproduktiv eingesetzt, wenn man sie als Mischpilz in ein Pilzgemüse steckt. Es gibt verschiedene Arten von Reizkern, die auch verschieden aussehen - sie zu unterscheiden erfordert jedoch eine genauere Kenntnis, die durchaus auch für den Speisepilzsucher interessant ist, denn essbar und mehr oder weniger wohlschmeckend sind zwar alle Arten, sie schmecken aber durchaus nicht gleich. Der Edelreizker (Lactarius deliciosus, Foto) ist durch Gruben (etwas eingesenkte dunklere Flecken) am Stiel gekennzeichnet, ebenso duch die Eigenschaft des Pilzes, im Alter kaum oder keine grünen Verfärbungen zu bekommen. Bei uns gibt es 5 (manche Spezialisten sagen auch bis zu 7) verschiedene Reizker-Arten, von denen eine bei Fichten, eine bei Tannen und die weiteren bei Kiefern vorkommen - auch der Edelreizker wächst bei Kiefern. Der Fichtenreizker z.B., der in vielen Regionen die häufigste Art ist, hat keine Gruben am Stiel, die Pilze verfärben rasch - zunächst in Flecken, dann manchmal ganz - nach grün um; der Tannenreizker (auch Lachsreizker, Lactarius salmonicolor), der im Mittelgebirge (häufig z.B. im Schwäbischen Wald oder im Schwarzwald) zu Hause ist, hat wiederum Gruben am Stiel und färbt kaum grün wie der Edelreizker, hat aber viel blassere Farben im Vergleich zu diesem und kaum eine Hutzonierung. Die Untescheidung der verschiedenen Arten von Kiefernreizkern überfordert manchmal sogar die Spezialisten. Nun ja ... -
Wir machen weiter mit Lamellenpilzen - der nächste Vertreter gehört allerdings nun zur großen Gruppe der Faserblätterpilze. Diesen allen gemeinsam ist, dass ihr Fleisch in Hut und vor allem im Stiel aus Fasern aufgebaut sind, sie lassen sich oft gar nicht, zumindest aber nicht vollständig auseinanderbrechen, ohne wenigstens zum Schluss aufzufasern. Wenn wir uns mit Faserblätterpilzen beschäftigen, müssen wir auch Strukturen erklären, wie sie den Sprödblätterpilzen vollkommen fehlen, bei Faserblätterpilzen aber in manchen Gruppen (nicht überall) vorkommen. Ich spreche vom Velum oder auf Deutsch von Hüllen. Es gibt zwei von ihnen - die Gesamthülle (Universalvelum) werden wir aber erst beim übernächsten Pilz besprechen (Perlpilz, s.u.). Zunächst reden wir von Teilhüllen (Partialvelum) - und dort, wo dieses deutlich und häutig ausgebildet ist, hinterlässt es nach dem Abflachen der Hüte einen Ring (auch Manschette) am Stiel. So auch beim sehr populären Parasol (Macrolepiota procera i.w.S.) ... - ach ja: wer weiß, was der Name Parasol bedeutet? Es ist ganz einfach: spanisch "para sol" heißt "für die Sonne" oder einfach Sonnenschirm :-)
Parasol oder Großer Riesenschirmling (Macrolepiota procera - Foto K. Reinwald) - Der Parasol gehört zu den größten Pilzen und ist deshalb auch vielen bekannt. Es gibt allerdings durchaus problematische Verwechslungs-Möglichkeiten. Achtet man aber auf den genatterten Stiel (im Bild linker Fruchtkörper: wie bei einer Schlange zwischen hell und dunkel gesprenkelt), dann ist alles klar. Riesenschirmlinge, zu denen der Parasol gehört, sind die einzigen (größeren) Pilze mit (nach etwas Nachhelfen) unversehrt frei am Stiel beweglichem Ring. Junge Fruchtkörper, bei denen die Teilhülle noch gespannt ist, werden auch treffend als Paukenschlegel bezeichnet (im Bild vorne). Der Parasol hat im Übrigen noch mehr "Alleinstellungsmerkmale", ein für uns besonders interessantes ist sein Lamellen-Ansatz:
Parasol (Macrolepiota procera i.w.S. - Foto L. Krieglsteiner aus Portugal, Algarve, bei Monchique) - Hier handelt es sich zunächst um einen sogenannten Freiblättler - ein sehr wichtiges Merkmal bei Faserblätterpilzen. Die Lamellen erreichen den Stiel nicht - man kann ein bisschen vom Hutfleisch durch-sehen, wenn man den Pilz von unten betrachtet. Freiblättler werden wir gleich noch mehr besprechen (Perlpilz und Champignon, s.u.), aber der Parasol ist ein besonderer Freiblättler, denn er hat ein sogenanntes Collar (Halsband) - eine Struktur, die alle Lamellen vor dem Stiel miteinander verbindet. Ein solches Collar tritt ansonsten eigentlich nur noch bei sehr kleinen Lamellenpilzen auf (Halsbandschwindling und seine Verwandtschaft, Marasmius rotula u.a.).
Parasole bereitet man am Besten wie ein Schnitzel in der Pfanne zu - mit oder ohne Panade. Man sollte aber darauf achten, nicht zu viel Fett zu verwenden und die Pilze wirklich durchzugaren, sonst kann man leicht Bauchweh bekommen (schwer verdaulich!). Trotzdem: ein Gedicht und absolut empfehlenswert!
Doch nun zur nächsten Pilzart, dem Perlpilz (Amanita rubescens) und zur Einführung der Gesamthülle (Universalvelum). Manche Pilze haben nicht nur eine Teilhülle (die im typischen Falle nach Aufschirmen einen Ring bildet), sondern auch eine Gesamthülle, d.h. eine Struktur, die bei Jugendstadien den ganzen Pilz bedeckt und von der Reste in der Regel auch noch bei ausgewachsenen Pilzen zu beobachten sind. Jeder von Ihnen kennt den Fliegenpilz - junge Fruchtkörper zeigen noch keinerlei Rot, sondern sind vollständig von warzig-schuppigen weißen Schichten bedeckt. Der Fliegenpilz gehört wie der Perlpilz, den wir gleich vorstellen, zur Gattung der Wulstlinge oder Knollenblätterpilze, zu der auch sehr giftige Pilzarten zählen und die (hoffentlich bald) auf der Rubrik "Giftpilze" auf dieser Seite beschrieben werden. Alle Wulstlinge haben eine Gesamthülle und eine Teilhülle (Ring), freie Lamellen und ein weißes Sporenpulver - d.h. ihre Lamellen ändern ihre Farbe bei Reife nicht, im Gegensatz zu vielen anderen Pilzen (z.B. Champignon, s.u.). ...
Perlpilz (Amanita rubescens - Foto L. Krieglsteiner aus dem Schwäbischen Wald n. Schwäbisch Gmünd, Baden-Württemberg ö. Stuttgart) - Der Perlpilz heißt auch Rötender Wulstling - und das nicht ohne Grund, ist er doch der einzige Vertreter seiner Gattung, bei dem nicht nur der ganze Pilz, sondern auch Fraßstellen und Verletzungen langsam rötlich verfärben. Die Gesamthülle ist in Form von kleinen, warzigen, abwaschbaren Warzen ausgebildet und kann bei alten Pilzen, die länger im Regen gestanden haben, auf dem Hut vollkommen verschwunden sein. Ein weiteres Merkmal, das auf dem Bild oben nicht zu erkennen ist, ist der fein gestreifte Ring. Diese Merkmale sollte man beachten und nachvollziehen, wenn man den Perlpilz sicher bestimmen und somit vom giftigen Pantherpilz unterscheiden möchte - ein zunächst schwierig wirkendes, aber bald schon leichtes Unterfangen. Hören Sie hierzu mehr hier! Perlpilze sind häufig in Laub- und Nadelwäldern vor allem über sauren Böden zu finden. Ein Problem ist, dass der Perlpilz nicht nur Menschen, sondern auch Tieren - ich spreche von "Maden" oder "Würmern", was natürlich Insekten-Larven sind (Fliegen, Mücken) - gut schmeckt; und so kann es sein, dass man zwar viele Perlpilze findet, aber trotzdem nur wenig für die Pfanne zusammen bekommt. Noch ein Warnhinweis: der Perlpilz ist roh giftig!
Der nächste Pilz, den wir vostellen, war früher einmal ziemlich häufig (als Kind und Jugendlicher haben wir ihn in den Sommerferien oft täglich in großen Mengen gesammelt), heute aber ziemlich selten geworden. Er wächst vorzugsweise auf Rinder- und Pferdeweiden, also auf solchen Wiesen, wo natürlicher Dünger reichlich vorhanden ist. Heutzutage werden die Tiere oft ganzjährig im Stall gehalten - und auf die Felder kommt stattdessen Gülle, was sich nicht nur auf die Pilze und Pflanzen auf den Wiesen selbst, sondern auch in den angrenzenden Wäldern und anderen Lebensräumen verheerend auswirkt. Lesen Sie hierzu auch ein paar grundsätzliche Gedanken auf der Startseite unten. Nun - hier wollen wir aber Pilze kennen lernen und Merkmale üben, und so beende ich mein Statement zur Düngung schon wieder :-) - nun: es geht um Champignons und speziell um den Wiesenchampignon oder Wiesenegerling (Agaricus campestris). Champignons, das denken Sie, sind auf alle Fälle essbare Pilze, aber da liegen Sie leider falsch, denn es gibt auch giftige Arten in dieser Gattung. Wie man den Gift-Champignon oder Karbolegerling (Agaricus xanthoderma i.w.S.) bestimmen und vermeiden kann, erfahren Sie gleich. Zunächst einmal: wie erkennen wir überhaupt, ob ein Pilz eine von ca. 50 Arten der Gattung Champignon ist? ...
Wiesen-Champignon (Agaricus campestris - Foto L. Krieglsteiner aus dem Schwäbischen Wald bei Alfdorf) - Das Foto zeigt die wichtigsten Merkmale: Champignons sind Freiblättler mit jung rosa (oder zumindest rosalich) gefärbten Lamellen - beim Wiesenchampignon (und auch beim Giftchampignon!) sind sie wirklich schön appetitlich rosa. Auch die gekauften Champignons (Kulturchampignon oder Zweisporiger Egerling, "button mushroom" Agaricus bisporus) haben jung rosa Lamellen - wie sehen sie oft beim Kauf aus? Schauen Sie sich hierzu auch das nächste Foto auf dieser Seite mit seinem zugehörigen Text an (s.u.) ... - Champignons haben eine Teilhülle, die einen Ring ergibt - allerdings ist dieser beim Wiesenchampignon sehr schlampig und flüchtig - und so oft schon bei jungen Fruchtkörpern nur noch zu erahnen. Der Wiesen-Champigon gehört zu den Champignons ohne Anisgeruch (angenehm pilzig) und ohne deutliches Gilben des Fleisches, im Gegenteil rötet er leicht, was aber auch wenig auffällt, das Fleisch verändert die Farbe nicht schnell und nicht sehr deutlich. Ach ja: der Giftchampignon (Karbolegerling): dieser gilbt sehr stark, läuft bei Kratzen auf der Haut, besonders stark an der Stielbasis, chromgelb an. Dazu kommt ein zunächst fehlender Geruch, beim Altern und speziell beim Kochen entwickelt sich ein unangenehm tintenartiger Geruch. Der Karbolchampignon ist magen-darm-giftig, aber nicht wirklich gefährlich. Andere gilbende Champignons riechen meist nach Anis und sind dann essbar - ... nicht ganz so einfach, wie Sie sehen :-)
Wiesenchampignon (Agaricus campestris - Foto L. Krieglsteiner aus dem Schwäbischen Wald bei Althütte) - ... vergleichen Sie bitte die Farbe der Lamellen hier mit der auf dem vorigen Bild - und Sie stellen fest, dass aus rosa Lamellen schokoladenbraune, nahezu schwarze geworden sind. Das liegt an der Sporenpulverfarbe der Champignons, die dunkel schokoladenbraun ist. Kommen wir also noch einmal auf die Kulturchampignons im Supermarkt zurück. Haben diese die Lamellenfarbe vom ersten (nun ja, ein wenig mehr graurosa ist sie bei Agaricus bisporus ..) oder vom zweiten Bild? Daran können Sie ihre Kaufentscheidung ausrichten :-)
Mehrfach habe ich schon von der Sporenpulverfarbe gesprochen und von der Tatsache, dass wir diese indirekt erschließen können, wenn wir die Lamellenfarbe oder Röhrenfarbe älterer Pilze mit der jüngerer Pilze vergleichen. Die Sporenpulverfarbe ist ein sehr wichtiges Merkmal, wenn wir Pilze bestimmen und somit sicher verspeisen wollen. Aber wie gewinnt man Sporenpulver direkt?
Wiesenchampignon (Agaricus campestris): Sporenpulver (Foto L. Krieglsteiner) -
Bei größeren, fleischigen Pilzen ist dies ganz einfach (Voraussetzung: die Pilze sind nicht zu jung, nicht zu alt und nicht schon angetrocknet): man trennt die Hüte vom Stiel und legt sie auf ein Blatt Papier (oder Glas oder eine andere flache Oberfläche). Und dann wartet man einige Stunden, am Besten über Nacht. Bei den Pilzkursen und Pilzseminaren von Pilzschule Schwäbischer Wald wird das regelmäßig praktiziert und so können immer am zweiten Tag verschiedene Sporenpulverfarben von Pilzen verglichen werden :-)
Der nächste Pilz hat einiges mit dem Champignon gemeinsam - und neue Erkenntnisse der DNA-Forschung haben ergeben, dass er mit den Champignons auch nahe verwandt ist - der Schopftintling oder Spargelpilz (Coprinus comatus). Den Zweitnamen verdankt er der Tatsache, dass er in jungem Zustand ein hervorragender Speisepilz ist, der ähnlich wie Spargel zubereitet wird und auch im Geschmack an Spargel zumindest erinnert. Junge Fruchtkörper mit geschlossenen Hüten sind es, die wir suchen, denn sie haben noch rein weiße Lamellen und sind deshalb noch ganz frisch. Der Hut ist mit dem Stiel durch eine Teilhülle verbunden, die später einen flüchtigen Ring ergibt. Das schuppige Aussehen ist recht charakteristisch und so gehört der Schopftintling zu den Arten, die von Anfängern bald sicher bestimmt und dann eben gesammelt und gegessen werden können.
Schopftintling (Coprinus comatus - Foto H. Magdanz im Schwäbischen Wald bei Spraitbach) - junge Fruchtkörper sind es, die gegessen werden können. Denn bald beginnt der Pilz, sich selbst zu zersetzen und am Ende macht er seinem Namen Ehre. Im nächsten Foto können wir sehen, wie der Schopftintling zunächst von den Rändern her rosa Lamellen bekommt, und im Zuge der Sporenreifung löst sich der ganze Pilz selbst in eine tintenartige Flüssigkeit auf. Warum tintenartig schwarz? Nun: Sie erraten es vermutlich selbst schon - das Sporenpulver der Tintlinge ist ähnlich dem der Champginons sehr dunkel, eben (nahezu) schwarz gefärbt. Man kann sich vorstellen, dass ein Pilz, der im Zuge der Sporenreifung sein Gewebe selbst auflösen muss ("Autolyse"), eben nur gegessen werden sollte, solange noch keine oder fast keine Sporen ausgereift sind, die Lamellen eben noch weiß sind (s.o.) ...
Schopftintling (Coprinus comatus - Foto L. Krieglsteiner aus Kärnten, Österreich) - beachten Sie den teils vorhandenen, teils abgefallenen Ring am Stiel, das hohle Fleisch, die jung weißen, dann rosa und schließlich schwarz verfärbten Lamellen. Nur komplett weiße Pilze dürfen gegessen werden!
... Im Verlauf unseres kleinen (und natürlich ganz unvollständigen) Streifzuges durch heimische Speisepilze verweilen wir schon eine ganze Weile (ab dem Parasol) bei den Faserblätterpilzen. Dabei haben wir schon Vertreter mit freien Lamellen (bisher alle!), mit weißem (Parasol, Perlpilz) und sehr dunklem (Champignon, Tintling) Sporenpulver sowie mit Teilhülle (Parasol, Champigon, Tintling) bzw. mit Teil- und Gesamthülle (Perlpilz) kennen gelernt. Der nächste Speisepilz ist zunächst der letzte vorgestellte Faserblätterpilz - und er ist der erste mit angewachsenen, in diesem Fall sogar am Stiel herablaufenden Lamellen. Es ist der Mönchskopf (Clitocybe geotropa), ein Vertreter der sonst schwierigen Gattung der Trichterlinge. Er gehört zu den sehr guten Speisepilzen, hat ein festes Fleisch mit angenehmem Aroma. Wie ist er zu erkennen? ...
Möchskopf (Clitocybe geotropa - Foto W. Schößler aus Hessen) - Das Foto zeigt relativ junge und auch relativ kleine Fruchtkörper - ausgewachsen zählt der Mönchskopf zu den größeren Pilzen unserer Heimat. Der insgesamt hell cremefarbene Pilz mit herablaufenden Lamellen ist vor allem an seinem (meist) in der Hutmitte auffälligen Hutbuckel gut zu erkennen. Mönchsköpfe findet man in Laubwäldern auf basenreichem (oft kalkhaltigem) Untergrund, unter Buchen, aber auch unter Ahorn und Eschen an oft etwas feuchten und nährstoffreichen Standorten. Hat man eine Stelle gefunden, reicht es oft für eine üppige leckere Mahlzeit. ...
Wir kommen nun zu einem Pilz, den Anfänger auch unter den Lamellenpilzen einordnen würden, denn auf seiner Hutunterseite sind ebenfalls radspeichenartige Radialstrukturen, die man für Lamellen halten könnte. Im Gegensatz zu den von oben bis unten meist gleich dicken, vom Hutuntergrund gut abgesetzten Lamellen haben die Leisten des Pfifferlings (Cantharellus cibarius i.w.S.) jedoch keine klare Grenze zur Hut-Unterseite und verbreitern sich zu dieser hin deutlich. Pfifferlinge sind in vielen Gegenden recht selten geworden - auch hier liegt dies neben anderen Faktoren vor allem an der Stickstoffbelastung (Überdüngung) in Flur und auch Wald. Aus einem ehemaligen Massenpilz ("keinen Pfifferling wert") ist ein Pilz geworden, den man in großen Mengen aus Osteuropa (wo es noch ausgedehnte, nährstoffarme Waldgebiete gibt) einführen muss. Der Pfifferling gehört zu den besten Speisepilzen unserer Heimat und hat einen vorzüglichen Geschmack, der besonders gut in einer Sahnesauce zum Ausdruck kommt. Neben einem ausgeprägt schärflich-aprikosenartigen Geruch (unverkennbar) hat er auch roh (ja, der Pfifferling kann roh gegessen werden - gebrutzelt ist er aber deutlich besser) einen deutlich scharfen Geschmack (Pfifferling kommt von Pfefferling!). ...
Echter Pfifferling (Cantharellus cibarius i.e.S. - Foto L. Krieglsteiner aus dem Schwäbischen Wald bei Alfdorf) - ... ja, auch vom Pfifferling gibt es verschiedene Varianten, die von den Wissenschaftlern unterschieden werden, z.B. jung fast weißhütige aus Buchenwäldern (Blasser Pfifferling Cantharellus subpruinosus) oder solche mit violetten Schuppen auf dem jungen Hut (Amethystpfifferling Cantharellus amethysteus) - gerade letzterer ist im Schwäbischen Wald die häufigste und am wenigsten empfindliche, also zurückgehende Variante. Welchen Pfifferling genau Sie braten, macht keinen wirklichen Unterschied; auch Gourmets werden kaum einen Unterschied bemerken können. Zurück zu den Merkmalen: die Leisten des Pfifferlings sind regelmäßig gegabelt (Foto!), bei älteren Pilzen auch ganz unregelmäßig aderig verbunden. Im Gegensatz zum (ungiftigen, wenn auch zähen) Falschen Pfifferling hat der Echte Pfifferling ein wasserhaltiges, festes Fleisch. ...
Einen haben wir noch - und es gäbe noch viele vorzustellen, aber dies würde doch den Rahmen hier etwas sprengen. Pilzschule Schwäbischer Wald plant mittelfristig sowieso, ein populäres Pilzbuch in etwa im Stil dieser Site herauszubringen. Alle bisher vorgestellten Pilze haben nicht nur einen Hut, sondern auch einen Stiel - dieser fehlt dem Nächsten und Letzten: dem Schwefelporling (Laetiporus sulphureus). Hier handelt es sich um einen seitlich angewachsenen, vielhütig-konsolenartig an stehenden Laubbäumen ansitzenden Pilz, der in ganz jungem Zustand ein hervorragender Speisepilz ist - in Amerika wird er "chicken of the woods" genannt, wegen seines hähnchenfleisch-ähnlichen Geschmackes. Erwischt man aber etwas zu alte, zu große Pilze, dann entwickelt das Fleisch zähe Fasern und der Pilz wird leider rasch ungenießbar. Also: früh finden und ernten, wenn die Pilze noch voller Wasser und ohne Fasern sind.
Schwefelporling (Laetiporus sulphureus - Foto E. Kajan) - ... - ältere Fruchtkörper verlieren immer mehr an Farbe, bis sie schließlich komplett weiß sind. Oft findet man neben alten Laubbäumen weiße, undefinierbare, bröselige Klumpen - dies sind die alten Reste der einst so farbenprächtigen Schwefelporlinge. Noch einmal: nur junge Pilze verwenden - diese sind so gut wie unverwechselbar. Nun ja - ich weiß: der Laternenmasten. Oder der tödlich giftige Zimtfarbene Weichporling (Hapalopilus rutilans - diesen werde ich bald einmal auf dieser Site vorstellen) - aber den mit Schwefelporlingen zu verwechseln, ist schon eine recht hohe Kunst :-)
Hier beenden wir also die kurze Darstellung einiger weniger guter Speisepilze unserer Heimat. Ich verweise noch auf die Extra-Darstellung der Morcheln und Trüffeln in eigenen Beiträgen auf dieser Seite. Auch unter den Pilzen des Monats sind mit Judasohr und Samtfußrübling (Enoki) leicht kenntliche, gute Speisepilze bereits dargestellt worden, dazu kommen mit Olivgestiefeltem Schneckling, Ringlosem Hallimasch und Schlehenrötling Arten, die zu sammeln erst eine gewisse Kenntnis und auch ein gewisses Findergeschick erfordern.