Pilz des Monats August 2024: Grünerlen-Hellspor-Schleimtrüffel (Alpova diplophloeus)
Der heute vorgestellte Pilz des Monats ist vermutlich keine große Rarität, hat aber (zumindest typischer Weise) ein eng umgrenztes Wuchsgebiet, nämlich hochmontan-subalpine Grünerlengebüsche. Die buschförmig wachsende Grünerle (Alnus alnobetula, vormals besser unter A. viridis bekannt) hat einige ganz eigenstöndige Mykorrhizapilze, von denen ich einen erstmals auf der diesjährigen Exkursionsfahrt finden konnte: Alpova diplophloeus, die „Kleinsporige Schleimtrüffel“, wie sie im Netz fast allein auf deutsch bezeichnet gefunden wird. Allgemein fällt auf, dass es nicht allzu viele Internet-Verweise zu A. diplophloeus gibt.
Erstmals gezeigt wurden mir persönlich subalpine Grünerlen-Pilze von Pierre-Arthur Moreau (Universität F-Lille, vgl. z.B. (18) Pierre-Arthur Moreau (researchgate.net)) in CH-Graubünden (Umgebung von Albula), wo ich Anfang September im Jahr 2004 an einem Kurs der ETH-Zürich teilnahm, in der damals aktuellen Hoffnung, eine Anstellung an der ETH bekommen zu können. Das hat nicht geklappt und es war vermutlich gut so – jemand mit Acquise-Erfahrung und Auslands-Stipendien wurde bevorzugt, unabhängig von der Pilzkenntnis. Jedenfalls war auch Pierre-Arthur da, denn er hatte die Stelle vorher und war dabei, nach Frankreich zu wechseln – und so war ihm an einer guten Nachfolge in seinem Sinne gelegen (an ihm lag die Entscheidung auch sicher nicht, und auch nicht an Prof. Horak, der zwar nicht beim Kurs dabei war, den ich aber vorher beim Vorstellungsgespräch in Zürich kennen gelernt hatte). Mit Pierre-Arthur, den ich schon seit den 1990er-Jahren, seit einem Myxo-Treffen in den französischen Savoyen (hier schließt sich der Kreis durch den aktuellen Fund) kennen gelernt hatte, kam ich schon damals sehr gut aus und in Graubünden zeigte Pierre-Arthur großen Einsatz und zog nach einem längeren Exkursiontag in andere Habitate noch eben in einigen Minuten die wichtigsten Grünerlenpilze aus einem Gebüschstück, darunter auch die Milchlinge L. lepidotus („Grauer Gebirgsmilchling“) und L. alpinus („Oranger Gebirgsmilchling“), die ich bis heute nicht wieder fand (so oft bin ich auch wirklich nicht in Grünerlenbeständen – eine Tatsache, die ich durchaus gerne ändern werde), und eben auch Alpova diplophloeus.
Alpova diplophloeus ist an seinen Standorten eigentlich kaum zu verwechseln. Sehr seltene Funde bei anderen Erlen-Arten im Flachland soll es geben (vgl. z.B. (vgl. Montecchi & Sarasini 2000: Funghi Ipogei d`Europa), mir ist so etwas nie in die Quere gekommen. Neben der Bindung an die (Grün)-Erle sind tatsächlich recht kleine Sporen (meine entsprachen den meist gefundenen Werten eher am unteren Rand) art-charakteristisch. Zwar gibt es mit A. microsporus eine weitere kleinsporige Art, die jedoch (vgl. Montecchi & Sarasini 2000) nicht bei Erlen vorkommt und einen anderen Peridien-Aufbau hat (das habe ich allerdings nicht überprüft).
Grünerlen-Hellspor-Schleimtrüffel (Alpova diplophloeus) am 13.07.2024 am Col du Glandon (Frankreich, Savoyer Alpen unweit Saint Jean d`Arves), 1774 m NN, GPS: N45°14'33.49" E6°10'10.80", in subalpinem Grünerlen-Gebüsch im nassen Schlamm an der Basis von/unter Grünerle (Alnus alnobetula, vormals besser bekannt als A. viridis), 3 Frk., leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Katharina Krieglsteiner (3 x unten rechs) sowie Lothar Krieglsteiner. Beachten Sie die Glebakammern mit olivfarbig gefülltem Sporenmasse-Material. Die frisch gesammelten, nassen Fruchtkörper (o.l.) wirken innen heller, aber auch verschwommener als die etwas angetrockneten bei den Studio-Fotos u.M. |
Alpova wird nun als Hellspor-Schleimtrüffel bezeichnet, und in der Tat steht die Gattung den „normalen“ Schleimtrüffeln (Melanogaster, die also zu Dunkelspor-Schleimtrüffeln werden müssen) recht nahe, beide gehören in Familie Paxillaceae (Boletales) – eine Tatsache, die kaum verwundern kann eingedenk der Tatsache, dass es unter Alnus auch eine besondere Vielfalt an Paxillus-Arten und noch den Erlengrübling (Gyrodon, ebenfalls Paxillaceae) gibt. Wie Melanogaster hat auch Alpova verschleimende Gleba-Kammern, im Gegensatz zu den etwas entfernter verwandten Wurzeltrüffeln (Rhizopogon, U.O. Suillineae, Boletales). Ein weiteres interessantes Detail, das man an einem meiner Fotos gut sehen kann, ist die Sterigmenzahl pro Ständer. Zwar ging es mir auch wie anderen Autoren (vgl. z.B. Gross, G. 1980: Über einige Alpova-Funden in den bayerischen Alpen. Z. Mykol. 46(1): 21-26), dass man von den Basidien in den verschleimten Kammern nicht mehr viel zu sehen bekommt, der gleiche Autor ist allerdings der einzige, bei dem ich diesbezüglich fündig wurde, nachdem ich in meinen Präparaten nach leichtem Quetschen zwar überall verstreute Sporen, teils aber noch Oktaden oder Dodekaden (also Ansammlungen von 8 oder 12 Sporen in einer Lage, die auf ein gemeinsames Siltzen auf einem Ständer hinweisen – und eben nicht was man sonst bei anderen Ständerpilzen meist findet Tetraden aus 4 Sporen). Auch Gross schreibt von meist (4)-8-(12) Sporen pro Basidie.
Grünerlen-Hellspor-Schleimtrüffel (Alpova diplophloeus) am 13.07.2024 am Col du Glandon (Frankreich, Savoyer Alpen unweit Saint Jean d`Arves), 1774 m NN, GPS: N45°14'33.49" E6°10'10.80", in subalpinem Grünerlen-Gebüsch im nassen Schlamm an der Basis von/unter Grünerle (Alnus alnobetula, vormals besser bekannt als A. viridis), 3 Frk., leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Katharina Krieglsteiner (3 x unten rechs) sowie Lothar Krieglsteiner. - Beachten Sie die kleinen, im durchfallenden Licht doch recht hellen Sporen. Im Gegensatz zu Melanogaster (Dunkelspor-Schleimtrüffel) weisen sie keinen durch Sterigmen-Reste gebildeten Appendix auf. Beachten Sie unten rechts im Teil-Foto die Anordnungen der Sporen zu Oktaden (u. Dodekaden) aus 8 (12) Sporen pro Ständer. |
Grünerlengebüsche sind nicht überall leicht zugänglich, und so fand ich auf der diesjährigen Tour überhaupt nicht sehr oft diesen Standort-Typ vor, und bei den wenigen Ausnahmen waren oft nur wenige schwierige Zugänge möglich. Grünerlengebüsche liegen oft an steilen, auch steinigen, dabei einigermaßen wasserzügigen Standorten auf meist basenreichem Boden. Die Triebe der sich von Grund auf buschig verzweigenden Stämme breiten sich bodennah aus („legföhrenartiger Wuchs“, vgl. z.B wikipedia) und bilden ein teils nur schwer zu durchquerendes Gestrüpp. Ein Grund sicher für viele, diese Standorte als Pilzgrund zu meiden. Alpova diplophloeus wuchs in einem straßennahen Grünerlen-Gebüsch in den Savoyer Alpen (Frankreich, unweit Saint Jean d´Arves). Von einem steinig abrieselnden Quellbach konnte ich mit steilen Schritten Zugang zu einer flacheren, steinigen und gleichzeitig schlammig-nassen Partie Grünerlengebüsch finden. Die drei Fruchtkörper wuchsen nahe an einer Ansatz-Stelle neuer Grünerlen-Triebe zum Boden und waren am exakten Fundort nicht photographierbar – ich erreichte diesen, nachdem mein „Scanner“ vom Boden aus angeschlagen hatte, also die Stelle mit den Pilzen, nur mit einem etwas akrobatischen Manöver, da zur Entnahme auch Zweige zur Seite gebogen werden mussten und der Standort wie gesagt schlammig nass war. Sobald geborgen, photographierte ich die Pilze in der Umgebung, und zu „Hause“ in unserer Unterkunft noch einmal. Zweifel hatte ich zu keinem Zeitpunkt an meiner Vermutung, Alpova diplophloeus gefunden zu haben, und die Art ist an ihrem Standort auch kaum zu verwechseln. Für mich der schönste Fund der diesjährigen Tour, obwohl es viel zu sehen gab, von dem auch noch das eine oder andere einmal Pilz des Monats werden könnte.
Neben Alpova diplophloeus fanden wir in den Savoyer Alpen an Grünerle weitere Pilze aus dem Bereich der Ascomyceten, so (neben banaleren Arten) z.B. Hymenoscyphus trichosporus, Rutstroemia alnobetulae sowie weitere z.T. noch zu klärende Funde, auf die ich zu anderer Gelegenheit vielleicht einmal zurück komme. Ein Wiederfund der Lactarius-Arten steht für mich persönlich auch noch aus, und schon dies zieht mich hoffentlich bald wieder einmal (hoffentlich dann bei guten Fruktifikations-Bedingungen) zu einem geeigneten Standort.