Pilz des Monats November 2016 - Sibirischer Röhrling, Gelber Arven-Röhrling (Suillus sibiricus ssp. helveticus)
Anm. August 2021: die Art heißt heute Suillus americanus
Nicht allzu häufig passiert es auch einem professionellen Mykologen, dass er auf Reisen bei Gastgebern ankommt und als eine der ersten Aktivitäten einen Pilz in „freier Wildbahn“ gezeigt bekommt, den man vorher noch nie gesehen hat. So geschehen neulich anlässlich des Seminares „Trichterlinge und Ritterlinge“ in St. Gallen. Gerade bei Heidi Ulrich und ihrem Partner Willi Egloff im eine halbe Stunde entfernten Kradolf angekommen, waren wir schon fast wieder unterwegs zu einem Garten im nahe gelegenen Erlen. Dort – so hatte Heidi erfahren – war ein seltener Pilz, der dort seit gut 2 Jahrzehnten wächst, gerade wieder einmal am Fruktifizieren. Grund dafür ist eine aus höheren Lagen der Schweizer Alpen eingebrachte Zirbelkiefer, die den Pilz offensichtlich mitbrachte. Thomas Ledergerber, der in der Nachbarschaft wohnende Schweizer Pilzkenner und Lehrer von Heidi Ulrich, fand die Art dort erstmals 1994 und dokumentierte den Fund mit einem wunderschönen Aquarell. Seither tritt der Gelbe Arven-Röhrling dort auf – und trat neuerdings auf eine weitere, gepflanzte Arve über, denn der alte Baum wurde vor wenigen Jahren gefällt.
Suillus sibiricus (ob ssp. helveticus etwas Eigenes ist, weiß man meines Wissens noch nicht) ist die wohl seltenste der drei Schmierröhrlings-Arten, die bei 5-nadeligen Kiefern in Europa vorkommen. Weitestgehend auf die Hochlagen, wo die Arve (Zirbelkiefer, Pinus cembra) ursprünglich vorkommt, beschränkt ist neben dieser Art auch der Dunkle Arvenröhrling (Suillus plorans). Ferner tritt auch der mehr vom amerikanischen Pendent her, der Strobe (Weymuths-Kiefer, Pinus strobus) bekannte Elfenbein-Röhrling (Suillus placidus) auch in den Alpen unter Pinus cembra auf. Wie verbreitet und/oder häufig alle Arten aktuell im Alpenraum sind, entzieht sich meiner Kenntnis. Auf alle Fälle bemerkenswert ist das jahrelange Vorkommen außerhalb des natürlichen Areals, auch wenn solche Vorkommen schon früher für Suillus sibiricus bekannt wurden.
Sibirischer Röhrling (Suillus sibiricus) in Gartenrasen unter Pinus cembra im Nord-Schweizer Ort Erlen, unter Arve (Pinus cembra), Fundstelle von Thomas Ledergerber, gezeigt von Heidi Ulrich |
Gelber Arven-Röhrling (Suillus sibiricus) in Garten in der Nordschweiz, Gruppe - Foto L. Krieglsteiner, 20.10.2016 |
Verwechslungsgefahr droht allenfalls mit dem Goldröhrling (Suillus grevillei), der bei Lärchen vorkommt, aber einen völlig glatten, glänzenden Hut und einen schleimigen Ring aufweist, oder mit dem Körnchen-Röhrling (Suillus granulatus), bei Kiefer und wie andere ähnliche Arten ohne jede Ringzone.
Genießen Sie noch Bilder von unten J
Sibirischer Röhrling (Suillus sibiricus var. helveticus), Ansichten von unten, fotographiert am 20.10.2016 in Garten in der Nordschweiz unter Arve (Pinus cembra), Foto L. Krieglsteiner. Zu sehen sind neben den Röhren in Aufsicht das Velum sowie am Stiel eingetrocknete Guttationstropfen |