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Pilz des Monats Oktober 2024 – Taiga-Täubling (Russula taigarum)

Täublinge (Russula) sind zweifellos sehr schöne Pilze – und ebenso zweifellos sind milde Täublinge sehr gute Speisepilze, sofern sie festes Fleisch aufweisen und gut angebraten werden, gewürzt mit etwas Salz und Pfeffer. Es gibt auch zahlreiche makroskopisch gut kenntliche Täublingsarten, für deren Identifikation ein Mikroskop nicht nötig ist, und in so manchem Fall hilft auch die Ökologie (Bäume in der Umgebung, Boden-Azidität u.a.) bei der Eingrenzung mit. Täublinge gehören sicher auch zu den Pilz-Gattungen, die vergleichsweise bereits sehr gut bearbeitet sind und zu deren Bestimmung eine Menge teils sehr guter Literatur zur Verfügung steht.

Trotzdem gehört die mikroskopische Bearbeitung von Täublings-Proben nicht zu meinen Lieblings-Beschäftigungen bzw. sind Täublinge nicht eine meiner Lieblings-Gattungen. Auf der anderen Seite sind Täublinge bei Pilz-Freunden sehr beliebt – und als Freiberufler, der sich u.a. von Pilzkursen ernährt, gehören Täublings-Kurse für Anfänger zu den Pflicht-Veranstaltungen, zu den Kursen, die man fast jedes Jahr einigermaßen voll bekommt. Auch in Bezug auf mein zweites Standbein, mykoloigsche Biodiversitäts-Erfassungen, gehören sie zu den wichtigen Gattungen, zumindest bei manchen Aufträgen, wenn Standorte mit Ektomykorrhiza-Gehölzen das Untersuchungsgebiet sind.

So gehört es auch zu meinem Pflichtprogramm, in dieser Gattung auf dem Laufenden zu bleiben und immer wieder im Gelände unklare Kollektionen zu photographieren und ein Exsikkat anzufertigen, um sich in der freien Zeit (meist nur im Winter …) näher mit ihnen zu beschäftigen.

Dadurch, dass in den letzten Jahren Täublingsexperte Felix Hampe mehrmals als Gastdozent in der Pilzschule Schwäbischer Wald zu Gast war, um in Ruppertshofen seine schönen mikroskopischen Täublingskurse anzubieten, hat es sich ergeben, dass Felix dankenswerter Weise immer wieder bereit ist, sich zunächst Fotos meiner Funde anzusehen und Tipps zu geben, die dann natürlich einfacher verifiziert (oder auch einmal falsifiziert) werden können.

So ging es auch in diesem Fall. Die Aufsammlung aus einem traumhaft schönen, anmoorigen, sauren, aber basen-angereicherten Nadelwald im mittleren Norwegen konnte ich im Gelände überhaupt nicht richtig eingrenzen – der (nahezu völlig) milde Geschmack der kräftigen, festen Fruchtkörper in Kombination mit den deutlich rot überfärbten Stielen ließen mich ganz entfernt an Russula olivacea ((Rotstieliger Ledertäubling) denken, was aber weder farblich noch ökologisch auch nur annähern passt, oder auch an einen Heringsäubling, aber weder der typische Geruch (ich notierte „unauffällig“) noch das typische Bräunen wollten sich einstellen.

 

Taiga-Täubling (Russula taigarum) am 09.07.2022 in Norwegen, Trøndelag, Breide s. Snasa, 107 m NN, GPS: N64°12'19.05" E12°16'9.81", unter Fichte (Picea abies) in anmoorigem, örtlich basenreichem, sauer-feuchtem Fichtenwald, Gruppe, leg. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det. L. Krieglsteiner nach Tipp von Felix Hampe (anhand der Makro-Fotos), Foto Lothar Krieglsteiner - ein kräftiger, milder, roter Täubling mit rotem Stiel und recht blassen Lamellen (Sporenpulver konnte leider nicht gewonnen werden).
Russula taigarum 3 Norwegen Snasa Nadelwald Fichte Deutschland Harz Kramershai Felix Hampe Heringstaeubling Geruch Geschmack Pilzkurs Pilzseminar Krieglsteiner
Russula taigarum 4 Huthaut Pileipellis Pileozystiden Gloeozystidialsystem KOH Norwegen Snasa essbar Taubling mild Geruch unauffallig Krieglsteiner Hampe Feldmykologe
Russula taigarum 5 Pileozystiden Dermatozystiden keulig septiert breit KOH Kongorot NH3 Krieglsteiner Lothar Katharina Felix Hampe Expertin Feldymkologe PIlzseminar
Russula taigarum 6 Taiga Taubling Vauras Finnland Schweden Norwegen Nadelwald moorig basen angereichert sauer selten Deutschland Harz Kramershai FElix Hampe Pilzkurs
Russula taigarum 7 Pileipellis Huthau Haare keulig zuspitzend septiert Kongorot NH3 Ammoniak Krieglsteiner Katharina Lothar Norwegen Snasa Nadelwald Fichte Picea
Taiga-Täubling (Russula taigarum) am 09.07.2022 in Norwegen, Trøndelag, Breide s. Snasa, 107 m NN, GPS: N64°12'19.05" E12°16'9.81", unter Fichte (Picea abies) in anmoorigem, örtlich basenreichem, sauer-feuchtem Fichtenwald, Gruppe, leg. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det. L. Krieglsteiner nach Tipp von Felix Hampe (anhand der Makro-Fotos), Fotos Lothar Krieglsteiner - Beachten Sie die teilnetzigen Sporen (erste 2 Bilder), die reichlichen keuligen Pileozystiden (folgende 3 Bilder) und die septiert-zuspitzenden Grundhyphen der Huthaut ("Haare" - in Kongorot mit Ammoniak, letzte Tafel). Primordialhyphen enthält die Huthaut des Taiga-Täublings nicht.

 

Als ich meine Fotos später Felix zeigte, sagte er zunächst „herzlichen Glückwunsch“, bevor er seinen später mikroskopisch  von mir verifizierten Tipp äußerte. Mikroskpisch typisch sind die teilnetzigen Sporen, die zahlreichen keuligen Pilzeozystiden und keulige bis zuspitzende Haare.

Der Taiga-Täubling ist ein Mykorrhizapilz der Fichte und in Skandinavien wohl keine extrem seltene Art („scattered occurence“ nach den Erst-Autoren), obwohl sie erst 1990 durch Routsolainen und Vauras neu beschrieben wurde. Die von den Autoren gegebene Verbreitungskarte enthält ca. 40 Fundpunkte, von denen die meisten in Finnland, einige in Schweden und nur wenige in Norwegen gelegen sind. Auch in Deutschland ist der Taiga-Täubling nachgewiesen, und zwar in einem montanen Moorwald im Harz (NSG „Kramershai“ – vgl. z.B. hier: Pilzjahr 2013 im Harz - mein Rückblick - Pilze Allgemein - Pilzforum.eu). Nach Mitteilung von Felix Hampe (nündl. Mitteilung) Ist der Fundort allerdings durch Forst-Arbeiten zum Erlöschen gebracht worden.

Beim nächsten Mal denke ich, kann ich die Art auch selbst im Wald erkennen – im kommenden Jahr planen wir Skandinavien wieder einen Besuch abzustatten 😊