Pilz des Monats Februar 2024 – Orangeseidiger Klumpfuß (Cortinarius rufoallutus – neuerdings auch Thaxterogaster rufoallutus)
Thaxterogaster …. – nun ja, an solche und andere neue Namen wird man sich in der Zukunft auch im Bereich der Schleierlinge gewöhnen müssen. Die Mega-Gattung Cortinarius wird derzeit in ihre Einzelteile zerlegt, teils gemischt mit gasteroiden Arten (secotioide und trüffel-artige Pilze), deren Namen wie im Falle von Thaxterogaster dann teils sogar als Gattungsnamen für in der Mehheit ganz normale Schleierlinge dienen dürfen. Nichts Neues insofern, da es auch in anderen Pilzgruppen ganz ähnliche Entwicklungen gegeben hat und weiterhin geben wird. Trotzdem bleibe ich im Falle von Cortinarius vorerst konservativ und nenne alle Schleierlinge vorerst weiter mit dem alten Gattungsnamen, denn noch scheint die Neuordnung nicht abgeschlossen zu sein und es schadet meiner Meinung nach nicht, vorerst noch abzuwarten.
Die heute vorgestellte Art hätte man bis vor Kurzem noch als „normalen“ Sägeblatt-Klumpfuß (Cortinarius multiformis) oder als dessen Variante coniferarum (heute ein Synonym wie der alte Name C. allutus) bestimmen müssen, denn die aktuell maßgebliche Bearbeitung der Sektion Multiformes erfolgte erst 2014 (Brandrud & al.: Cortinarius subgenus Phlegmacium section Multiformes in Europe, Journal des J.E.C. No. 16., S. 62 – 199). Ein Klumpfuß ohne gelb-grüne oder violette Farbtöne und mit den typisch gesägten Lamellenschneiden ist in der Artengruppe multiformis schnell untergebracht.
Orangeseidiger Klumpfuß (Cortinarius rufoallutus - jetzt auch Thaxterogaster rufoalltutus) am 31.10.2021 im Leintal bei der Leinmühle s.Spraitbach (Deutschland, Baden-Württemberg n. Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch-Fränkischer Wald, MTB 7124.2, 443 m NN, GPS: N48° 51' 15,28'' E9° 45' 52,53'' ), unter Fichte (Picea abies), Weißtanne (Abies alba) und weiter weg auch Buche (Fagus sylvatica) in paenemontanem Nadelmischwald über basenreichem Knollenmergel, gesellig, leg. Pilzkurs mit Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner - beachten Sie die kräftige Hutfarbe, den kurzen, gedrungenen Stiel sowie die weißliche Farbe von Fleisch, Stiel und Cortina. |
Orangeseidiger Klumpfuß (Cortinarius rufoallutus - jetzt auch Thaxterogaster rufoalltutus) am 31.10.2021 im Leintal bei der Leinmühle s.Spraitbach (Deutschland, Baden-Württemberg n. Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch-Fränkischer Wald, MTB 7124.2, 443 m NN, GPS: N48° 51' 15,28'' E9° 45' 52,53'' ), unter Fichte (Picea abies), Weißtanne (Abies alba) und weiter weg auch Buche (Fagus sylvatica) in paenemontanem Nadelmischwald über basenreichem Knollenmergel, gesellig, leg. Pilzkurs mit Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner - beachten Sie in Foto 3 die hellen Flecken auf der Huthaut, in Foto 4 die gesägten Schneiden der farbarmen Lamellen. Ersteres ist ein Artmerkmal, zweiteres ein Merkmal der Artengruppe. |
Orangeseidiger Klumpfuß (Cortinarius rufoallutus - jetzt auch Thaxterogaster rufoalltutus) am 31.10.2021 im Leintal bei der Leinmühle s.Spraitbach (Deutschland, Baden-Württemberg n. Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch-Fränkischer Wald, MTB 7124.2, 443 m NN, GPS: N48° 51' 15,28'' E9° 45' 52,53'' ), unter Fichte (Picea abies), Weißtanne (Abies alba) und weiter weg auch Buche (Fagus sylvatica) in paenemontanem Nadelmischwald über basenreichem Knollenmergel, gesellig, leg. Pilzkurs mit Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner - Beide Fotos zeigen den gleichen Ausschnitt und focussieren auf die fein warzigen Sporen von ca. 8-9l5/5-5,5 µm Größe. Das erste Foto iversucht, auf die Sporenwand im optischen Schnitt zu focussieren - das zweite ist ein Stack mithilfe des BMS-Mikroskop-Programmes. |
Orangeseidiger Klumpfuß (Cortinarius rufoallutus - jetzt auch Thaxterogaster rufoalltutus) am 31.10.2021 im Leintal bei der Leinmühle s.Spraitbach (Deutschland, Baden-Württemberg n. Schwäbisch Gmünd, Schwäbisch-Fränkischer Wald, MTB 7124.2, 443 m NN, GPS: N48° 51' 15,28'' E9° 45' 52,53'' ), unter Fichte (Picea abies), Weißtanne (Abies alba) und weiter weg auch Buche (Fagus sylvatica) in paenemontanem Nadelmischwald über basenreichem Knollenmergel, gesellig, leg. Pilzkurs mit Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner - die Huthautschnitte (zunächst eine Übersicht in 400x-Vergrößerung, dann 1000x) zeigen das zebra-artig spiralig inkrustierende Pigment auf einigen Hyphen der Subcutis sowie in den mittleren beiden Fotos jeweils eine der zahlreichen zu beobachtenden Schnallen. |
Als ich die oben zitierte Arbeit vor einigen Tagen heranzog, um eine Probe aus einem Nadelmischwald im Schwäbischen Wald (Baden-Württemberg) zu bestimmen, war ich durchaus skeptisch, ob die neue Bearbeitung zum Ziel führen würde, denn durchaus oft kommt man gerade in schwierigen Gattungen wie Cortinarius auch mit neuen Bearbeitungen nicht unbedingt immer sicher zum Ziel. Diese Probe ließ sich allerdings erstaunlich problemlos zuordnen. Durch die kräftigen Farben, die Ökologie im Nadelwald (nun ja – Buchen gab es auch in Fundortnähe, aber die Laubwaldarten sollen alle heller gefärbt sein …) und die Sporengröße kommt man gut zum Schlüsselpaar mit der Zielart. Und dann hat C. rufoallutus zwar die gleiche Sporengröße (übrigens ermittelte ich in seltener Eintracht genau die bei Brandrud & al. Angegebenen Werte!) wie C. mutliformis (letztere soll blasser sein und längere Stiele haben), aber es gibt ein schönes differenzierendes Merkmal, und zwar bei C. rufoallutus zebra-artig inkrustierendes Pigment in der Subcutis der Huthaut. Schnell ein Huthautschnitt und – holla, die Waldfee: tatsächlich, das Pigment ließ sich erstaunlich schnell und problemlos nachweisen. Alles passt also zusammen.
Wie selten oder häufig C. rufoallutus „bei uns“ ist, lässt sich derzeit kaum sagen, denn bisher wurde die Art sicherlich meist (auch von mir) als C. multiformis (oder früher als C. allutus) bestimmt. Brandrud & al. schreiben zur Verbreitung: „Rare but widespread in the Nordic boreal spruce forest region. Apparently very rare in the montane-subalpine regions of Cental Europe but sequenced material is documented from France (holotype) and from Italy“. Deutschland wird als Fundregion nicht erwähnt und Nachschlagen auf pilze-deutschland brachte (unter Thaxterogaster rufoallutus) zwar eine Karte, aber ohne darin enthaltene Fundpunkte. Dennoch wäre ich vorsichtig, von einem Neufund für Deutschland zu sprechen, denn erstens melden nicht alle Bearbeiter ihre Funde (ich z.B. auch nicht …), und außerdem könnte es gut sein, dass in den Herbarien (womöglich gar unter meinen eigenen älteren Aufsammlungen) Kollektionen von C. rufoallutus unter multiformis oder allutus liegen könnten. Das ist die Crux mit der Pilze-Bestimmung: man muss seine alten Fehlbestimmungen immer und immer wieder hinterfragen …. ;-(
Nun: die vorgestellte Aufsammlung betrachte ich allerdings derzeit als eindeutig C. rufoallutus (bzw. Thaxterogaster r.). Es passt einfach alles: Ökologie, makroskopische Merkmale (orange Hutfarbton, Flecken auf dem Hut, kurzer Stiel, Sporengröße und vor allem das zebra-artige inkrustierende Pigment inder Subcutis).