Pilz des Monats Januar 2024 – Scharfer Brauntäubling (Russula adulterina)
Fast 10 Jahre ist es bereits her, dass ich zum ersten und bisher einzigen Mal einen Täubling zum Pilz des Monats auswählte – damals im Juli 2014 war dies der Erlen-Täubling (Russula alnetorum). Die lange Pause könnte daran liegen, dass Russula nicht meine Lieblingsgattung ist, wenn es um Pilz-Mikroskpie geht. Hin und wieder arbeite ich daran, das zu ändern. Einen meiner Versuche habe ich heute herausgesucht.
Der Fund gelang „zuhause“ im Schwäbischen Wald (Baden-Wrttemberg, n. Schwäbisch Gmünd) in einem paenemontanen Nadelmischwald (potenziell Tannen-Buchenwald mit forstlich eingebrachten Fichten) über basenreichem Standort. Die bereits im August 2021 bei Tanau (Gemeinde Durlangen) gefundenen Fruchtkörper erinnerten makroskopisch stark an Formen des Braunen Ledertäublings (Russula integra) – die Zungenprobe ergab aber schnell einen deutlich scharfen Geschmack.
Mikroskopisch besonders auffällig waren für mich die stark und lang ornamentierten, großen Sporen – allein damit kam ich nach Literaturvergleich bald zu R. adulterina. Die Bestimmung wurde inzwischen auch von Felix Hampe anhand von Bildvergleich bestätigt. Dies ist nicht unnötig, denn – scharfe Dottersporer sind in der Gattung Russula nicht die einfachste Gruppe und so mancher Artname (so auch R. adulterina) wurde von unterschiedlichen Autoren unterschiedlich interpretiert. Zumindest nach der momentan in Mitteleuropa hauptsächlich genutzten Literatur (Einhellinger 1985 und Marxmüller 2014) sollte die Bestimmung korrekt sein. Die PIleozystiden waren bei meinem Fund keulig und oft mehrfach septiert. Sie sind hier in KOH mikroskopiert worden (und somit wie unter Russula-Bearbeitern üblich in totem Zustand beurteilt). Die lebend durchaus strukturiert-„körnigen“ Inhalte der Gloeozystiden werden durch das Absterben zum typischen „Glasbruch“ der Täublings-Zystiden. Die Huthaut-Haare sind oft verzweigt und teils etwas divertikuliert. Die Sporenfotos sind natürlich angefärbt, und zwar wie üblich mit Melzers Reagenz – nur in diesem Medium sind die Sporen-Ornamente der Täublinge gut zu beurteilen.
Der Fund bei Tanau hat eine wenig aussagekräftige, mehr braune Hutfarbe und kann als Blässling interpretiert werden, wie sie verschiedenste ansonsten deutlicher – im Falle von R. adulterina typischer Weise dunkler purpurbraun – gefärbte Täublinge haben können. Wie ich immer bei Kursen sage: Hut- und auch Stielfarben sind bei Täublingen zwar durchaus sehr wichtige Merkmale, aber auf der anderen Seite sehr wenig verlässlich. Das führt dazu, dass in manchen Gruppen der Gattung Bestimmungen ohne Mikroskopie nur sehr erfahrenen Kennern mit Abstrichen möglich sind, zu denen ich mich nicht zähle.
Scharfer Brauntäubling (Russula adulterina) am 30.08.2021 in der "Spitzhalde" bei Tanau (Welzheimer Wald als Teil des Schwäbisch-Fränkischen Waldes, bei Durlangen, n. Schwäbisch Gmünd, Ostalbkreis, Baden-Württemberg) unter Tanne (Abies alba) sowie weiter weg auch Fichte (Picea abies) und Buche in paenemontanem Nadelmischwald über (kalkhaltigem) Knollenmergel (Keuper), 502 m NN, GPS: N48° 52' 28,71'' E9° 47' 36,83'' (ca. - Foto ohne GPS-Daten), leg., Katharina & Lothar Krieglsteiner, det.., Fotos Lothar Krieglsteiner, conf. Felix Hampe im August 2023 anhand von Fotomaterial. - Beachten Sie die unscheinbar braune Hutfarbe, wie sie als Pigmentverlust-Variante gedeutet werden kann. |
Scharfer Brauntäubling (Russula adulterina) am 30.08.2021 in der "Spitzhalde" bei Tanau (Welzheimer Wald als Teil des Schwäbisch-Fränkischen Waldes, bei Durlangen, n. Schwäbisch Gmünd, Ostalbkreis, Baden-Württemberg) unter Tanne (Abies alba) sowie weiter weg auch Fichte (Picea abies) und Buche in paenemontanem Nadelmischwald über (kalkhaltigem) Knollenmergel (Keuper), 502 m NN, GPS: N48° 52' 28,71'' E9° 47' 36,83'' (ca. - Foto ohne GPS-Daten), leg., Katharina & Lothar Krieglsteiner, det.., Fotos Lothar Krieglsteiner, conf. Felix Hampe im August 2023 anhand von Fotomaterial. - das Sporenpulver ist an der dunkelsten Kante der Gattung Russula, dottergelb schon mit einem Zug ins Orange (IVe). Dunkler geht es in Europa nicht. |
Scharfer Brauntäubling (Russula adulterina) am 30.08.2021 in der "Spitzhalde" bei Tanau (Welzheimer Wald als Teil des Schwäbisch-Fränkischen Waldes, bei Durlangen, n. Schwäbisch Gmünd, Ostalbkreis, Baden-Württemberg) unter Tanne (Abies alba) sowie weiter weg auch Fichte (Picea abies) und Buche in paenemontanem Nadelmischwald über (kalkhaltigem) Knollenmergel (Keuper), 502 m NN, GPS: N48° 52' 28,71'' E9° 47' 36,83'' (ca. - Foto ohne GPS-Daten), leg., Katharina & Lothar Krieglsteiner, det.., Fotos Lothar Krieglsteiner, conf. Felix Hampe im August 2023 anhand von Fotomaterial. - beachten Sie das kräftige, bis gut 2 µm lange Sporen-Ornament aus isolierten Stacheln. Die Sporengröße selbst maß ich mit beachtlichen ca. 9,5-12/8,5-10,5 µm. |
Scharfer Brauntäubling (Russula adulterina) am 30.08.2021 in der "Spitzhalde" bei Tanau (Welzheimer Wald als Teil des Schwäbisch-Fränkischen Waldes, bei Durlangen, n. Schwäbisch Gmünd, Ostalbkreis, Baden-Württemberg) unter Tanne (Abies alba) sowie weiter weg auch Fichte (Picea abies) und Buche in paenemontanem Nadelmischwald über (kalkhaltigem) Knollenmergel (Keuper), 502 m NN, GPS: N48° 52' 28,71'' E9° 47' 36,83'' (ca. - Foto ohne GPS-Daten), leg., Katharina & Lothar Krieglsteiner, det.., Fotos Lothar Krieglsteiner, conf. Felix Hampe im August 2023 anhand von Fotomaterial. - die Mikroskopie der Huthaut zeigt zum Einen keulige, aber auch zylindrische, teils mehrfach septierte Pileozystiden (alle in totem Zustand) sowie feingliedrige, verzweigte und teils leicht divertikulierte "Haare" (wie die Grundhyphen des Täublingshutes genannt werden). |
R. adulterina gilt als relativ seltene Art, besonders in tiefer gelegenen Regionen und stellt für den Schwäbisch-Fränkischen Wald einen interessanten Nachweis dar. Die Art scheint ist insgesamt eher montan verbreitet, gilt als Art der Gebirglagen in Nadelwald (Fichte Picea abies sowie Tanne Abies alba) auf basenreichem Standort. Ob am Fundort bei Tanau Tanne oder Fichte Mykorrhizapartner ist, kann von mir nicht geklärt werden. Ob sich das Vorkommen bei Tanau im Zuge des Klimawandels halten kann, ist ebenso offen.