Pilz des Monats Januar 2017 - der kleine Schlauchpilz Bryocentria metzgeriae
Heute möchte ich wieder einmal einen eher ausgefallenen Pilz darstellen. Es handelt sich um einen kleinen Schlauchpilz aus der Ordnung der Hypocreales, in welcher Perithezien-Bildner (also Pilze mit dem Fruchtkörpertyp "Kugelpilz mit Loch") mit eher hellen Farbtönen zu finden sind. Wie wir gleich sehen werden, sind auch die Sporen meist hell gefärbt (s.u.) und bestehen häufig (nicht immer) aus 2 Zellen (also mit einer Querwand). Viele der Hypocreales sind Parasiten auf Pflanzen (z.B. der "Gras-Manschettenpilz" Epichloe), auf Tieren (z.B. die Kernkeulen und ihre Verwandtschaft - z.B. die Raupen-Kernkeule, siehe http://www.pilzkunde.de/index.php/pilz-des-monats?showall=&start=44) und auf anderen Pilzen (z.B. andere Kernkeulen, Schmarotzer-Pustelpilze wie "Steinreizker" und "Goldschimmel", Stromakissen u.a.). Heute möchte ich einen Vertreter einer Parasiten-Gruppe auf einer eher ausgefallenen Wirtspflanzen-Gruppe zuwenden, nämlich Parasiten auf Lebermoosen.
Wo die Luft noch einigermaßen gut ist, findet man oft auf Baumborken ausgedehnte Rasen von beblätterten Lebermoosen. Hier habe ich mich in den letzten Tagen und Wochen ein wenig auf die Suche begeben und prompt hübsche Dinge gefunden, die ich Ihnen hier nicht vorenthalten möchte:
der kleine, orange gefärbte Schlauchpilz Bryocentria metzgeriae bildet seine orange gefärbten Kugelpilz-Fruchtkörper (Perithezien) auf den - durch ihn - abgestorbenen Blättern des beblätterten Lebermooses Radula complanata (Abgeflachtes Kratz-Lebermoos) - Heubach, "Scheuelberg", 29.12.2016, an Borke stehender Esche, leg., det., fot. L. Krieglsteiner |
Bryocentria metzgeriae auf abgestorbenen Blättern des beblätterten Lebermooses Radula complanata (Abgeflachtes Kratz-Lebermoos) - Heubach, "Scheuelberg", 29.12.2016, an Borke stehender Esche, leg., det., fot. L. Krieglsteiner |
Allerdings ist es nicht so, dass Bryocentria metzgeriae der einzige Pilz wäre, der kleine, orange gefärbte Punkte auf Lebermoos-Blättern bildet. In der Tat gibt es eine überraschend große Zahl kleiner Moosbewohner. Mikroskopie ist also unerlässlich. Hier haben wir allerdings Glück, denn die Sporen sind so einzigartig, dass allein sie schon eine sichere Bestimmung ermöglichen :-)
kleine, spindelförmige Sporen mit H-förmiger Wandverdickung von Bryocentria metzgeriae - ich kenen keinen anderen Pilz mit diesen Sporen-Eigenschaften :-) - zusammen mit Wirt und Makroskopie ist die Bestimmung also schnell gelungen. Wie die nächsten Bilder zeigen, sind die Sporenwände an den verdickten Stellen auch noch cyanophil (d.h. mit Baumwollblau anfärbbar) - Funddaten: Heubach, "Scheuelberg", 29.12.2016, an Borke stehender Esche, leg., det., fot. L. Krieglsteiner |
Dass es ähnliche Arten auf teils anderen Lebermoosen gibt, zeigt die folgende Aufnahme. Sie gelang knapp 2 Wochen vorher an einem anderen beblätterten Lebermoos. Makroskopisch sahen die Pilzchen ziemlich gleich aus ...
Bryocentria brongniartii - kleiner, orange gefärbter Pustelpilz mit hantelförmigen, zentral verdickten Sporen am Wassersack-Lebermoos (Frullania dilatata) - 19.12.2016, Welzheim (Baden-Württemberg, Schwäbisch-Fränkischer Wald ö.Stuttgart), Edenbachtal, MTB 7123/2, leg., det., fot. L. Krieglsteiner |