Pilz des Monats Juni 2017 - Brandpilz auf Herbstzeitlose (Urocystis colchici)
Heute möchte ich einmal die "normalen Leser" dieser Rubrik etwas vergraulen, indem ich einen - hässlichen bzw. unscheinbaren - parasitischen Pilz zeige, einen "Schädling". Auch wenn er "nur" auf einer Giftpflanze schmarotzt, wird er nicht allzu viel Ansehen haben, noch nicht einmal bei Hardcore-Mykologen. Ich möchte aber hier einmal eine Lanze für die Parasiten brechen, die auch zum Ökosystem gehören und eine wichtige Funktion erfüllen.
Viele parasitische Pilze sind sehr unauffällig, und es gibt Formen, die noch viel schwieriger zu finden sind als schwarze, stäubende Sporen-Lager an Blättern von grünen Pflanzen. Brandpilze haben ihren Namen wegen dieser Eigenschaft -. die meisten Arten sind schwarz gefärbt und erinnern an verbrannte Pflanzenteile. Allerdings sind Brandpilze ohne Mikroskop kaum von Telien der Rostpilze zu unterscheiden. Letztere sind ebenfalls "obligate Parasiten", unterscheiden sich aber stark im Generationswechsel, indem sie im vollständigen Falle nicht weniger als 5 verschiedene Sporen-Formen durchlaufen, im Normalfall auf 2 verschiedenen Pflanzenarten (Wirts- und Generationswechsel). Brände sind da einfältiger; man wird sie abseits des Labors nur in einer Form antreffen (was nicht heißt, dass ihre Biologie einfach ist). Ihr Erscheinungsbild kann trotzdem stark variieren, vom jungen, epidermis-bedeckten Zustand zum Stäuben bei Reife.
Der Brandpilz Urocystis colchici an lebenden Blättern der Herbstzeitlose gehört zu den häufigeren Bränden, ist aber in unserer Kulturlandschaft nicht überall zu finden. Grund dafür ist, dass viele Brände (darunter etliche noch viel mehr als U. colchici - sie sind in den Roten Listen der parasitischen Pilze teils hoch eingeschätzt worden) empfindlich auf Fungizide und andere Umweltgifte reagieren; man sollte sie also vor allem fernab der "normalen" Landwirtschaft suchen gehen.
Urocystis colchici - Brandpilz an Herbstzeitlose (Colchicum autumnale) am "Bargauer Horn" auf der Schwäbischen Alb bei Schwäbisch Gmünd, fotographiert am 8.5.2010 von Lothar Krieglsteiner |
Urocystis colchici an Herbstzeitlose im Taunus in Hessen (NSG "Waldwiesenbach"), stäubender Blatt-Brand am 19.5.2013, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Urocystis colchici an Herbstzeitlose im Taunus in Hessen (NSG "Waldwiesenbach") am 19.5.2013: das Lager ist noch von der Epidermis bedeckt und schwerer zu entdecken. Fund leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Brandpilz Urocystis colchici, noch von der Epidermis bedeckte Lager im Biosphären-Reservat Rhön (Bayern), NSG "Mühlwiesen" bei Oberelsbach, leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner am 23.5.2010 |
Urocystis colchici - stäubender Blattbrand an Herbstzeitlose (Colchicum autumnale), Unterfranken, Würzburg-Kist, "Reichenberger Grund", leg., det., Foto Lothar (anlässlich von Frühlingspilzkurs mit Morchelsuche) |
Urocystis colchici - ältere Aufsmamlung, die bereits weitgehend aus-gestäubt hat - an Herbstzeitlose im "Zipfelbachtal" bei Winnenden-Breuningsweiler (Baden-Württemberg). leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner am 15.5.2014 |
Detail-Aufnahme von Urocystis colchici mit Digital-Lupe aus Hessen (Frankfurt, NSG "Mönchbruch, an Blättern von Colchicum autumnale), leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner im Mai 2013 |
Detail-Aufnahme von Urocystis colchici im Remstal östlich von Stuttgart bei Schorndorf-Urbach, an Herbstzeitlose, leg., det. Foto Lothar Krieglsteiner am 24.5.2013 |
Die Gattung Urocystis (in der eigenen Ordnung Urocystales von anderen Bränden abgesetzt) ist mikroskopisch durch sogenannte Sporenballen, d.h. Sporen, die von einer Hülle aus sterilen Zellen umgeben ist, charakterisiert. Makroskopisch kann man sie nicht von anderen Bränden unterscheiden.
Sporenballen von Urocytis colchici aus dem NSG "Mönchbruch" bei Frankfurt (Hessen), fotographiert im Mai 2013 von Lothar Krieglsteiner |
Hierher gehört ein weiterer aktueller Fund, an Blättern von Leberblümchen wächst Urocystis syncocca. Die Blattflecken sind schon von oben als purpurbraune Flecken bzw. Blasen zu sehen - der eigentliche Pilz sitzt auf der Blatt-Unterseite.
Urocystis syncocca - Blatt-Brand an Leberblümchen (Hepatica nobilis) bei Heubach-Beuren auf der östlichen Schwäbischen Alb sö. von Schwäbisch Gmünd - fotographiert von Lothar Krieglsteiner am 3.5.2017. Das erste Foto zeigt eine Übersicht mit den von oben violettbräunlichen Blasen, das zweite ein junges Brandlager (noch nicht schwarz durchgefärbt und noch nicht stäubend), während das dritte Foto darauf hinweist, dass die Brandlager auch am Stängel und am Blattstiel gefunden werden können. |
Urocystis syncocca - Sporenballen von Aufsammlung aus der Rhön (14.7.2008), leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner |
Und so gibt es zahlreiche andere Arten auf ganz verschiedenen Wirtspflanzen. Man muss ein ganz schöner Spinner sein, wenn man viel Zeit darauf verwendet, solche Pilze zu finden. Wer ein solcher Spinner ist, wird sich vielleicht dafür interessieren, dass ich für das Frühjahr 2018 wieder einen Parasiten-Kurs plane. Ich weiß, ein unternehmerisches Risiko - ein Kurs, der sicher nicht so zieht wie einer über Morcheln, Trüffeln oder Täublinge ....