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Pilz des Monats Dezember 2023 – Fester Ackerling (Agrocybe firma)

Pilzjahre sind untereinander sehr verschieden – und so mag auch die Häufigkeit einer Pilzart in der subjektiven Wahrnehmung stark schwanken. In den letzten ca. 15 Jahren, also so lange ich in etwa regelmäßig Digitalfotos von Pilzen mache (vorher habe ich nicht viel photographiert – viel zu kompliziert, fehleranfällig und langwierig …), habe ich genau einen Fund des heutigen Pilz des Monats dokumentiert – im Jahr 2023 gelangen aber nicht weniger als 3 Funde in zwei weit voneinander entfernten Fundgebieten, teils mit reichlicher Fruchtkörper-Produktion.

Nun – wir sprechen heute vom Festen Ackerling (Agrocybe firma), einem dunkelsporigen Lamellenpilz, der zunächst wenig greifbar erscheint. In der Tat ist es für denjenigen, der die Art noch nicht kennt, keineswegs leicht zu erkennen, warum es sich um einen Ackerling handeln sollte. Nun – Velum ist keines vorhanden (wie bei einem Teil der Ackerlinge), dafür reichlich Zystiden am ganzen Pilz (Caulo- und reichlich PIleo- sowie Cheilo- und Pleurozystiden). Die Sporenpulver-Farbe würde ich (anhand des Freiland-Abwurfes, siehe Fotos) eher als dunkel rotbraun denn als tabakbraun bezeichnen, die Sporengröße (die Maße von ca. 6-8/4-5 in Funga Nordica passen gut zu meinen Funden) ist eher banal, relativ klein. Ein Keimporus ist nur mit etwas Mühe erahnbar.

1 Agrocybe firma Fagus Oberpfalz Rauer Kulm 230410 11
2 Agrocybe firma Fagus Oberpfalz Rauer Kulm 230410 6
3 Agrocybe firma Fagus Oberpfalz Rauer Kulm 230410 14
4 Agrocybe firma Fagus Oberpfalz Rauer Kulm 230410 13
Fester Ackerling (Agrocybe firma) am 04.10.2023 im Schutzgebiet "Rauer Kulm" (Neustadt am Kulm, Oberpfalz, Bayern, Deutschland), an morschem, liegendem Stammstück von Rotbuche (Fagus sylvatica) in mäßig basenreichem Buchenmischwald (MTB 6137/3, 612 m NN, GPS: N49°49'45.02" E11°50'51.80"), kleinere Gruppe, teils büschelig, leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiner - beachten Sie den jung fein bereiften Hut und den deutlich dicht mit Caulozystiden besetzten Stiel
 5 Agrocybe firma CH Weinfelden b Forstschule 231210 2
 6 Agrocybe firma CH Weinfelden b Forstschule 231210 9
 7 Agrocybe firma CH Weinfelden b Forstschule 231210 7
 8 Agrocybe firma CH Weinfelden b Forstschule 231210 14
 Fester Ackerling (Agrocybe firma) am 12.10.2023 im Auwald der Thur unweit CH-Weinfelden (Umgebung der "Forstschule", Kanton Thurgau),  in großen Büscheln und einzeln auf großem Haufen von Holzhäcksel aus Laubholz (MTB 8420/2, 444 m NN, GPS: N47°33'2.16" E9°7'44.64"),, leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiner - beachten Sie das büschelig-üppige Wachstum, das dunkel rotbraune Sporenpulver (drittes Foto) sowie die stark von Caulozystiden "bereiften" Stiele (4. Foto).
 9 Agrocybe firma CH Dozwil 231510 4
 10 Agrocybe firma CH Dozwil 231510 5
 Fester Ackerling (Agrocybe firma) am 15.10.2023 im Wald westlich von CH-Dozwil (Kanton Thurgau nnw. St. Gallen, unweit des Südufers zum Bodensee) mehrere Fruchtkörper vereinzelt an 2 Stellen in der Bodenschicht von feuchtem basenreichem Laubmischwald (v.a. Eichen, Hainbuchen - MTB 8421/2, 490 m NN, GPS ca.: N47° 34' 40,15'' E9° 18' 17,83''),  leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiner - beachten Sie die durchfeuchtet dunkle Färbung und die deutliche Längs-Streifung des festen, stark faserigen Stieles.
 11 Agrocybe firma rOTWILDPARK
 12Agrocybefirmajpg
  Fester Ackerling (Agrocybe firma) am 26.10.2014 südwestlich des "Rotwildpark" sw. von Stuttgart-Botnang (Baden-Württemberg, Gäulandschaften), an liegendem Laubholz-Stammstück in Laubmischwald mit Eichen - MTB 7220/2, 451 m NN, GPS ca.: N48°45'48.42"' E9°6'15.79"'),  leg., det., Fotos Katharina Löw (die spätere K. Krieglsteiner) & Lothar Krieglsteiner - beachten Sie auch hier die Sporenpulver-Farbe und die stark gestreift-faserigen, von Zystiden bedeckten Stiele
 13 Agrocybe firma Sporen z Fagus Oberpfalz Rauer Kulm 230410 3
 Fester Ackerling (Agrocybe firma) am 04.10.2023 im Schutzgebiet "Rauer Kulm" (Neustadt am Kulm, Oberpfalz, Bayern, Deutschland), an morschem, liegendem Stammstück von Rotbuche (Fagus sylvatica) in mäßig basenreichem Buchenmischwald (MTB 6137/3, 612 m NN, GPS: N49°49'45.02" E11°50'51.80"), kleinere Gruppe, teils büschelig, leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiner - beachten Sie die glatten Sporen mit wenig auffälligem Keimporus. Die Sporen vermaß ich bei dieser Aufsammlung mit (5,5)-6-7,5-(8)/4-4,5(5) µm - gut passend zur Literatur.
 14 Agrocybe firma viersporig z Fagus Oberpfalz Rauer Kulm 230410 12
 Fester Ackerling (Agrocybe firma) am 04.10.2023 im Schutzgebiet "Rauer Kulm" (Neustadt am Kulm, Oberpfalz, Bayern, Deutschland), an morschem, liegendem Stammstück von Rotbuche (Fagus sylvatica) in mäßig basenreichem Buchenmischwald (MTB 6137/3, 612 m NN, GPS: N49°49'45.02" E11°50'51.80"), kleinere Gruppe, teils büschelig, leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiner - beachten Sie die Sporen in Tetraden in Aufsicht (nicht gequetschtes Präparat). Oft kann es passieren, dass man nur schwierig Basidien mit Sterigmen findet (vergleichen Sie dazu das nächste Foto), um die Sporenzahl pro Ständer zu ermitteln. Tetraden helfen dabei ungemein :-)
 14 Agrocybe firma viersporig und Pleuroz z Fagus Oberpfalz Rauer Kulm 230410 14
 15 Agrocybe firma Pleurozystiden z Fagus Oberpfalz Rauer Kulm 230410 6
 16 Agrocybe firma Pleurozystide z Fagus Oberpfalz Rauer Kulm 230410 13
 Fester Ackerling (Agrocybe firma) am 04.10.2023 im Schutzgebiet "Rauer Kulm" (Neustadt am Kulm, Oberpfalz, Bayern, Deutschland), an morschem, liegendem Stammstück von Rotbuche (Fagus sylvatica) in mäßig basenreichem Buchenmischwald (MTB 6137/3, 612 m NN, GPS: N49°49'45.02" E11°50'51.80"), kleinere Gruppe, teils büschelig, leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiner - beachten Sie die Form der Zystiden ("utriform"). Nur das zweite Foto zeigt bewiesener Maßen Pleurozystiden, wenn auch nicht in ganzer Länge. Das Aufsichtsfoto (vor dem Quetschen) zeigt, dass die Zystiden tatsächlich auf der Fläche inseriert sind.
 17agrocybefirma
 18Agrocybefirma 2
18Agrocybefirma
 Fester Ackerling (Agrocybe firma) am 04.10.2023 im Schutzgebiet "Rauer Kulm" (Neustadt am Kulm, Oberpfalz, Bayern, Deutschland), an morschem, liegendem Stammstück von Rotbuche (Fagus sylvatica) in mäßig basenreichem Buchenmischwald (MTB 6137/3, 612 m NN, GPS: N49°49'45.02" E11°50'51.80"), kleinere Gruppe, teils büschelig, leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiner - beachten Sie die auf den ersten Fotos dargestellten, meist ein steriles Band bildenden Cheilozystiden. Auch diese sind meist utriform, nehmen aber z.T. (letztes Foto) auch andere Formen an.

 Da Ackerlinge meist nicht direkt auf Holz wachsen (nun ja – der Südliche Ackerling, und auch der Voreilende wachsen durchaus auf Holzresten …), kommt man auf diese Gattung nicht gleich, sondern lässt sich von einer optischen Ähnlichkeit z.B. mit Olivschnitzlingen wie Simocybe sumptuosa verführen, die allerdings – das fällt durchaus auf – weitaus nicht so stabile Fruchtkörper haben wir „unser“ Pilz, der seinen Namen „firma“ durchaus verdient. Die homogen-glatte Huthaut, die ein Hymeniderm schon makroskopisch erahnen lässt, schränkt die Auswahl der Gattungen immerhin ein.

Der erste Fund 2023 gelang mir bei einer Auftrags-Kartierung im Schutzgebiet „Rauer Kulm“ in der Oberpfalz, wo der Pilz bei sonst eher trockenen Witterungsverhältnissen und nicht allzu viel Pilz-Wuchs an einem alten Stammrest von Buche fruktifizierte. Nicht schlecht staunte ich dann, als Agrocybe firma bei Seminar-Exkursionen in der Nordschweiz gleich zweimal gefunden werden konnte. Davon abgesehen habe ich wie gesagt in den letzten 15 Jahren nur einen Fund dokumentiert – im Oktober 2014 bei Stuttgart (vgl. Foto-Unterschrift). Ich bin gespannt, wie oft mir der Feste Ackerling in den nächsten Jahren begegnen wird.

 

 


Pilz des Monats November 2023 – Weißgezähnelter Träuschling (Hemistropharia albocrenulata)

Wie im letzten Jahr, so haben Heidi Ulrich vom Pilzverein Thurgau (sie ist zu einem guten Teil dafür verantwortlich, dass ich dort Kurse geben kann und dabei auch gute Exkursionsgebiete habe) und ich am Anreisetag zu meinen Seminaren in CH-Weinfelden eine Exkursion in die Thur-Auen bei Sulgen unternommen, die wir von Heidis Wohnung fußläufig erreichen. Mein großer Wunsch ist es, dass wir dabei auch einmal den Gelbblättrigen Schönkopf (Calocybe favrei) finden, der ganz in der Nähe schon einmal gefunden wurde. Leider gab es diesbezüglich wieder Fehlanzeige. Dafür kam mir ein anderer attraktiver Lamellenpilz erstmals in meinem Leben zu Gesicht, der Weißgezähnelte Träuschling (Hemistropharia albocrenulata – beschrieben aus Nordamerika, ein anderer, europäischer Name ist Pholiota fusca). Die beiden Fruchtkörper, die aus einer basalen Stammwunde eines mittelalten lebenden Bergahorns (Acer pseudoplatanus) ragten, hätte ich zunächst fast ignoriert, da ich sie für ältere Fruchtkörper eines Schüpplings hielt, mit denen ich mich eigentlich nicht herumschlagen wollte. Aber gut – einen Fruchtkörper umdrehen und genau nachschauen kann ja nicht schaden. Und dann war ich erst einmal etwas baff, denn ein Schüppling war durch die doch deutlich dunklere Lamellen- (und damit Sporenpulver-)-Farbe direkt draußen. Ich musste dann auch nicht allzu lange überlegen, bis mir klar wurde, was ich da gefunden hatte, und die mikroskopische Prüfung am Abend bestätigte die Vermutung: große, spindelige Sporen und charakteristische, ein dichtes und breites Band bildende Cheilozystiden an der auch makroskopisch deutlich sichtbar weißen, sterilen Lamellenschneide. Auffällig an den Sporen sind nicht nur Form, Keimporus und Apikulus, sondern auch die Dickwandigkeit und die Konzentration der Farbe auf die innere Sporenwand, was ich so in der Literatur (nach kurzer Recherche allerdings …) nicht beschrieben finde.

Hemistropharia albocrenulata 1 Weissgezaehnelter Traeuschling Schweiz Thurgau Weinfelden Pilzkurse Pilzschule Schwaebischer Wald Krieglsteiner
Hemistropharia albocrenulata 2 Pholiota Sporenpulver Acer pseudoplatanus Nordschweiz Bergahorn Zitterpappel Populus tremula Ausbreitung Thur Auwald
Weißgezähnelter Träuschling (Hemistropharia albocrenulata) am 08.10.2023, Schweiz, Kanton Thurgau, Thur-Aue südlich von Sulgen (Weinfelden), GPS: N47°31'54.93" E9°10'44.55", 460 m NN), an basaler Stammwunde von mittelaltem Bergahorn (Acer pseudoplatanus) in Auwald über alkalischem Fluss-Schotter, 2 Frk., leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiner (zusammen mit Heidi Ulrich) - die beiden Fruchtkörper zeigen die Hutoberseite eines Schüpplinjgs und die Lamellen eines Träuschlings. Schon lange schiebt man die Art zwischen beiden Gattungen hin und her - nun steht er ganz alleine da.
Hemistropharia albocrenulata 3 Pholiota Weissgezaehnelter Traeuschling Cheilozystiden Lamellenschneide steril weiss Mikroskop Krieglsteiner Pilzschule
Hemistropharia albocrenulata 4 Pholiota fusca Cheilozystiden dichtes Band sterile Lamellenschneide Jacobson Tubariaceae Strophariaceae Krieglsteiner
Hemistropharia albocrenulata 5 Zitterpappel Bergahorn Laubholz Nadelholz Acer pseudoplatanus Populus tremula Saprobiont Krieglsteiner Pilzkurse Seminare
 Weißgezähnelter Träuschling (Hemistropharia albocrenulata) am 08.10.2023, Schweiz, Kanton Thurgau, Thur-Aue südlich von Sulgen (Weinfelden), GPS: N47°31'54.93" E9°10'44.55", 460 m NN), an basaler Stammwunde von mittelaltem Bergahorn (Acer pseudoplatanus) in Auwald über alkalischem Fluss-Schotter, 2 Frk., leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiner (zusammen mit Heidi Ulrich) - Die Zystiden bilden ein breites Band an der auch makroskopisch deutlich weißen, breiten Lamellenschneide. Im Präparat sind sie gar nciht so leicht plattzudrücken, ohne die Struktur der Lamelle aufzulösen und/oder das Deckglas zu zerstören ...
 Hemistropharia albocrenulata 6 Sporen spindelig gross Keimporus innere Wand Pigment Apikulus Nordschweiz Weinfelden Pilzkurse Pilzschule Krieglsteiner
 Hemistropharia albocrenulata 7 Sporen dickwandig spindelig Keimporus Apikulus Pigment innere Sporenwand Ausbreitung Acer pseudoplatanus Krieglsteiner
 Hemistropharia albocrenulata 8 Sporen Nordschweiz Thur Auwald Bergahorn Calocybe favrei Gelbblaettiriger Schoenkopf Krieglsteiner Pilzverein Thurgau
 Hemistropharia albocrenulata 9 Sporen Tubariaceae Strophariaceae Keimporus Apikulus dickwandig Mikroskopierkurs Feldmykologe Pilzschule
 Weißgezähnelter Träuschling (Hemistropharia albocrenulata) am 08.10.2023, Schweiz, Kanton Thurgau, Thur-Aue südlich von Sulgen (Weinfelden), GPS: N47°31'54.93" E9°10'44.55", 460 m NN), an basaler Stammwunde von mittelaltem Bergahorn (Acer pseudoplatanus) in Auwald über alkalischem Fluss-Schotter, 2 Frk., leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiner (zusammen mit Heidi Ulrich) - beachten Sie bei den großen, spindeligen Sporen den Keimporus, den Apiulus sowie die vor allem im Bereich der inneren Sporenwand lokalisierte Pigmentierung (vgl. z.B. die Sporen in der Mitte links im zweiten Sporenfoto).

 

Der Weißgezähnelte Träuschling steht makroskopisch tatsächlich zwischen einem Schüppling (das würde man von oben meinen, s.o.) und einem Träuschling, zu dem die Lamellenfarbe besser passt. Wie man in der Neubeschreibung der Gattung durch S. Jacobson (Mycotaxon 102: 235, 2007 (cybertruffle.org.uk) nachlesen kann, scheint die Verwandtschaft allerdings zu beiden Gattungen nicht allzu nahe zu sein – im Index of Fungi wird die Art (Stand heute …) in der vor Kurzem eher noch nicht abgetrennten Familie Tubariaceae geführt.

Ohne extrem genau nachzurecherchieren: es könnte sein, dass die Art in Ausbreitung begriffen ist, denn Fundberichte in Deutschland scheinen in den letzten Jahren etwas häufiger zu werden. So las ich erst kürzlich in der Südwestdeutschen Pilzrundschau (der Vereinszeitschrift des Vereins für Pilzkunde Stuttgart) von einem schönen Fund im Schönbuch. Dabei handelt es sich um eine eher nördlich verbreitete Art. Zumindest in Nordeuropa scheint Zitterpappel (Populus tremula) Hauptsubstrat zu sein, aber auch andere Laubbäume und sogar Fichte werden als Wirte angegeben (vgl. Jacobson in Funga Nordica). Ich bin gespannt, ob ich den Weißgezähnelten Träuschling bald wieder finden werde.

 


Pilz des Monats Oktober 2023 – Krause Zweige-Spaltlippe (Colpoma crispum)

Das erste Problem des heutigen Pilz des Monats ist – mal wieder – der deutsche Name. Die Art Colpoma crispum selbst findet man schon deshalb nicht mit deutschem Namen, da Funde in Deutschland zumindest Mangelware sind (auf www.pilze-deutschland.de finde ich in der Karte keinen Eintrag, aber die Bemerkung, dass 2 Datensätze vorliegen würden). Suche ich bei der häufigeren Verwandtschaft, so ist Colpoma quercinum eine an Eichenzweigen im Luftraum häufig in Deutschland gefundene (und makroskopisch z.B. gut bei fundkorb.de vorgestellte) Art. Die  angegebenen deutschen Namen überzeugen allerdings nicht: „Eingesenkter Eichenrinden-Schlauchpilz“ (z.B., aber nicht nur auf 123pilze) – nun ja, dann doch lieber gleich Lateinisch. Wie viele Schlauchpilze eingesenkt in Eichenästen fruktifizieren, wird man nicht leicht zählen können – und Eichenrinden-Schlauchpilz ist in etwa eine Bezeichnung wie für den Beringten Schleimrübling Buchenholz-Ständerpilz. Das kann man sich schenken. Die einzige (schnell gefundene) Alternative im Netz ist aber Eichen-Schildbecherling (so z.B. auf wikipedia). Das gefällt mir allerdings kaum besser, denn zum Einen sind die Fruchtkörper der Rhytismatales (Runzelschorf-Verwandte), wo Colpoma dazu gehört, keine ganz normalen Apothezien, sondern Lirellen, also eine Art besonders langgezogener (sich teils wie z.B. bei Rhytisma  oder bei Colpoma junperi, s.u. auch verzweigender) Becher mit nur einer Symmetrie-Ebene. An Schilde erinnern mich Colpoma-Arten ebenfalls kaum (ganz davon abgesehen, dass mit Scutellinia ein vollwertiger operculater Becherling Schildborstling heißt – und mit Colpoma keine Verwandtschaft besitzt), und insofern stehe ich wieder einmal vor der Aufgabe, einen deutschen Namen selbst zu erfinden. Neben dem Runzelschorf sind vor allem Spaltlippen (Lophodermium-Arten – solche findet man an vielerlei Pflanzenresten, einige Arten z.B. an Nadeln, aber meines Wissens nie an Holz) die nächsten Verwandten und auch ähnlich, insofern führe ich hier die Bezeichnung Zweige-Spaltlippe für Colpoma ein und bin gespannt, ob mir hierbei jemand folgen wird 😊

Für mich ist Colpoma crispum ein persönlicher Erstfund – die Aufsammlung stammt aus der Hohen Tatra (Slowakei), wo wir eine Woche unserer diesjährigen Slowakei-Exkursionsfahrt verbrachten. Substrat ist ein Ast von Latschenkiefer (Pinus mugo) in einem subalpinen Gebüsch. Die Pilze waren nach kurzen Regenfällen geöffnet und deshalb gut zu finden – bei Trockenheit schließen sich die Apothezien und sind kaum noch gut zu sehen. Es scheint ein seltsamer Zufall, dass eine der wenigen Darstellungen der Art im Internet (und auch die am besten zu meiner Aufsammlung passende) ganz in der Nähe gemacht wurde:  Nahuby.sk - Fotografia - kolpóma smreková Colpoma crispum (Pers.) Sacc. – der Fund stammt allerdings von einem Fichtenast. Typisch für die Art scheinen Wachstum an Nadelholz, die bei mir wie auf nahuby.sk etwas bläulich gefärbten Lirellen (bei Trockenheit dann eher grau bis schwarz), die verzweigten und knorrig-umgebogenen Paraphysen sowie die eigentümlich geformten, prägnanten Sporen (von denen ich nur wenige außerhalb des Ascus antraf, und das erst nach einer Woche im Kühlschrank) zu sein.

Colpoma crispum 1 Krause Zweige Spaltlippe Slowakei Hohe Tatra Latschenkiefer Pinus mugo subalpine Stufe Sehnsuchtsort Pilzschule Krieglsteiner Rhytismatales Lirelle
Colpoma crispum 2 Slowakei Hohe Tatra Schildbecherling Krause Zweig Spaltlippe Feldmykologe Krieglsteiner Pilzschule Schwaebischer Wald Runzelschorft Skipisten Fichten
Krause Zweig-Spaltlippe (Colpoma crispum) am 27.6.2023 bei Skalnate Pleso (unweit Lift-Station, n. Ysoke Tatry, Nationalpark Hohe Tatra, Slowakei) an abgefallenem Zweig von Latschenkiefer Pinus mugo am Boden in subalpinem, bodensaurem Latschengebüsch, 1818 m NN, GPS: N49°11'18.18" E20°13'39.23", leg. Kathairna & Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner
Colpoma crispum 3 Digital Lupe blaeulich Lirellen Pinus mugo Latschenkiefer Rhytismatales Sloakei Hohe Tatra selten Nadelholz Krause Zweig Spaltlippe Krieglsteiner
 Colpoma crispum 4 Krause Zweig Spaltlippe Pilz des Monats Krieglsteiner Pilzschule Feldmykologe Mikroskopierkurs Slowakei Hohe Tatra Skalnate Pleso Ysoke Tatry Tatra
 Colpoma crispum 5 trocken Digital Mikroskop Lirellen Rhytismatales Apothezien Hohe Tatra Slowakei Pilzschule Schwaebischer Wald Krieglsteiner Mikroskopierkurs
 Krause Zweig-Spaltlippe (Colpoma crispum) am 27.6.2023 bei Skalnate Pleso (unweit Lift-Station, n. Ysoke Tatry, Nationalpark Hohe Tatra, Slowakei) an abgefallenem Zweig von Latschenkiefer Pinus mugo am Boden in subalpinem, bodensaurem Latschengebüsch, 1818 m NN, GPS: N49°11'18.18" E20°13'39.23", leg. Kathairna & Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner - die drei Fotos wurden mit einer dnt-Digitallupe erstellt und zeigen frischere (erstere 2 Fotos) sowie angetrocknete, etwas ältere (letztes Foto) Stadien. Voll eingetrocknet ist allerdings von den Pilzen nicht mehr viel zu erkennen.
 Colpoma crispum 6 Asci Sporen parallel 8 Ascomycet Schlauchpilz Hohe Tatra Slowakei Rhytismatales Pilzschule Pilzkurse Seminare Krieglsteiner Mikroskopierkurs
 Colpoma crispum 7 Krause Zweig Spaltlippe Hohe Tatra Slowakei Nationalpark Latschengebuesch Pinus mugo subalpine Stufe Fichtenforst Skipisten Krieglsteiner Asci
 Colpoma crispum 8 Schlauchpilz Schildbecherling Krause Zweig Spaltlippe Rhytismatales Runzelschorf Lirellen Sporen parallel Ascus Mikroskopierkurs Feldmykologe
 Colpoma crispum 9 Krause Zweig Spaltlippe Asci Jod inamyloid Baral Sporen parallel achtsporig jodnegativ Slowakei Nationalpark Hohe Tatra subalpine Stufe Latschenkiefe
 Krause Zweig-Spaltlippe (Colpoma crispum) am 27.6.2023 bei Skalnate Pleso (unweit Lift-Station, n. Ysoke Tatry, Nationalpark Hohe Tatra, Slowakei) an abgefallenem Zweig von Latschenkiefer Pinus mugo am Boden in subalpinem, bodensaurem Latschengebüsch, 1818 m NN, GPS: N49°11'18.18" E20°13'39.23", leg. Kathairna & Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner - auf den Fotos zu sehen sind vor allem die 8-sporigen Asci mit 8 parallel gelagerten Sporen. Im letzten Foto wurde mit Baralscher Lösung gefärbt, um eine eventuelle Amyloidität der Schläuche oder des ganzen Hymeniums zu testen. Bei Colpoma ist das jodnegativ - bei manchen lichenisierten, ähnlich aussehenden Pilzen reagiert manches blau ...
 Colpoma crispum 10 Sporen abgerundet zugespitzt einseitig Rhytismatales Runzelschorf Ascomycet Schlauchpilz Schildbecherling Krieglsteiner Mikroskopierkurs Feldmykolog
 Krause Zweig-Spaltlippe (Colpoma crispum) am 27.6.2023 bei Skalnate Pleso (unweit Lift-Station, n. Ysoke Tatry, Nationalpark Hohe Tatra, Slowakei) an abgefallenem Zweig von Latschenkiefer Pinus mugo am Boden in subalpinem, bodensaurem Latschengebüsch, 1818 m NN, GPS: N49°11'18.18" E20°13'39.23", leg. Kathairna & Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner - erst nach mehreren Tagen Lagerung im Kühlschrank gelang es, auch freie Sporen darzustellen. Bei den Präparaten am Fundtag waren nur Sporen im Schlauch zu sehen (s.o.).
 Colpoma crispum 11 Paraphysen guttulat Tropfen lebend Merkmal Vital Taxonomie Baral verzweigt knorrig gebogen haploid Mikroskopierkurs Krieglsteiner Pilzschule
 Colpoma crispum 12 Paraphysen Pilzschule Schwaebischer Wald Mikroskopierkurs Feldmykologe Vitaltaxonomie Krieglsteiner Lothar Katharina Hohe Tatra Slowakei
 Colpoma crispum 13 Paraphysen knorrig gekruemmt Epithezium Asci 8 sporig parallel Mirkoskopierkurs Pilzschule Schwaebischer Wald Krieglsteiner Katharina Pilzexpertin
 Colpoma crispum 14 quercinum juniperi Schildbecherling Spaltlippe Lophodermium Rhytismatales Lirellen Asci Paraphysen Pilzschule Schwaebischer Wald Krieglsteiner
 Colpoma crispum 15 Paraphysen guttulat Vakuolen Guttulen Epithezium Krieglsteiner Mikroskopierkurs Slowakei Hohe Tatra nahuby sk Fichtenforst Skipiste Sehnsuchtsort
 Krause Zweig-Spaltlippe (Colpoma crispum) am 27.6.2023 bei Skalnate Pleso (unweit Lift-Station, n. Ysoke Tatry, Nationalpark Hohe Tatra, Slowakei) an abgefallenem Zweig von Latschenkiefer Pinus mugo am Boden in subalpinem, bodensaurem Latschengebüsch, 1818 m NN, GPS: N49°11'18.18" E20°13'39.23", leg. Kathairna & Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner - die Fotos focussieren vor allem auf die Paraphysen. Beachten Sie deren starke Verzweigung und Krümmung, weshalb sie kaum auf großer Front in einer Schärfe-Ebene gezeigt werden können. Die Krümmungen an der Spitze bilden eine Art Epithezium, wodurch die Asci von einer durch die Paraphysenspitzen gebildeten Deckschicht eingeschlossen sind - eine Anpassung gegen Austrocknung der Fruchtschicht. Achten Sie auch auf die Paraphysen-Inhalte; ein Lebendmerkmal, das in letalen Medien oder im Exsikkat rasch verwschwinden kann. Die Inhalte bestehen hier aus kleinen Vakuolen-Guttulen, die tot zunächst zerfließen und dann optisch verschwinden.
 Colpoma crispum 16 Excipulum dunkel Krieglsteiner Mikroskopierkurs Lirellen Becherling Zweige Spaltlippe Slowakei Nationalpark Hohe Tatra Pilzexpertin Feldmykologe
 Krause Zweig-Spaltlippe (Colpoma crispum) am 27.6.2023 bei Skalnate Pleso (unweit Lift-Station, n. Ysoke Tatry, Nationalpark Hohe Tatra, Slowakei) an abgefallenem Zweig von Latschenkiefer Pinus mugo am Boden in subalpinem, bodensaurem Latschengebüsch, 1818 m NN, GPS: N49°11'18.18" E20°13'39.23", leg. Kathairna & Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner - das Foto zeigt Details aus dem ektalen Exzipulum, d.h. des Gehäuses der Lirelle (Apothezium). 

 

Die Hohe Tatra war für uns nach Ansehen verschiedener Naturfilme immer so eine Art Sehnsuchtsort gewesen, und wir waren sehr gespannt auf ihre Erkundung. Trotz durchaus zahlreicher schöner Eindrücke (und auch einiger netter Funde – insgesamt war es aber eher enttäuschend pilzarm) hat dieses Bild bei uns doch einige Risse bekommen. Zunächst sind die tieferen Lagen von einem recht konsequenten Fichtenforst bestockt. Man müht sich zwar, wieder eine reichhaltigere Baumschicht zu erreichen, was allerdings sehr lange dauern wird. Auch ist das Gebirge vielerorts doch arg überlaufen – an manchen Wanderwegen trifft man sehr viele Leute und bemerkt diesen Einfluss auch an einer nährstoff-angereicherten Vegetation. Dazu tragen natürlich auch verschiedene Lifte und zugehörige Gebirgs-Restaurants sowie natürlich auch die obligatorischen Skipisten bei. Botanisch und mykologisch deutlich spannender wird es meist erst oberhalb der Waldstufe – aus der Latschenstufe stammt der vorgestellte Fund.

Ich füge auch noch ein Foto der Wacholder-Zweig-Spaltlippe (Colpoma juniperi) bei, die wir auf der gleichen Exkursion ebenfalls fanden – eine Art, die auch in Deutschland schon desöfteren gefunden wurde – sowie ein Foto eines auf ihr wachsenden Parasiten: Tremella junperina.

Colpoma crispum 17 Colpoma juniperi Wacholder Zweig Spaltlippe Juniperus Slowakei Hohe Tatra Skalnate Pleso Ysoke Tatry Krieglsteiner Pilzschule Schwaebischer Wald
Wacholder-Zweig-Spaltlippe (Colpoma junperi) am 27.6.2023 bei Skalnate Pleso (unweit Lift-Station, n. Ysoke Tatry, Nationalpark Hohe Tatra, Slowakei) an abgefallenem Zweig von Latschenkiefer Pinus mugo am Boden in subalpinem, bodensaurem Latschengebüsch, 1799,m NN, GPS: N49°11'24.76" E20°13'56.65"; leg. Kathairna & Lothar Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner - Die Art wurde auf der gleichen Exkursion ebenfalls gefunden, darum zeige ich auch von ihr noch ein Bild. Im Gegensatz zu C. crispum (stets?) bildet C. juniperi (wie die häufige C. quecinum) auch verzweigte Lirellen. 
Colpoma crispum 18 Tremella juniperina Colpoma juniperi Hohe Tatra Slowakei Ysoke Tatry Skalnate Pleso Skilift Latschengebuesch Pinus Mugo Pilzschule Seminare Kurse
der Parasit Zweigspaltlippen-Zitterling (Tremella juniperina) auf Lirellen der Wacholder-Zweig-Spaltlippe (Colpoma junperi) am 27.6.2023 bei Skalnate Pleso (unweit Lift-Station, n. Ysoke Tatry, Nationalpark Hohe Tatra, Slowakei) an abgefallenem Zweig von Latschenkiefer Pinus mugo am Boden in subalpinem, bodensaurem Latschengebüsch, 1799,m NN, GPS: N49°11'24.76" E20°13'56.65"; leg. Kathairna & Lothar Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner

 

Wie man diese oder andere Pilze mikroskopisch präpariert, lernen Sie bei einem Mikroskopierkurs von PIlzschule Schwäbischer Wald.


Pilz des Monats September 2023 – Schwarzschneidiger Stachelschirmling (Echinoderma hystrix, auch Lepiota hystrix)

Oft muss ich, wenn ich einen Pilz für diese Rubrik auswähle, den deutschen Namen nachschlagen, da doch viele meiner „Kandidaten“ nicht allzu häufig sind und deshalb keine ganz geläufigen deutschen Namen besitzen. Beim Googeln fand ich mit „Kegelschuppiger Stachelschirmling“ einen Namen (allen voran auf dem immer ganz vorne aufscheinenden 123pilze, aber auch auf weiteren Seiten), den ich für äußerst nichtssagend, für die ganze Gattung zutreffend erachte. Kegelige (pyramidale) Schuppen sind ja gerade das Kennzeichen der ganzen nicht mehr ganz so neuen Gattung Echinoderma (Stachelschirmling),  die auch von manchen Autoren immer noch (mit gleichem Recht …) als Sektion Echinatae der Großgattung Lepiota („Kleinschirmlinge“) angesehen wird.

Dabei ist doch E. hystrix ein sehr prägnanter Pilz, der einen aussagekräftigeren deutschen Namen verdient – und auf Anhieb fielen mir gleich 3 meiner Meinung nach bessere Kandidaten ein, von denen ich einen (s.o.) in die Kopfzeile gesetzt habe. Gute Vorschläge wären meiner Meinung nach auch Stachelschwein-Stachelschirmling (das lateinische Wort hystrix bezeichnet ein solches Tier – verschiedene Arten von Stachelschweinen stehen heute auch in der Gattung Hystrix innerhalb der Nagetiere – und es ist ja sehr üblich heutzutage, die deutschen Namen einfach von lateinischen abzuleiten) oder auch Duftender Stachelschirmling, denn die Art verströmt einen ganz charakteristischen Geruch, der jedoch auch nicht unbedingt von jedem Perzipienten gleichartig empfunden wird. So findet man in Funga Nordica (die Gattungsbearbeitung ist von Christian Lange) die Angabe „wie Katzenurin oder Holunderblüten“, auf 123pilze (vielleicht nicht die verlässlichste Quelle) „angenehm pilzartig, würzig“. Weitere Quellen habe ich mir nicht die Mühe gemacht, zu konsultieren, bin aber sicher, dass noch andere Versionen gefunden werden können. Für meine persönliche Wahrnehmung liegt die Wahrheit irgendwo in der Mitte zwischen Funga Nordica und 123pilze, denn ich fand den Geruch angenehm, etwas schwulstig-süßlich, mit leicht unangenehmer Komponente (Katzenpipi hätte ich aber nicht unbedingt geschrieben) – auf alle Fälle aber sehr prägnant und von hohem Wiedererkennungswert und so wie bei keimem anderen bisher von mir berochenen Vertreter der Gattung Echinoderma.

Der Stachelschwein-Stachelschirmling (nun verwende ich meinen zweiten Namenskandidaten) scheint recht selten zu sein, jedenfalls dort, wo ich gewöhnlich nach Pilzen suche. Ich kann mich dunkel erinnern, ihn in meiner Jugend auf Tagungen in der Schweiz und/oder Österreich im Alpenraum gesehen zu haben, dann sehr lange nicht. Im Jahr 2004 (so habe ich gerade in meiner ersten Nachtrags-Publikation zur Pilzflora der Rhön nachgesehen) fand ich die Art in einem tollen Bachtal in der Rhön erstmals selbständig und bewusst (Seebachtal bei Gefäll, ein auch sonst außergewöhnliches Pilzgebiet) – damals hatte ich noch keine Digital-Kamera und somit gibt es auch keine Fotos vom Fund. Im letzten Jahr dann brachte ein Kursteilnehmer einen Fruchtkörper zur Besprechung bei einer Exkursion anlässlich des B4-Kurses zu mir, der infolge des ganzen Trubels und der vielen Pilze und Teilnehmer mit ihren Wünschen nur durch ein sehr schnell gemachtes, schlechtes Foto dokumentiert werden konnte (im nahe gelegenen Irsbachtal bei Sulzbach am Kocher). Und nun der Kurs Feldmykologe 2 😊 – freuen Sie sich also mit mir an den gefundenen zwei Fruchtkörpern, die nicht gemeinsam, sondern im Abstand von ca. 100 m zueinander im gleichen Bachtal gefunden werden konnten.

Echinoderma hystrix 1 Stachelschwein Stachelschirmling Schwarzschneidiger Schwaebischer Wald Gaildorf Schoenberg Osterbachtal Kalk Mergel Bergahorn Pilzkurs
Echinoderma hystrix 2 Kegelschuppiger Stachelschirmling Feldmykologe Krieglsteiner Pilzschule Lamellenschneide schwarz Geruch Holunderblten Katzenpipi angenehm

Schwarzschneidiger Stachelschirmling (Stachelschwein-St., Duftender St., Kegelhütiger St. - Echinoderma hystrix (auch Lepiota hystrix) am 24.08.2023 im "Osterbachtal" bei Gaildorf-Schönberg (Baden-Württemberg, Schwäbisch-Fränkischer Wald, Landkreis Schwäbisch Hall, Nebenbach zum Kocher), MTB 7024.2, 400 m NN, GPS: N48°57'41.35" E9°48'7.26", 2 einzeln wachsende Fruchtkörper im Abstand von ca. 100 m in Bach-Aue mit Laubgehölzen (dominierend Bergahorn, Hainbuche) über kalkhaltigem Boden (Bunte Mergel), leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiuner (anlässlich PIlzkurs Feldmykologe 2) - die beiden Bilder zeigen jeweils einen Fruchtkörper im Boden, den anderen dazu gelegt

 Echinoderma hystrix 3 Schwarzsschneidiger Stachelschirmling Hutoberseite pyramidale Stacheln Geruch angenehm suesslich Pilzschule Feldmykologe Krieglsteiner
 Echinoderma hystrix 4 Stachelschwein Lamellenschneide Cheilozystiden schwarz Ring Velum Saprobiont Agaricaceae Pilzkurse Pilzschule Feldymykologe Krieglsteiner
 Echinoderma hystrix 5 Schwarzschneidiger Stachelschirmling Kegelschuppiger Lamellenschneide Cheilozystiden schwarz gefaerbt Inhalt Schwaebisch Hall Krieglsteiner
 Schwarzschneidiger Stachelschirmling (Stachelschwein-St., Duftender St., Kegelhütiger St. - Echinoderma hystrix (auch Lepiota hystrix) am 24.08.2023 im "Osterbachtal" bei Gaildorf-Schönberg (Baden-Württemberg, Schwäbisch-Fränkischer Wald, Landkreis Schwäbisch Hall, Nebenbach zum Kocher), MTB 7024.2, 400 m NN, GPS: N48°57'41.35" E9°48'7.26", 2 einzeln wachsende Fruchtkörper im Abstand von ca. 100 m in Bach-Aue mit Laubgehölzen (dominierend Bergahorn, Hainbuche) über kalkhaltigem Boden (Bunte Mergel), leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiuner (anlässlich PIlzkurs Feldmykologe 2) -  Detail-Fotos von Hutoberfläche, Ring und Lamellenschneide. Letztere ist bei dieser Aufsammlung (das war nicht so bei meinen bisherigen Funden) nur schwach schwarz unterlegt, nur bei etwas genauerem Hinsehen erkennbar und auch nicht an allen Teilen beider Fruchtkörper deutlich.

 Mikroskopisch sind dunkle Cheilozystiden charakteristisch (welch Wunder bei schwarzen Lamellenschneiden – diese sind übrigens bei diesem Fund nicht allzu auffällig und nur bei genauerem Hinsehen gut erkennbar, vgl. Detail-Fotos), die eine relativ schlank-keulige Form haben. Die zur Literatur passenden (von mir nicht genau vermessenen) Sporen sind wie bei den meisten (nicht allen!) Vertretern der Gattung (und der meisten Lepiota-Arten) stark dextrinoid.

Echinoderma hystrix 6 Cheilozystiden schwarz pigmentiert keulig Lamellenschneide Baden Wuerttemberg Schwaebisch Hall Gaildorf Osterbachtal Feldmykologe Pilzkunde
Schwarzschneidiger Stachelschirmling (Stachelschwein-St., Duftender St., Kegelhütiger St. - Echinoderma hystrix (auch Lepiota hystrix) am 24.08.2023 im "Osterbachtal" bei Gaildorf-Schönberg (Baden-Württemberg, Schwäbisch-Fränkischer Wald, Landkreis Schwäbisch Hall, Nebenbach zum Kocher), MTB 7024.2, 400 m NN, GPS: N48°57'41.35" E9°48'7.26", 2 einzeln wachsende Fruchtkörper im Abstand von ca. 100 m in Bach-Aue mit Laubgehölzen (dominierend Bergahorn, Hainbuche) über kalkhaltigem Boden (Bunte Mergel), leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiuner (anlässlich PIlzkurs Feldmykologe 2) - das Bild zeigt die schmal keulenförmigen, schwarz eingefärbten (intrazelluläres und parietales Pigment) Cheilozystiden auf der sterilen Lamellenschneide. Dunkle Cheilozystiden als dichtes Band ist die gleiche Aussage wie dunkel gefärbte Lamellenschneiden bei ansonsten hellen Lamellen (Mikroskopie und Makroskopie als 2 Seiten einer Medaille).
Echinoderma hystrix 7 Lepiota hystrix Sporen zylindrisch KOH Sporenpulver weiss Mikroskopierkurs Pilzschule Schwaebischer Wald Feldmykologe PSV
Echinoderma hystrix 8 Sporen dextrinoid Melzers Reagens rotbraun Mikroskopierkurs PSV Feldmykologe Stachelschwein Stachelschirmling Krieglsteiner Feldmykologe
Schwarzschneidiger Stachelschirmling (Stachelschwein-St., Duftender St., Kegelhütiger St. - Echinoderma hystrix (auch Lepiota hystrix) am 24.08.2023 im "Osterbachtal" bei Gaildorf-Schönberg (Baden-Württemberg, Schwäbisch-Fränkischer Wald, Landkreis Schwäbisch Hall, Nebenbach zum Kocher), MTB 7024.2, 400 m NN, GPS: N48°57'41.35" E9°48'7.26", 2 einzeln wachsende Fruchtkörper im Abstand von ca. 100 m in Bach-Aue mit Laubgehölzen (dominierend Bergahorn, Hainbuche) über kalkhaltigem Boden (Bunte Mergel), leg., det., Fotos Lothar Krieglsteiuner (anlässlich PIlzkurs Feldmykologe 2) - die beiden Fotos zeigen noch in der Lamelle befindliche Sporen (kein Abwurf), zunächst ungefärbt im Wasser-Präparat und dann bei einem Weiß-Sporer natürlich hyalin, dann angefärbt mit Melzers Reagens (rotbraun, also dextrinoid). 

Bei einem Mikroskopierkurs von Pilzschule Schwäbischer Wald können Sie die grundlegenden Techniken der Präparation von Pilzfruchtkörpern für die Mikroskopie erlernen 😊


Pilz des Montas August 2023: Ohrförmige Lorchel (Wynnella silvicola, früher Otidea auricula: Lederiger Öhrling)

Makroskopisch (bis auf die sehr zähe Konsistenz) ein Öhrling (Otidea), mikroskopisch und molekular eine Lorchel – die Ohrförmige Lorchel (Wynnella silvicola, auch Helvella silvicola) ist schon ein etwas merkwürdiger Pilz. Bisher war er mir in meinem ganzen Leben noch nie begegnet, obwohl ich ihn schon als Kind im Buch „Pilze, die nicht jeder kennt“ von einem meiner ersten Pilzlehrer, dem damaligen schwäbischen Pilz-Guru Dr. Hans Haas, theoretisch kennen lernte (Haas lebte damals in Weinstadt-Schnait und war einige Male bei uns in Durlangen zu Besuch - und fand so viel Gefallen am „kleinen Lothar“, dass er ihm seine populären Pilzbücher mit einer schönen Widmung schenkte). Die damals wie heute nur wenig bekannte Art hieß damals Otidea auricula, war natürlich ein Öhrling und in der Gattung mit Esels- und Hasenohr, was auch sonst – Mikrokopie? Ja, gab es auch schon, aber war doch bei so einem makrokopisch klaren Pilz ganz unnötig (ich bin unsicher, ob schon damals jemandem aufgefallen war, dass die Sporen genau wie die von Lorcheln aussehen … - und Molekularbiologie gab es ohnehin noch nicht.

Heute steht der Pilz eindeutig in F. Helvellaceae, und zwar sehr nahe der Gattung Helvella, und er wurde auch schon in diese Gattung (also die Gattung von Herbst- und Grubenlorchel, Elastischer Lorchel, Gerippter Becherlorchel und Grauem Langfüßer) gestellt. Kleine Ergänzung: Balsamtrüffeln (Balsamia) haben ebenfalls sehr ähnliche Sporen und gehören in Familie Helvellaceae – aus dieser Gattung könnte man auch gut einmal einen Pilz des Monats machen …

In Mitteleuropa hat die selten gefundene W. silvicola ihre Hauptverbreitung im Alpenraum, es handelt sich also um einen Pilz mit hochmontaner bis subalpiner Verbreitung. Nun ist es so, dass ich in solche Habitate auch nicht so häufig komme, vor allem nicht zu guter Pilz-Zeit, und so hat es bis vor wenigen Wochen gedauert, bis ich diesen schönen und leicht makroskopisch kenntlichen Pilz erstmals live zu Gesicht bekam. Nun – jedenfalls war ich durchaus erstaunt, als es nun klappte, und zwar nur auf ca. 750 m Meereshöhe – am Rand des slowakischen Nationalparks  Muránska planina. (auf Deutsch Muráner Gebirge), wo wir eine gute Woche unserer diesjährigen Exkursionsfahrt zubrachten. Dort findet sich schon auf relativ niedrigen Meereshöhen Gebirgsklima, was man u.a. daran festmachen kann, dass dort z.B. auch Vorkommen der hochmontan-subalpinen Latschenkiefer ebenfalls schon auf 750 m Meereshöhe beginnen.

Wynnella silvicola 1 Otidea auricula Ohrfoermige Lorchel Lederiger Oehrling Slowakei Muranska planina Murn Slowakei Krieglsteiner pilzkunde
Wynnella silvicola 2 Slowakei Muranska planina Mykorrhiza Kiefer hochmontan subalpin Lorchel Oerhling Otidea auricula Apothezien Sporen
Wynnella silvicola 3 Hans Haas Pilze die nicht jeder kennt Krieglsteiner Slowakei Mikroskopie molekular Lorchel Lederiger Oerhling Ohrfoermige Lorchel Feldmykologe
Wynnella silvicola 4 Otidea auricula atrofusca Lederiger Oerhling Slowakei Exkursionsfahrt Muranska planina Gebirgsklima Mykorrhizapilz Fichte Kiefer
Wynnella silvicola 5 Schnitt Pigment Fruchtschicht Paraphysen Exzipulum keulige Endzellen Apothezium einseitig ausgezogen intricata angularis Palisaden Exzipulum

Ohrförmige Lorchel versus Lederiger Öhrling (Wynnella silvicola alias Otidea auricula, auch bekannt als Wynnella atrofusca und Helvella silvicola) am 21.(erste 3 Fotos) bzw. 23.06.2023 (letzte 2 Fotos) unweit von Vaľkovňa am Nordrand des Nationalpark Muránska planina (zentrale Slowakei, Banskobystrický kraj, Nová Maša, GPS: N48°49'42.57" E20°2'29.02" bzw. N48°49'44.11" E20°2'23.58", 760 bzw. 741 m NN), unter Kiefer (und Fichte) am Rand von unbefestigtem Waldweg über Kalkboden an nicht nährstoff-angereichertem, naturnahem Standort, leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner.

Das letzte Foto zeigt einen Anschnitt der Fruchtkörper-Basis und die helle Grenze zwischen der dunklen Fruchtschicht (innen bzw. unten im Bild) und dem ebenfalls gefärbten äußeren Exzipulum. Das Helle in der Mitte besteht aus textura intricata.

 Wynnella silvicola 6 Lederiger Oehrling Hans Haas Pilze die nicht jeder kennt Sporen Oeltropfen Lorchel Helvella Krieglsteiner Pilzexpertin Feldmykologe PSV Katharina

 Ohrförmige Lorchel versus Lederiger Öhrling (Wynnella silvicola alias Otidea auricula, auch bekannt als Wynnella atrofusca und Helvella silvicola) am 21.(erste 3 Fotos) bzw. 23.06.2023 (letzte 2 Fotos) unweit von Vaľkovňa am Nordrand des Nationalpark Muránska planina (zentrale Slowakei, Banskobystrický kraj, Nová Maša, GPS: N48°49'42.57" E20°2'29.02" bzw. N48°49'44.11" E20°2'23.58", 760 bzw. 741 m NN), unter Kiefer (und Fichte) am Rand von unbefestigtem Waldweg über Kalkboden an nicht nährstoff-angereichertem, naturnahem Standort, leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Foto Katharina Krieglsteiner.

Beachten Sie die typische Ellipsenform und den großen zentralen Öltropfen, flankiert an den Enden von einigen kleineren Guttulen. Genauso sehen auch die Sporen der meisten anderen Lorchelarten aus.

 Wynnella silvicola 7 Krieglsteiner Pilzkurse Seminare Ascus 8 sporig Oeltropfen Guttulen eifoermig Paraphysen Pigment Krieglsteiner Mikroskopie Slowakei Muranska
 Wynnella silvicola 8 atrofusca Otidea auricula Asci Sporen Paraphysen Pigment Mikroskopie molekular Lorchel Oehrling Mykorrhiza Lederiger Gebirgsklima subalpin
 Wynnella silvicola 9 Asci Paraphysen braun pigmentiert Hymenium Fruchtschicht Krieglsteiner Mikroskopie Lorchel Helvella Sporen eifoermig Feldmykologe PSV Ausbildung

Ohrförmige Lorchel versus Lederiger Öhrling (Wynnella silvicola alias Otidea auricula, auch bekannt als Wynnella atrofusca und Helvella silvicola) am 21.(erste 3 Fotos) bzw. 23.06.2023 (letzte 2 Fotos) unweit von Vaľkovňa am Nordrand des Nationalpark Muránska planina (zentrale Slowakei, Banskobystrický kraj, Nová Maša, GPS: N48°49'42.57" E20°2'29.02" bzw. N48°49'44.11" E20°2'23.58", 760 bzw. 741 m NN), unter Kiefer (und Fichte) am Rand von unbefestigtem Waldweg über Kalkboden an nicht nährstoff-angereichertem, naturnahem Standort, leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner.

Die Fotos zeigen weiterhin die Sporen, teils zu 8 in den Schläuchen (Asci) sowie die leicht keulig angeschwollenen Paraphysen mit dem Pigment. Zur Erinnerung: die Paraphysen entstehen wie das Exzipulum aus haploiden, nicht miteinander fusionierten Zellen - im Gegensatz zu den dikaryotischen ascogenen Hyphen (schlauch-bildenden Zellen), ein wesentlicher Unterschied zwischen Schlauch- und Ständerpilz.

 Wynnella silvicola 10 Schnitt Excipulumtextura prismatica Endzellen Palisaden braun pigmentiert keulig abgerundet Mikroskopierkurs Pilzschule Schwaebischer Wald
 Wynnella silvicola 11 Helvella atrofusca Otidea auricula Lederiger Oehrling Ohrfoermige Lorchel Slowakei Muranska planina Valkovna naehrstoffarm artenreich
 Wynnella silvicola 12 Exzipulum Endzellen Palisade braun keulig intrazellulaer Pigment Krieglsteiner Mikroskopierkurs Feldmykologe PSV Raritaet sehr selten Pilzkurs

Ohrförmige Lorchel versus Lederiger Öhrling (Wynnella silvicola alias Otidea auricula, auch bekannt als Wynnella atrofusca und Helvella silvicola) am 21.(erste 3 Fotos) bzw. 23.06.2023 (letzte 2 Fotos) unweit von Vaľkovňa am Nordrand des Nationalpark Muránska planina (zentrale Slowakei, Banskobystrický kraj, Nová Maša, GPS: N48°49'42.57" E20°2'29.02" bzw. N48°49'44.11" E20°2'23.58", 760 bzw. 741 m NN), unter Kiefer (und Fichte) am Rand von unbefestigtem Waldweg über Kalkboden an nicht nährstoff-angereichertem, naturnahem Standort, leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner.

Die Fotos zeigen das palisadenartig ausmündende ektale Exzipulum (äußere Rindenschicht) mit keulig auslaufenden, braun pigmentierten Endzellen auf einer textura angularis. Wie in den Paraphysen liegt hier Pigment in den Zellen vor - das ist bei Asci nie der Fall.

 

Wir fanden W. silvicola im gleichen Fundgebiet (unweit der Ortschaft Valkovna) an zwei wenige 100 m voneinander entfernten Klein-Stellen, jeweils gesellig wachsend. Beim ersten Mal war es ein  (vollkommen unbefestigter) Weg in einem mit Fichten gemischten naturnahen Kiefernwald, beim zweiten Mal ebenfalls ein unbefestigter, wenig benutzter Weg in der Bachaue mit Kiefern (und Fichten), in der Nähe von Strauchweidengebüschen u.a.; der Boden bildete sich über Kalkgestein. Die Fundorte sind jeweils erfreulich unbelastet, arm an Nährstoffeinträgen, was sich auch sonst in der Pflanzen- und Pilzflora der Umgebung abbildete.

Wie andere Lorcheln ist sicher auch W. silvicola ein Mykorrhizapilz, in unserem Falle dürfte die Kiefer (oder doch die Fichte?) der Baumpartner gewesen sein. Wir sind gespannt, wann uns H. silvicola wieder begegnen wird. Wenn es bei mir wieder 58 Jahre dauert, dann wird es wohl nichts mehr mit einem Wiederfund 😉.


Pilz des Monats Juli 2023 – Fleischroter Holztrichterling (Clitocybe subbulbipes ss. E. Ludwig– bwz. C. americana)

Diesen Pilz fand ich im Zuge einer Auftragskartierung – für die Heinz-Sielmann-Stiftung, in deren Schutzgebiet auf der östlichen Schwäbischen Alb bei Lauterstein-Weißenstein, am dortigen Schloßberg. Der Fundort ist ein Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), bestanden mit Buchenwald (in den nicht so skelettreichen, weniger steilen Partien) und Edellaubholz-Schluchtwald (Fraxino-Aceretum pseudoplatani). Im Zuge der Kartierung im Jahr 2022 konnten einige sehr interessante Pilze gefunden und bestimmt werden, darunter die hier vorgestellte Art.

Trichterlinge sind nicht unbedingt leicht zu bestimmen – dies gilt jedenfalls sehr häufig, besonders dann, wenn man kein Spezialist der Gattung ist und Trichterlinge nur ab und zu mikroskopiert. In diesem Falle hatte ich jedoch von Anfang an eine gewisse Hoffnung, denn die Fruchtkörper wuchsen büschelig an morschem Holz (genau gesagt ein Buchenstumpf) und dazu wiesen sie eine innerhalb der Trichterlinge doch nicht ganz so häufig vorkommende Farbkombination auf. Genau genommen erinnerten sie mich stark an den Fleischfalben Trichterling (Clitocybe diatreta), den ich aber ziemlich gut kenne und auch schon oft fand, eigentlich immer an deutlich sauren Standorten, meist in der Streu oder im Moos in Nadel-, seltener auch Laubwäldern. Die Ökologie weicht hier deutlich ab, und so war ich mit der ersten Idee nicht ganz zufrieden (C. diatreta war übrigens hier schon einmal Pilz des Monats – falls Sie nachlesen wollen: Clitocybe diatreta - Fleischfalber Trichterling - Seite 5 (pilzkunde.de)).

Die Recherche führte mich dann schließlich zu C. subbulbipes Murrill 1916, einer aus Nordamerika beschriebenen Art, die aber auch schon aus Deutschland bezeugt wurde, und zwar wohl zuerst glaubhaft von M. Schmidt (25.9.2005, Brandenburg, an Holzresten von Holunder – vgl. Pilzkompendium von E. Ludwig Band 3 – dort ist auch eine ganz passabel zur Weißensteiner Kollektion passendes Aquarell abgedruckt).

Clitocybe americana 1 subbulbipes Fleischroter Holztrichterling Buchenstumpf Schwaebische Alb Malm Kalk Baden Wuerttemberg Weissenstein Krieglsteiner
Clitocybe americana 2 subbulbipes Heinz Sielmann Stiftung Auftragskartierug Specht Meusers Ludwig Pilzkompendium Buchenstumpf Buchenwald Holz
Fleischroter Holz-Trichterling (Clitocybe americana = C. subbulbipes ss. E. Ludwig, Pilzkompendium) am 23.09.2022 am "Schloßberg" bei Lauterstein-Weißenstein (Schwäbische Alb ssö. Schwäbisch Gmünd, nnö. Geislingen an der Steige, Landkreis Heidenheim), teils büschelig an morschem Buchenstumpf (Finalphase) in Laubmischwald an Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), 584 m NN, MTB 7225/3, GPS: N48°42'13.55" E9°53'4.99", leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Beachten Sie beim ersten Foto die kräftigen weißen Myzelstränge (Rhizoiden). Diese werden auch von P. Specht (Der Tintling 28, Juni 2023) erwähnt.
 Clitocybe americana 3 subbulbipes Pruina Reif bereift Buchenholz amerikanische Art Bigelow Murrill PIlzschule Schwaebischer Wald Krieglsteiner Pilzkurse
 Fleischroter Holz-Trichterling (Clitocybe americana = C. subbulbipes ss. E. Ludwig, Pilzkompendium) am 23.09.2022 am "Schloßberg" bei Lauterstein-Weißenstein (Schwäbische Alb ssö. Schwäbisch Gmünd, nnö. Geislingen an der Steige, Landkreis Heidenheim), teils büschelig an morschem Buchenstumpf (Finalphase) in Laubmischwald an Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), 584 m NN, MTB 7225/3, GPS: N48°42'13.55" E9°53'4.99", leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Beachten Sie die Pruina (Bereifung des Hutes), die beim jungen Fruchtkörper noch am umgekrempelten Hutrand nahezu vollständig ist.
 Clitocybe americana 4 subbulbipes Studio Baden Wuerttemberg Schwaebische Alb Weissenstein Heinz Sielmann Stiftung Feldmykologe Pilzkartierung
 Fleischroter Holz-Trichterling (Clitocybe americana = C. subbulbipes ss. E. Ludwig, Pilzkompendium) am 23.09.2022 am "Schloßberg" bei Lauterstein-Weißenstein (Schwäbische Alb ssö. Schwäbisch Gmünd, nnö. Geislingen an der Steige, Landkreis Heidenheim), teils büschelig an morschem Buchenstumpf (Finalphase) in Laubmischwald an Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), 584 m NN, MTB 7225/3, GPS: N48°42'13.55" E9°53'4.99", leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner (Studio-Foto)
 Clitocybe americana 5 Fleischroter Holztrichterling bereift diatreta Ludwig Specht amerikanische Art Deutschland Baden Wuerttemberg Krieglsteiner
 Fleischroter Holz-Trichterling (Clitocybe americana = C. subbulbipes ss. E. Ludwig, Pilzkompendium) am 23.09.2022 am "Schloßberg" bei Lauterstein-Weißenstein (Schwäbische Alb ssö. Schwäbisch Gmünd, nnö. Geislingen an der Steige, Landkreis Heidenheim), teils büschelig an morschem Buchenstumpf (Finalphase) in Laubmischwald an Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), 584 m NN, MTB 7225/3, GPS: N48°42'13.55" E9°53'4.99", leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Das Studio-Foto zeigt Reste der Pruina auch auf der Hut-Bedeckung.
 Clitocybe americana 6 hygrophan Steilhang Schluchtwald Edellaubholz Malm Kalk Buchenstumpf Oekologie diatreta Ludwig Specht Krieglsteiner Pilzkompendium
 Fleischroter Holz-Trichterling (Clitocybe americana = C. subbulbipes ss. E. Ludwig, Pilzkompendium) am 23.09.2022 am "Schloßberg" bei Lauterstein-Weißenstein (Schwäbische Alb ssö. Schwäbisch Gmünd, nnö. Geislingen an der Steige, Landkreis Heidenheim), teils büschelig an morschem Buchenstumpf (Finalphase) in Laubmischwald an Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), 584 m NN, MTB 7225/3, GPS: N48°42'13.55" E9°53'4.99", leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Das Studio-Foto zeigt, dass sich C. americana bezüglich Hygrophaneität wie ein normaler Trichterling verhält ;-)
 Clitocybe americana 7 subbulbipes weisse Rhizoiden Buchenstumpf Studio Krieglsteiner Pilzschule Schwaebischer Wald Alb Kalk Malm Neufund amerikanische
 Fleischroter Holz-Trichterling (Clitocybe americana = C. subbulbipes ss. E. Ludwig, Pilzkompendium) am 23.09.2022 am "Schloßberg" bei Lauterstein-Weißenstein (Schwäbische Alb ssö. Schwäbisch Gmünd, nnö. Geislingen an der Steige, Landkreis Heidenheim), teils büschelig an morschem Buchenstumpf (Finalphase) in Laubmischwald an Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), 584 m NN, MTB 7225/3, GPS: N48°42'13.55" E9°53'4.99", leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Das Studio-Foto zeigt die schon am ersten Foto zu sehenden deutlichen Rhizoiden (Myzelstränge) an der Stielbasis.
 Clitocybe americana 8 Huthaut Hyphe inkrustierendes Pigment Kongorot subbulbipes Mikroskopie Feldmykologe Erstnachweis Oekologie diatreta DNA Tintling
 Fleischroter Holz-Trichterling (Clitocybe americana = C. subbulbipes ss. E. Ludwig, Pilzkompendium) am 23.09.2022 am "Schloßberg" bei Lauterstein-Weißenstein (Schwäbische Alb ssö. Schwäbisch Gmünd, nnö. Geislingen an der Steige, Landkreis Heidenheim), teils büschelig an morschem Buchenstumpf (Finalphase) in Laubmischwald an Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), 584 m NN, MTB 7225/3, GPS: N48°42'13.55" E9°53'4.99", leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Laut Ludwig (u.a.) soll sich C. subbulbipes von C. diatreta mikroskopisch durch inkrustierendes Huthaut-Pigment in der Pileipellis unterscheiden. P. Specht (2023) weist diesem Merkmal hier keine große Bedeutung zu. So oder so - ich konnte jedenfalls inkrustierende Hyphen in der Kollektion von der Schwäbischen Alb nachweisen (Präparation wie bei den Folgefotos in Kongorot).
 Clitocybe americana 9 subbulbipes Huthaut Hyphen Schnallen Kongorot Krieglsteiner Schlossberg Weissenstein Baden Wuerttemberg Heinz Sielmann Stiftung
 Fleischroter Holz-Trichterling (Clitocybe americana = C. subbulbipes ss. E. Ludwig, Pilzkompendium) am 23.09.2022 am "Schloßberg" bei Lauterstein-Weißenstein (Schwäbische Alb ssö. Schwäbisch Gmünd, nnö. Geislingen an der Steige, Landkreis Heidenheim), teils büschelig an morschem Buchenstumpf (Finalphase) in Laubmischwald an Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), 584 m NN, MTB 7225/3, GPS: N48°42'13.55" E9°53'4.99", leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Auch die Tatsache, dass die Huthaut-Hyphen Schnallen tragen, bringt für die Abgrenzung zu verwandten Arten wohl wenig.
 Clitocybe americana 10 Sporen Tetrade Basidie viersporig Kongorot Mikroskopie diatreta subbulbipes Pruina Reif Rhizoiden Malm Kalk Krieglsteiner Specht
 Clitocybe americana 11 Sporen Huthaut Abwurf Kongorot Apikulus Auftragskartierung Weienstein Sielmann Krieglsteiner Pilzkompendium Tintling Specht
 Clitocybe americana 12 subbulbipes Fleischroter Holztrichterling Sporen klein schwer bestimmen Tintling Pilzkartierung Deutschland Schluchtwald
 Clitocybe americana 13 subbulbipes Trichterling Holz diatreta giftig Muscarin Syndrom PSV Krieglsteiner Pilzschule Schwaebischer Wald
 Fleischroter Holz-Trichterling (Clitocybe americana = C. subbulbipes ss. E. Ludwig, Pilzkompendium) am 23.09.2022 am "Schloßberg" bei Lauterstein-Weißenstein (Schwäbische Alb ssö. Schwäbisch Gmünd, nnö. Geislingen an der Steige, Landkreis Heidenheim), teils büschelig an morschem Buchenstumpf (Finalphase) in Laubmischwald an Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), 584 m NN, MTB 7225/3, GPS: N48°42'13.55" E9°53'4.99", leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Das erste Sporen-Foto zeigt unten links eine Sporen-Tetrade, die auf die (auch sonst nachgewiesene) Viersporigkeit der Ständer (4 Sterigmen) hinweist. Die kleinen Sporen mit deutlichem Apikulus passen zu den bei Ludwig gegebenen Maßen gut.

 

Auch bei E. Ludwig wird die Ähnlichkeit mit C. diatreta hervorgehoben – neben der Ökologie (s.o.) wird genannt und zeichnerisch dargestellt, dass C. subbulbipes im Gegensatz zu C. diatreta inkrustierendes Pigment in der Huthaut aufweisen soll. Nach etwas Suchen wurde ich dann auch fündig – und insofern zweifelte ich nicht mehr allzu sehr an meiner Bestimmung.

Auf www.pilze-deutschland.de finde ich 3 Fundpunkte – zwei in Nordrhein-Westfalen (s.u.) und einen in Sachsen-Anhalt; der Fund aus E. Ludwig ist wohl nicht für die Karte ausgewertet worden!

Anlass dafür, dass ich nun bei der Auswahl zum Pilz des Monats Juli 2023 an den Fund vom Schloßberg bei Weißenstein dachte, war eine Publikation im neuesten Tintling, wo Peter Specht einen Fund von C. americana H. Bigelow 1976 im Auwald bei Leipzig, ebenfalls an Buchenholz, vorstellt und ihn als konspezifisch mit dem von Ludwig als C subbulbipes bestimmten Fund ansieht. Specht zeigt auch ein Foto einer Aufsammlung von M. Meusers aus Nordrhein-Westfalen (das dürften die Fundpunkte in pilze-deutschland sein), die C. subbulbipes zugeordnet wurden und mit einiger Sicherheit mit den Funden in Brandenburg, Weißenstein und Leipzig nicht überein stimmen.

Nun – wie das Pilzchen auch immer heißen mag (Specht weist auch sicher zu Recht darauf hin, dass ihre Stellung in Clitocybe eine nicht mehr allzu lange Dauer haben dürfte) – subbulbipes oder besser americana. So oder so ist das eine Art, auf die künftig geachtet werden sollte. Und: für Baden-Württemberg dürfte ein Erstnachweis vorliegen.

P.S. Was mir zuletzt noch einfällt: Clitocybe diatreta ist eine giftige, muscarin-haltige Art. Aufgrund der Ähnlichkeit und möglicherweise auch Verwandtschaft (das wäre zu klären), könnte auch C. americana sehr gut giftig sein. Vermutlich gibt es hier noch keine Untersuchungen.


 

Pilz des Monats Juni 2023 – Violetter Flaumrindenpilz (Hypochnella violacea)

Seit einigen Jahren fahren Katharina und ich gerne im Winter für einige Wochen auf Exkursionsfahrt nach Portugal (dort vor allem an die ganz im Süden gelegene Algarve), um dort auch einmal intensiv Pilze ansehen zu können – und zwar nicht ausschließlich solche, die Kursteilnehmer finden oder die wir bei Kartierungsaufträgen beispielsweise aus festgelegten Probeflächen oder Stammlagern entnehmen. Und das Ganze in Ruhe und ohne Terminstress. Die Algarve ist fast die einzige Region in Europa, wo dies im Winter möglich ist – und zwar mit einer Fast-Garantie für frostfreie Bedingungen. Leider hatten wir die letzten Male etwas Pech mit den Feuchtigkeitsverhältnissen; der Klimawandel hat Portugal ganz bestimmt nicht außen vor gelassen, was sich in zunehmender Winter-Trockenheit auswirkt. Aber immerhin gab es diesmal doch noch eine gewisse Restfeuchte, da es vor Weihnachten ausgiebig geregnet hatte, wovon man im Februar noch ein kleines bisschen zehren konnte. Große Pilze (Lamellenpilze, Röhrlinge etc.) gab es aber sehr wenige, und so standen auch diesmal wieder die Rindenpilze (corticioide Pilze, resupinate Basidiomyceten, Crustothecien-Bildner) im Vordergrund – eine Gruppe, in die ich mich seit ein paar Jahren einarbeite, mit zunehmendem Erfolg.

Einen besonders attraktiven Rindenpilz möchte ich heute vorstellen. Beim Sammeln hatte ich noch keine Vorstellung, dachte entfernt an Tulasnella violea, nicht ohne die doch andere Konsistenz, die andere Oberflächen-Beschaffenheit zu bemerken. Als ich das erste Präparat unter dem Mikroskop ansah, erschrak ich fast, denn ich sah eine große Menge intensiv violett gefärbter Sporen, so viele, dass ich zunächst dachte, eine Anamorphe (Nebenfruchtform, „Schimmelpilz“) gefunden zu haben – bei solchen findet man häufig sehr viele Sporen und muss die Feinheiten der „Innereien“ erst freipräparieren. Also zunächst einerseits Enttäuschung (Anamorphen zu bestimmen ist sehr häufig eine frustrierende, schwierige Angelegenheit, die nur gelegentlich zu guten Erfolgen führt), andererseits erfreutes Erstaunen über die Farbe der Sporen: so etwas hatte ich vorher noch nie gesehen. Als ich dann kurze Zeit später bemerkte, dass die Sporen einen Apikulus (Appendix) haben (das haben nur Ständerpilze – es ist die Stelle, wo die Sporen am Ständer angeheftet sind, bevor sie durch ein anschwellendes Tröpfchen „abgeschossen“ werden) und kurz darauf auch Ständer mit vier Sterigmen entdeckte, war meine Neugier und die Motivation, das „Ding“ heraus zu bekommen stark angestiegen. Dies gelang dann auch mit den entsprechenden Schlüsseln, aber nicht unbedingt sehr schnell, denn die violette Sporenfarbe scheint nur bei frischen Aufsammlungen so auffällig zu sein, und sie findet als Schlüsselmerkmal erstaunlicherweise keine Anwendung. Der ablösbare Fruchtkörper (die Art gehört in F. Atheliaceae, in die Verwandtschaft der „Gewebehäute“ Athelia) zeigte unter dem Mikroskop sonst wenig auffällige Merkmale, so gibt es keine Zystiden zu bewundern, aber immerhin sind Hyphen komplett ohne Schnallen auch ein Merkmal, das die Auswahl der in Frage kommenden Gattungen doch deutlich einschränkt.

Hypochnella violacea 1 Violetter Flaumrindenpilz Sporen violett Portugal Algarve Laubholz Rindenpilz Kurs Cortis Corticiaceae Mikroskopie Anamorphe Pilzschule
Hypochnella violacea 2 Rindenpilze Atheliales Mikroskopierkurs Gewebehaut Feldmykologie Cortis Rindenpilze Saprobiont Laubholz Sporenpulver violett Teleomorphe
Hypochnella violacea 3 Violetter Flaumrindenpilz Atheliaceae Gewebehaut Sporen violett amyloid Melzers Reagens Mikroskopierkurs Feldmykologe Krieglsteiner
Violetter Flaumrindenpilz (Hypochnella violacea) am 11.02.2023 bei Tor (Vicentes, Funchais de Baixo - Barrocal nw. Loule, Algarve, Portugal), an liegendem Laubholzast in temporärer, extensiv als Obstgarten genutzter Bach-Aue über Kalkboden, an liegendem Laubholzast, 112 m NN, GPS: N37°11'15.90" W8°2'43.60", leg.. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner
 Hypochnella violacea 4 Sporen violett massenhaft reichlich Anamorphe Teleomorphe Stnder Basidie ohne Schnallen Mikroskopierkurs Krieglsteiner
 Hypochnella violacea 5 Sporen Basidien Staender viersporig ohne Schnallen Apikulus Krieglsteiner Portugal Algarve Loule Barrocal Kalkgebiet Krieglsteiner Pilzkurse
 Violetter Flaumrindenpilz (Hypochnella violacea) am 11.02.2023 bei Tor (Vicentes, Funchais de Baixo - Barrocal nw. Loule, Algarve, Portugal), an liegendem Laubholzast in temporärer, extensiv als Obstgarten genutzter Bach-Aue über Kalkboden, an liegendem Laubholzast, 112 m NN, GPS: N37°11'15.90" W8°2'43.60", leg.. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner - der erste Eindruck unter dem Mikroskop zeigte eine große Vielzahl von violett gefärbten Sporen. Eine Anamorphe war es aber nicht, denn die Sporen haben einen Apikulus und es waren 4-sporige Ständer nachzuweisen ;-)
 Hypochnella violacea 6 Mikroskopierkurs Algarve Portugal Barrocal Loule Tor Hyphen ohne Schnallen Sporen violett amyloid PSV DGfM Feldmykologe Krieglsteiner
 Violetter Flaumrindenpilz (Hypochnella violacea) am 11.02.2023 bei Tor (Vicentes, Funchais de Baixo - Barrocal nw. Loule, Algarve, Portugal), an liegendem Laubholzast in temporärer, extensiv als Obstgarten genutzter Bach-Aue über Kalkboden, an liegendem Laubholzast, 112 m NN, GPS: N37°11'15.90" W8°2'43.60", leg.. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner - beachten Sie die ebenfalls violettlich gefärbten Hyphen ohne Schnallen. Letzteres ist ein bei "Cortis" (Rindenpilzen) nicht so häufiges Merkmal.
 Hypochnella violacea 7 Rindenpilz corticioid resupinat Crustothecium Krieglsteiner Portugal Pilzexpertin Katharina Lothar Feldmykologe Corti Kurs amyloid Melzer
 Hypochnella violacea 8 Sporen violett Apikulus amyloid Krieglsteiner Pilzschule Exkursionsfahrt Algarve Wintersaison Atheliaceae Mikroskopierkurs Saprobiont Portugal
 Violetter Flaumrindenpilz (Hypochnella violacea) am 11.02.2023 bei Tor (Vicentes, Funchais de Baixo - Barrocal nw. Loule, Algarve, Portugal), an liegendem Laubholzast in temporärer, extensiv als Obstgarten genutzter Bach-Aue über Kalkboden, an liegendem Laubholzast, 112 m NN, GPS: N37°11'15.90" W8°2'43.60", leg.. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner - die für H. violacea geforderte Amyloidität der Sporen (in Melzers Reagens) konnte bestätigt werden; diese ist allerdings (zumindest bei meinem Frischmaterial) wenig attraktiv und entspricht einer Verfärbung von leuchtend-prächtigem Violett in ein bläuliches Weinbraun ... - Beachten Sie ferner auf dem letzten Foto den Apikulus der Sporen: dies ist ein eindeutiges Merkmal für einen Ständerpilz mit Ballistosporen, also mit aktiver Sporen-Ausschleuderung (nicht vorhanden bei Bauchpilzen, nicht bei anderen Pilzgruppen).

 

Dazu das Merkmal der amyloiden Sporen – wobei amyloide Sporen bei Rindenpilzen im Falle von zunächst farblosen Sporen ein attraktiveres Merkmal darstellen wie hier. Farblose Sporen färben sich oft schön blau (z.B. bei Arten der Gattung Gloeocystidiellum oder Aleurodiscus, um nur zwei Beispiele zu nennen). Beim vorgestellten Pilz färbt sich das schöne Lila der ungefärbten Sporen zu einem weniger intensiven Weinrot um. Ich habe mir vorgenommen, bei Gelegenheit den Beleg noch einmal zu untersuchen, um zu sehen, ob die Farbe der ungefärbten Sporen im Beleg gelitten hat und in diesem Falle zu sehen, wie das mit der Amyloidität dann im Herbarmaterial aussieht.

Hypochnella violacea kommt auch in Deutschland vor, die bekannten Fundpunkte sind sehr zerstreut: Verbreitung Hypochnella violacea Auersw. ex J. Schröt. 1888 (pilze-deutschland.de)

Wie die Ökologie der Art einzustufen ist, kann ich nicht beurteilen. In Portugal wuchs die Art an einem wärmebegüstigten Standort an Holz in einer temporären Bachaue über Kalkboden.


Pilz des Monats Mai 2023 – Sicheltannen-Zystidenkeulchen (Physalacria cryptomeriae)

Diesen Pilz habe ich schon länger in meinem Suchfeld, denn die Gattung Physalacria ist mir schon früher begegnet und weltweit dürfte die hier vorgestellte Art die am häufigsten gefundene und am leichtesten gezielt zu findende Art in dieser Gattung sein.

In der Tat war der Name Physalacria noch vor recht wenigen Jahr(zehnt)en noch sehr wenigen Mykologen bekannt, denn Arten, die in Deutschland und Mitteleuropa vorkommen, waren nicht bekannt. Meine erste Begegnung mit dieser Gattung fand dennoch bereits am 25.8.1998 statt, als ich im Naturschutzgebiet „Keilsteiner Hang“ bei Regensburg in einem Steilhang über Jurakalk seltsame, zunächst wie kleine Helmlinge aussehende Pilze an einem mumifizierten Holzapfel (Malus sylvestris) in der Streuschicht eines Trockengebüsches entdeckte, die sich aber rasch als frei von Lamellen oder überhaupt einer unter dem Hut angeordneten Fruchtschicht und somit als „eine Art Keulchen“ entpuppte. Leider war die Aufsammlung damals unreif und auch nach einiger Zeit der Lagerung nicht reif zu bekommen. DNA-Untersuchungen waren damals noch wenig üblich bzw. teuer und so wurde daran nicht einmal gedacht (was man durchaus einmal ändern könnte, denn ein Beleg müsste im Herbar im Museum in Stuttgart auffindbar sein). Die damalige Aufsammlung ist jedenfalls trotz ihrer Unreife unter dem Namen Physalacria spec. mit Farbfoto (Fotograph war der leider letztes Jahr viel zu früh verstorbene Ralph Sipple – der beste Freund, den ich jemals hatte) publiziert worden (Krieglsteiner, L. 1999: Physalacria spec. Und andere Pilze im NSG „Keilsteiner Hang“ bei Regensburg. Beiträge zur Kenntnis der Pilze Mitteleuropas 5: 97-110). Auf die Gattung Physalacria kam ich aufgrund der Tatsache, dass die Regensburger Kollektion reichlich Zystiden aufwies, und zwar im Hymenium und am Stiel, und diese eine teilweise ölig-harzige Kappe aufwiesen, ein Merkmal, das in der Gattung Physalacria bekannt ist. Ansonsten sind Keulenpilze mit auffälligen Zystiden nicht unbedingt eine häufige Kombination.

Physalacria spec Malus Bayern Keilsteiner Hang Regensburg acerba Holzapfel Trockengebuesch Jurakalk Beitraege Kenntnis Pilze Mitteleuropas
Physalacria spec 2 Krieglsteiner Ralph Sipple Bayern Regensburg Keilsteiner Hang Holzapfel unreif Malus publiziert DNA molekular unbestimmt
Physalacria spec. (unreif und noch nicht molekular untersucht) am 25.08.1998, Deutschland, Bayern, Regensburg, NSG "Keilsteiner Hang" (Hang über weißem Jura, nahe der Grenze zum Bayerischen Wald), an liegender, mumifizierter Frucht von Holzapfel (Malus sylvestris) in Trockengebüsch, leg. Lothar Krieglsteiner, Fotos Ralph Sipple (Scan vom Original-Dia) - Fund publiziert in L. Krieglsteiner (1999 - vgl. Fließtext).

 

Schon in der genannten Publikation gehe ich auch auf P. cryptomeriae ein. Den Nadelbaum Japanische Sicheltanne (Cryptomeria japonica) lernte ich allerdings erst später kennen, zunächst in Botanischen Gärten oder Parks, aber es ergab sich bis zum 19. April 2023 (also vor etwa einer Woche) keine Gelegenheit, einmal an abgefallenen Resten unter diesen Bäumen zu einem Zeitpunkt geeigneter Feuchte nach dieser Art zu suchen. Auf einer Erkundungsfahrt nach möglichen Morchel-Standorten im Raum Schorndorf-Backnang fand ich dann erstmals eine Sicheltanne, die offenbar forstlich gepflanzt worden war, und unter sich einige Zweige mit Nadelreisig abgeworfen hatte. Nur an einem Zweig waren dann tatsächlich die Keulchen zu finden, die ich heute als Pilz des Monats vorstelle.

Physalacria cryptomeriae 1 Sicheltannen Zystidenkeulchen Deutschland Baden Wuerttemberg Rems Murr Kreis Winnenden Hallimasch Rueblinge Krieglsteiner Pilzkurse
Physalacria cryptomeriae 2 Physalacriaceae Agaricales Krieglsteiner Neufund Neomyzet Japanische Sicheltanne Cryptomeria japonica Neophyt gepflanzt Rindenschwamm
 Physalacria cryptomeriae 3 Stack Katharina Krieglsteiner Winnenden Rems Murr Baden Wuerttemberg Agaricales Xerula Hymenopellis Flammulina Strobilurus Armillaria
 Physalacria cryptomeriae 4 Physalacriaceae Agaricales Neufund Baden Wuerttemberg zweiter Nachweis Deutschland Neomyzet Japanische Sicheltanne Krieglsteiner
 Physalacria cryptomeriae 5 April 2023 Japanische Sicheltanne Erstnachweis Baden Wuerttemberg Krieglsteiner Rueblinge Schwindlinge Hallimasch Cylindrobasidium
 Physalacria cryptomeriae 6 Sicheltannen Zystidenkeulchen Krieglsteiner Pilzschule Schwaebischer Wald Pilzkunde Pilzexpertin Feldmykologe DGfM Ausbildung laeve
 Physalacria cryptomeriae 7 Krieglsteiner Pilzschule Pilzkurse Mikroskopierkurs Feldmykologe Agaricales Japanische Sicheltanne Neomycet Artenvielfalt Diversitaet
 Sicheltannen-Zystidenkeulchen (Physalacria cryptomeriae) am 19.04.2023, Deutschland, Baden-Württemberg, Rems-Murr-Kreis, Winnenden-Birkmannsweiler, Tal des "Buchenbächle", 318 m NN, MTB 7122.2, GPS: N48°51'58.00" E9°26'38.53", an liegendem Reisig von/unter Japanischer Sicheltanne (Cryptomeria japonica), leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner (bis auf 3. Foto: Stack von Katharina Krieglsteiner), 
 Physalacria cryptomeriae 8 Sporen Massstab 10m Kongorot SDS Krieglsteiner Pilzschule Schwaebischer Wald Pilzexpertin Japan Sicheltanne Abloesender Rindenpilz
 Sicheltannen-Zystidenkeulchen (Physalacria cryptomeriae) am 19.04.2023, Deutschland, Baden-Württemberg, Rems-Murr-Kreis, Winnenden-Birkmannsweiler, Tal des "Buchenbächle", 318 m NN, MTB 7122.2, GPS: N48°51'58.00" E9°26'38.53", an liegendem Reisig von/unter Japanischer Sicheltanne (Cryptomeria japonica), leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner - Das Foto zeigt Sporen in Kongorot. Beachten Sie die großen Öltropfen - diese sind in der Originalbeschreibung nicht gezeichnet, sollten aber ein wichtiges Merkmal sein.
 Physalacria cryptomeriae 9 Basidie oelreich Hymenialzystide Krieglsteiner Kongorot Pilzschule Ruppertshofen Schwaebisch Gmuend Baden Wuerttemberg
 Sicheltannen-Zystidenkeulchen (Physalacria cryptomeriae) am 19.04.2023, Deutschland, Baden-Württemberg, Rems-Murr-Kreis, Winnenden-Birkmannsweiler, Tal des "Buchenbächle", 318 m NN, MTB 7122.2, GPS: N48°51'58.00" E9°26'38.53", an liegendem Reisig von/unter Japanischer Sicheltanne (Cryptomeria japonica), leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner - Das Foto zeigt einen noch unreifen Ständer mit Sterigmen sowie weitere ohne, dazu die Spitze einer Hymenialzystide. Beachten Sie den Ölreichtum auch der Ständer.
 Physalacria cryptomeriae 10 Hymenialzystiden oelreich Krieglsteiner Pilzschule Schwaebischer Wald Winnenden Baden Wuerttemberg Sicheltanne Keulchen clavarioid
 Physalacria cryptomeriae 10a Hymenialzystiden oelreich zugespitzt Kongorot Krieglsteiner Eimann Pilzschule Deutschland Baden Wuerttemberg Neomycet Sicheltanne
 Physalacria cryptomeriae 11 Stielzystide Mikroskopierkurs Pilzschule Schwaebischer Wald Krieglsteiner Erstnachweis Baden Wuerttemberg Rems Murr Kreis winzig
 Sicheltannen-Zystidenkeulchen (Physalacria cryptomeriae) am 19.04.2023, Deutschland, Baden-Württemberg, Rems-Murr-Kreis, Winnenden-Birkmannsweiler, Tal des "Buchenbächle", 318 m NN, MTB 7122.2, GPS: N48°51'58.00" E9°26'38.53", an liegendem Reisig von/unter Japanischer Sicheltanne (Cryptomeria japonica), leg., det. Katharina & Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner - Die ersten 2 Fotos zeigen Hymenialzystiden, das dritte eine Caulozystide (am Stiel). Die Form ist flaschenförmig-zugespitzt, teilweise auch etwas angeschwollen. Auch die Zystiden zeigen öligen Inhalt.

 Meine Hoffnung und Vorstellung, es könnte sich um einen Neufund für ganz Deuschland handeln, erwies sich als falsch. Petra Eimann & Klaus Siepe kamen mir 2022 zuvor (vgl. pilze-deutschland sowie www.bender-coprinus.de) und wiesen die Art in Nordrhein-Westfalen nach. So bleibt aber immerhin noch (das dürfte stimmen) ein Erstnachweis für Baden-Württemberg für den vorgestellten Fund.

Physalacria cryptomeriae ist ein äußerst kleiner, ja winziger Pilz. Meine Maße der allerdings noch recht jungen (und vielleicht noch wachsenden) Fruchtkörper ergaben ca. 0,3-0,7 mm Höhe und eine Köpfchenbreite von ca. 0,2-0,4 mm. In der Erstbeschreibung (Berthier & Rogerson 1981) ist die Rede von „generally less than 1 mm, but sometimes reaching 2 mm“ – genauere Abmessungen etwa des Köpfchens oder des Stieles werden (offenbar wegen der Kleinheit) nicht gegeben. Die Sporen geben Berthier & al. Mit (13)-16-17-(18)/(3,5)-4-(5) µm an, bei meinen wenigen Sporen (die eine gute Übereinstimmung in der Form mit Berthiers Zeichung aufwiesen) maß ich ca. 12-16/3-4,5 µm. In guter Tradition der Exsikkat-Mykologie werden keine Zellinhalte gezeichnet – wie Sie sehen können, weisen die Sporen (und auch die Ständer, Zystiden und Hyphen) reichlich Öl auf, ein durchaus systematisch verwertbares Merkmal 😊

Nicht mehr sehr überraschen wird heute, dass Physalacria ein Mitglied der Ordnung Agaricales ist. Die Begriffe Agaricales und Faserblätterpilze sind ja längst nicht mehr identisch, und viele von Ihnen werden schon wissen, dass nicht nur weitere Keulen und Korallen (z.B. F. Clavariaceae – Wisenkeulen und -korallen, Typhula u.a.), manche Schicht- und Rindenpilze (z.B. Chondrostereum, Plicatura, Lindtneria), alle cyphelloiden Pilze (Bsp.: Tannen-Fingerhut) incl. ihrer Sammelfruchtkörper (Spaltblättling, Leberreischling) sowie nicht zuletzt die klassischen Ordnungen Lycoperdales, Tulostomatales und Nidulariales der „Bauchpilze“ (also Stäublinge, Stielboviste und Teuerlinge) zur Ordnung Agaricales gehören. Die Familie Physalacriaceae (ja – die gibt es!) umfasst neben den vorgestellten wenig bekannten Keulchen einige viel bekanntere Pilze, die meisten von ihnen übrigens mit sehr ölreichen Strukturen, nicht zuletzt auffälligen und teils ganz ähnlich geformten Zystiden! (Beispiele sind Schleim-, Filz-, Wurzel-, Samtfuß- und Zapfenrübling, Hallimasch sowie der ebenfalls hierher gehörige Ablösende Rindenpilz Cylindrobasidium laeve).

Was auch noch gesagt werden sollte: natürlich muss Physalacria cryptomeriae als Neomycet eingestuft werden, also als eingeschleppte, bei uns nicht unsprünglich heimische Pilzart. Da es sich aber um einen (wohl saprobiontischen) Besiedler von Resten eines derzeit nicht invasiven (im Freiland noch kaum auftretenden) Neophyten, der Japanischen Sicheltanne, handelt, muss man über sein neuerliches Vorkommen nicht extrem begeistert, aber auch nicht beunruhigt zu sein.

Was ich ebenfalls nicht unterschlagen, aber mit einer ausführlichen Darstellung verschieben möchte, ist die Tatsache, dass ich eine weitere Physalacria-Art gefunden habe, und zwar in Portugal. Sie ist vermutlich noch unbeschrieben, und eine molekulare Untersuchung (durchgeführt durch Pablo Alvarado) ergab 97,27 Übereinstimmung mit Physalacria corticola, einer Art, die (u.a.) andere Sporenmaße aufweist und für meine Aufsammlungen (es sind zwei) nicht in Frage kommt. Ein Makrofoto möchte ich Ihnen schon heute nicht vorenthalten 😊

Anm. 29.04.: heute finde ich im Internet eine Publikation von 2022, die eine sehr ähnliche und vielleicht passende Art beschreibt, auf Ästen von Castanea sativa aus Nordspanien: es handelt sich um Physalacria auricularioides (vgl. (13) (PDF) Physalacria auricularioides S. De la Peña-Lastra, A. Mateos, M. Saavedra & P. Alvarado, sp. nov. Fungal Planet description sheets: 1383 -1435 (researchgate.net). Nähere Vergleiche werden zeigen, ob die Aufsammlung aus Portugal zu dieser neuen Art gehört oder doch noch eine unbeschriebene Art vorliegt.

Physalacria spec 3 corticola Krieglsteiner Alvarado DNA Molekularbiologisch Untersuchung Rubus fruticosus Brombeere Portugal Algarve Serra Monchique
 Physalacria cf. auricularioides, am 01.01.2018, Portugal, Algarve, Serra Monchique, Nordhang des Foia nw. Monchique, Portela das Eiras, an Ranken von Brombeere (Rubus fruticosus s.l.) im Luftraum an Waldtrauf zu Eucalyptus-Mischwald in feuchter Schluchtlage (N-Exposition), 504 m NN, GPS: N37°19'53.54" W8°34'7.38", leg. Katharina & Lothar Krieglsteiner

 


Pilz des Monats April 2023 – Physoderma potteri – Knollengalle an Hornklee

Gallen sind eigentlich nicht primär das Objekt von Mykologen – die meisten Meschen verbinden damit eher Insekten als Auslöser. Von Gallwespen haben viele schon gehört, und dass es auch Gallmücken und Gallmilben (Spinnentiere) als Auslöser gibt, wissen auch so manche. Aber was ist überhaupt eine Galle? Nun – wo schaut man auf die Schnelle nach – auf wikipedia. Dort liest man zunächst: „Eine Pflanzengalle oder Cecidie, auch Gallapfel und kurz Galle genannt, ist als kugelförmige Geschwulst an Pflanzen (von lateinisch galla, Geschwulst an Pflanzen und Tieren) …., eine Anomalie im Pflanzenwachstum, die durch fremde Organismen verursacht wird. Die Wissenschaft der Pflanzengallen (Cecidien) wird als Cecidologie  bezeichnet.“ Zunächst fällt mir dazu auf, dass keineswegs alle Gallen kugelförmig sind, aber das wollen wir mal nicht so hoch hängen. Weiter bei wikipedia: „Eine allgemein akzeptierte Definition des Begriffs Pflanzengalle gibt es noch nicht. Diverse Versuche wurden bereits gemacht, um die Gallbildung an Pflanzen umfassend zu umschreiben. Die auch in aktueller Literatur häufig verwendete Definition von Ernst Küster aus dem Jahre 1953 definierte Pflanzengallen als „Produkte abnormen Wachstums“, die durch die „Einwirkung tierischer oder pflanzlicher Parasiten entstehen und den Nährboden für diese abgeben“. Nun – nach dieser Definition gibt es keine pilzlichen Gallen und ich bin gerade dabei, mein eigenes Thema zu verfehlen. Aber wollen wir Herrn Küster zugute halten, dass es damals noch nicht allgemein anerkannt war, dass Pilze keine Pflanzen sind, schließlich wurden sie noch viele Jahre später (heute nicht mehr) als Kapitel im Lehrbuch für Botanik (Strasburger) abgehandelt. Ich würde „Galle“ (und nicht „Pflanzengalle“) so definieren: „durch einen parasitischen Organismus verursachte, optisch sichtbare Gewebe-Wucherung an einem Wirts-Organismus, der zur Vermehrung des Wirts dient“.

Nun -wie auch immer: dass es gallbildende Pilze gibt, dürften auch so manche Leute wissen, z.B. kann der Mais-Brandpilz (Ustilago maydis) als ein solcher aufgeführt werden, oder die Zwetschgen-Narrentasche (Taphrina pruni), um nur zwei relativ bekannte Beispiele zu nennen. Heute möchte ich aber einen ganz ausgefallenen pilzlichen Gallbildner vorstellen, der zur wenig bekannten Gruppe der Töpfchen-Pilze bzw. Flagellatenpilze (Chytridiomycota) gehört, den einzigen „primitiven“ Pilzen, von denen in bestimmten Stadien „noch“ Geißeln im Entwicklungszyklus nachgewiesen werden können. Molekulare Untersuchungen legen allerdings nahe, dass diese Gruppe nicht aufrecht erhalten werden kann, sondern mit verschiedenen Gruppen der klassichen Zygomycota („Jochpilze“) verwandt ist. So wird etwa Physoderma heute in eine neu abgespaltene Klasse der Blastocladiomycota gestellt. Wie auch immer. Nur wenige (klassische) Töpfchenpilze sind terrestrisch und leben als Pflanzenparasiten (die Mehrzahl lebt aquatisch), und von diesen bilden auch nicht alle sehr auffällige Gallen. Häufiger findet man z.B. Synchytrium anemones an Buschwindröschen oder S. mercurialis an Bingelkraut – wenn man denn einen Blick dafür entwickelt.

Um ehrlich zu sein: als ich die hier vorgestellte Galle fand, dachte ich zunächst überhaupt nicht an einen Pilz, sondern hielt sie für eine durch Insekten hervorgerufene Bildung. Da aber die Gesamt-Ausbeute an diesem Tag nicht besonders groß war, nahm ich die Probe auf Verdacht mit, sozusagen als unwahrscheinliche Option, doch noch einen besonderen Pilz gefunden zu haben. Und manchmal hat man Glück …

Physoderma potteri 1 Urophlyctis Toepfchenpilze Chytridiomycota Flagellatenpilze Nationalpark Eifel Sumpfhornklee Lotus uliginosus
Physoderma potteri 2 Nationalparik Eifel Pflanzengalle Nordrhein Westfalen Ustilago maydis Taphrina alni Synchytrium anemones Pilzschule

Physoderma potteri (Knollengalle an Hornklee) an basalen Stängel-Teilen von Sumpf-Hornklee (Lotus uliginosus) am 8.8.2012 im "Fuhrtsbachtal" (Wahlerscheid, Nationalpark Eifel,l Nordhrein-Westfalen nahe der Grenze zu Belgien), MTB 5403/4, 555 m NN, GPS ca. N50°30'41.57'' E6°17'19.42'', saurem, nährstoffarmem Niedermoor-Rasen (Vegetationstyp Juncetum acutiflori), leg., det., Fotos ("Studio"-Fotos) Lothar Krieglsteiner - beachten Sie die knopfgroßen rundlichen Gallen an der Stängelbasis. Die Gallen sind blass gefärbt  und zu mehreren an der Pflanze vorhanden.

 Physoderma potteri 3 Urophlyctis Eifel Pilzschule Schwaebischer Wald Krieglsteiner Feldmykologe PSV Pilzexpertin Becherlinge Kleinpilze
 Physoderma potteri 4 Chytridiomycota Zygomycota Flagellatenpilze Jochpilze Pflanzengalle Staengel oberirdisch Insekten Niedermoor Binse
 Physoderma potteri (Knollengalle an Hornklee) an basalen Stängel-Teilen von Sumpf-Hornklee (Lotus uliginosus) am 8.8.2012 im "Fuhrtsbachtal" (Wahlerscheid, Nationalpark Eifel,l Nordhrein-Westfalen nahe der Grenze zu Belgien), MTB 5403/4, 555 m NN, GPS ca. N50°30'41.57'' E6°17'19.42'', saurem, nährstoffarmem Niedermoor-Rasen (Vegetationstyp Juncetum acutiflori), leg., det., Fotos ("Studio"-Fotos) Lothar Krieglsteiner - die Galle ist hohl und im Schnitt fleckenweise bräunlich. Wie Sie unten sehen, kommt dies durch die braunen Dauersporen zustande.

 

Der Fund gelang im Rahmen einer Auftrags-Kartierung im Nationalpark Eifel, wo ich seit 2011 fast jedes Jahr für eine Woche engangiert wurde, um die vorher nahezu unbearbeitete pilzliche Biodiversität zu erfassen – übrigens ein Auftrag, den eigentlich alle Nationalparks (für alle Organismengruppen) haben. Mittlerweile wurden im Nationalpark Eifel (dieser liegt in Nordrhein-Westfalen an der Grenze zu Belgien) die 2000 Pilzarten (allerdings bisher nur „mithilfe“ der Myxomyceten, die eigentlich keine Pilze sind) überschritten. Ich war jedenfalls im Gebiet des „Fuhrtsbachtal“ unterwegs, wo in saurem, nährstoffarmem Habitat ein Mosaik verschiedener Feucht-Lebensraumtypen erhalten ist. Fundort ist ein saures Niedermoor u.a. mit Torfmoosen und Spitzblütiger Binse, den  örtlich ausgeprägten Vegetationstyp kann man dem Juncetum acutiflori zuordnen. Bei der Suche nach Becherlingen und anderen Kleinpilzen entdeckte ich an der Basis einer lebenden Pflanze des Sumpf-Hornklees (Lotus uliginosus) rundliche Gallen, die ich zunächst wie gesagt für tierisch hielt und auch (leider …) kein Standortfoto anfertigte. Leider gelang es mir später nicht, den Pilz wiederzufinden – ich war in den folgenden Jahren, zuletzt noch 2022, immer wieder vor Ort. Eine systematische Suche wäre aber auch mit einigem Flurschaden verbunden, der in dem doch sensiblen Habitat nicht gerechtfertigt werden kann.

Unter dem Mikroskop zeigten sich jedenfalls Strukturen, die eindeutig nicht als tierische Eier, sondern als pilzliche Sporen (genau genommen sind es Dauersporen bzw. Dauer-Sporangien) identifiziert werden konnten – erstaunlich groß und mit recht attraktiven Strukturen. In Aufsicht sind sie rund und haben einen Durchmesser von knapp 50 µm, sie sind aber seitlich etwas abgeflacht und dabei nach einer Seite vorgewölbt. Auf der gewölbten Seite zeigen sie ein Muster von Linien. Machen Sie sich selbst ein Bild 😊

Physoderma potteri 5 Dauersporen Sporangien Mikroskopierkurs parasitische Pilze Pflanzengallen Pilzschule Schwaebischer Wald Eifel
Physoderma potteri 6 Nationalpark Eifel Belgien Nordrhein Westfalen England Lotus corniculatus uliginosus Sumpfhornklee Krieglsteiner
Physoderma potteri 7 Urophlyctis Lotus uliginosus Fabaceae abgeflacht Muster Rillen Dauersporen Chytridiomycota parasitische Pilze
Physoderma potteri 8 terrestrisch aquatisch parasitische Pilze Chytridiomycota Zygomycota Jochpilze Flagellatenpilze Toepfchen Pilzkurs
Physoderma potteri (Knollengalle an Hornklee) an basalen Stängel-Teilen von Sumpf-Hornklee (Lotus uliginosus) am 8.8.2012 im "Fuhrtsbachtal" (Wahlerscheid, Nationalpark Eifel,l Nordhrein-Westfalen nahe der Grenze zu Belgien), MTB 5403/4, 555 m NN, GPS ca. N50°30'41.57'' E6°17'19.42'', saurem, nährstoffarmem Niedermoor-Rasen (Vegetationstyp Juncetum acutiflori), leg., det., Fotos ("Studio"-Fotos) Lothar Krieglsteiner - die Dauersporen sind knapp 50 µm breit und rund in Frontal-Ansicht, aber von der Seite einseitig etwas abgeflacht. 
Physoderma potteri 9 Nationalpark Eifel Erstbeschreibung England Dauersporen Pflanzengalle rund Mikroskopierkurs Krieglsteiner Pilzkurs
Physoderma potteri 10 Pilzschule Schwaebischer Wald Feldmykologe Biodiversitaet Artenvielfalt naehrstoffarm Torfmoos Binse Becherling
Physoderma potteri 11 Dauersporen Ornament Linien Galle Hornklee Lotus uliginosus Feuchtbiotop Feuchtgruenland Krieglsteiner Eifel
Physoderma potteri 12 parasitische Pilze Pflanzengallen Cecidien Krieglsteiner Nationalpark Eifel Erstnachweis Deutschland Torfmoos
Physoderma potteri 13 Dauersporen Ornament Linien Nationalpark Eifel Torrmoos Niedermoor sauer naehrstoffarm Gallwespe Pilzkurse
Physoderma potteri 14 Pilzschule Schwaebischer Wald Biodiversitaet Kartierung Artenvielfalt Auftrag Nationalpark Eifel Krieglsteiner
Physoderma potteri (Knollengalle an Hornklee) an basalen Stängel-Teilen von Sumpf-Hornklee (Lotus uliginosus) am 8.8.2012 im "Fuhrtsbachtal" (Wahlerscheid, Nationalpark Eifel,l Nordhrein-Westfalen nahe der Grenze zu Belgien), MTB 5403/4, 555 m NN, GPS ca. N50°30'41.57'' E6°17'19.42'', saurem, nährstoffarmem Niedermoor-Rasen (Vegetationstyp Juncetum acutiflori), leg., det., Fotos ("Studio"-Fotos) Lothar Krieglsteiner - beachten Sie das Linienmuster auf der gewölbten Seite der abgeflacht-rundlichen Sporen. Sind das nicht bizaare Strukturen? Absolut sehenswert :-)

 

Physoderma potteri (ursprünglich beschrieben als Urophlyctis p.) wurde aus England beschrieben, wo laut Klenke & Scholler (2015) der von Deutschland aus am nächsten gelegene bekannte Fundort liegt. Mein Fund in der Eifel ist allerdings schon seit 2013 auf der Website des Nationalparks Eifel sichtbar. Googeln ist aber halt schon etwas aufwändig. Offenbar ist es jedenfalls ein Erstnachweis für Deutschland gewesen. Kein Wunder, denn der Pilz ist nicht leicht zu finden (bei mir war viel Glück dabei) und dann muss man erst einmal die Idee haben, dass es ein Pilz sein könnte. Bei der Erstbeschreibung (Bartlett 1926) war der Wirt Lotus corniculatus, der Gewöhnliche Hornklee,  Wie bei meinem Fund waren die befallenen Pflanzen (ich entdeckte nur eine) äußerlich vollkommen gesund, aber ohne Blütenbildung, ein Phänomen, das man von vielen parasitischen Pilzen kennt. Wie bei meinem Fund waren die Gallen an basalen, aber gerade so oberirdischen Stängelteilen zu finden.


Pilz des Monats März 2023 – Fleischfarbene Heidetrüffel (Hydnangium carneum)

Hypogäische Pilze habe ich ja immer wieder schon einmal vorgestellt, vor allem dann, wenn wie dieses Jahr auch ein Trüffel-Kurs auf dem Programm steht (25.-26.11. in Ruppertshofen, mit Sabine Hörnicke und ihren Spitzen-TrüffelhündInnen Millie und Pepper). In der Tat ist es nicht so einfach, Sommer- und Wintertrüffeln ohne Hund zu finden (womit nicht gesagt wäre, dass es nicht geht), andere Hypogäen allerdings wachsen auch oft „halbepigäisch“, womit gemeint ist, dass ihre Fruchtkörper sehr häufig zum Teil aus dem Boden heraus schauen.

Dies gilt auch für den hier und heute gezeigten Pilz. In den letzten Tagen haben wir ihn wiederholt „einfach so“ gefunden, meist zusammen mit der Weißen Erdnuss (Descomyces albus) und z.T. auch mit der Blasensporigen Schwanztrüffel (Hysterangium inflatum). Nun sind dies alles Pilzarten, mit denen hier in Deutschland nicht unbedingt zu rechnen ist (oder vielleicht doch, in Botanischen Gärten), denn alle sind Mykorrhizapilze von Eucalyptus. Wir sind ja auch gerade an der Algarve (Portugal), wo Eucalyptus mehr als erfreulich ist anzutreffen ist (die Gründe dürften den meisten klar sein: Eucalyptus ist äußerst schnell-wüchsig …).

Die gezeigte Fleischfarbene Heidetrüffel ist ein rosa Pilz, und ihre Sporen sind rund und deutlich stachelig. Beide Merkmale (und die mykorrhizische Lebensweise   unter Eucalyptus findet man „hier“ häufig L. lateritia) hat sie mit ihrer nächsten Verwandtschaft gemeinsam: dies sind die Lackpilze (Laccaria), die in Familie Hydnangiaceae der Agaricales gehören. Interessanterweise ist H. carneum zweisporig, ein Merkmal, das auch in Laccaria durchaus vorkommt.

1 Hydnangium carneum Fleischfarbene Heidetrueffel Hydnangiaceae Agaricales Mykorrhiza Eucalyptus Portugal Algarve Monchique Cortez Krieglsteiner Pilzkurse
 Fleischfarbene Heidetrüffel (Hydnangium carneum) am 04.02.2023 westlichvon Caldas de Monchique (südlich Monchique, Anstieg zur Serra Monchique n. Portimao, Algarve, Portugal), 252 m NN, GPS: N37°17'10.48" W8°34'7.85"), unter Eucalyptus globulus in oberster Erdschicht nahe Bachufer, teilweise halb-oberirdisch wachsend, leg., det.,Katharina & Lothar Krieglsteiner, Foto Lothar Krieglsteiner
2 Hydnangium carneum Monchique Picota Serra Portugal Algarve Eucalyptus Mykorrhiza Hypogaen Fleischfarbene Heidetrueffel Feldmykologe Krieglsteiner Pilzschule Schwaebischer
 Fleischfarbene Heidetrüffel (Hydnangium carneum) am 06.02.2023 westlich Monchique, Nordseite des Picota (Serra Monchique, Algarve, Portugal), 470 m NN, GPS: N37°18'49.48" W8°32'37.72", unter Eucalyptus globulus in oberster Erdschicht nahe Bachufer, teilweise halb-oberirdisch wachsend, leg., det.,Katharina & Lothar Krieglsteiner, Foto Lothar Krieglsteiner (die weiteren Fotos stammen alle von den beiden Funden der ersten beiden Fotos)
3 Hydnangium carneum Peridie Rhizomorphen Gleba rosa Lackpilz Agaricales Fleischfarbene Heidetrueffel Portugal Algarve essbar Pilzschule Pilzkurse Pilzexpertin Krieglsteiner
 Fleischfarbene Heidetrüffel (Hydnangium carneum) bei Monchique (Portugal, Algarve). Beachten Sie die rhizomorphen-besetzte Außenseite (linker Frk.). Foto Lothar Krieglsteiner.
4 Hydnangium carneum Schnitt Gleba Portugal Algarve Serra Monchique Picota Krieglsteiner Eucalyptus Feldmykologe PSV Krieglsteiner Pilzschule Pilzkurse Pilzseminare Agaricale
5 Hydnangium carneum Schnitt Fleischfarbene Heidetrueffel Portugal Algarve Pilzschule Pilzkurse PSV Feldmykologe Pilzexpertin Fachberater Krieglsteiner Gleba rosa Agaricales
6 Hydnangium carneum Schnitt Studio Gleba Portugal Algarve Lamellen Lackpilz Mykorrhiza Eucalyptus Deutschland Botanischer Garten Feldmykologe Agaricales Krieglsteiner
 Fleischfarbene Heidetrüffel (Hydnangium carneum) bei Monchique (Portugal, Algarve). Beachten Sie das fein weißlich-staubige Hymenium (Hohlräume!) sowie die dunkleren sterileren Bereiche, die der eingefaltenen Lamellen-Trama entsprechen (Verwandtschaft: Lackpilze!). Fotos Lothar Krieglsteiner
7 Hydnangium carneum jung iuvenil Peridie hell weisslich Portugal Algarve Mykorrhizapilz Serra Monchique Laccaria Lackpilz Agaricales Hydnangiaceae Krieglsteiner Feldmykologe
 Fleischfarbene Heidetrüffel (Hydnangium carneum) bei Monchique (Portugal, Algarve). Ganz junger Fruchtkörper mit nahezu rein weißer, etwas bereifter Außenseite. Foto Lothar Krieglsteiner.
8 Hydnangium carneum Fleischfarbene Heidetrueffel Sporen rund Apikulus stachelig Basidien zweisporig Krieglsteiner Pilzschule Mikroskopierkurs Agaricales Basidiomycetes PSV
9 Hydnangium carneum Sporen Apikulus stachelig Basidiomycetes Agaricales Hydnangiaceae Fleischfarbene Heidetrueffel Eucalyptus Mykorrhiza halbepigaeisch Hypogaen Trueffel
 Fleischfarbene Heidetrüffel (Hydnangium carneum) bei Monchique (Portugal, Algarve). Beachten Sie die runden Sporen mit deutlich stacheligem Sporen-Ornament. Fotos Lothar Krieglsteiner.
10 Hydnangium carneum Sporen Kongorot Ornament stachelig Apikulus Appendix Basidie Hydnangiaceae Agaricales Mykorrhiza Eucalyptus Mikroskopierkurs Pilzschule Schwaebischer
11 Hydnangium carneum Spore Kongorot Apikulus stachelig Mikroskopierkurs Krieglsteiner Hypogaen Kurs Sabine Hoernicke Millie Pepper Trueffelhuendin Feldmykologe Eucalyptus
 Fleischfarbene Heidetrüffel (Hydnangium carneum) bei Monchique (Portugal, Algarve). Beachten Sie den Apikulus (Appendix) der Sporen, der auf die Stellung in den Ständerpilzen hinweist - hier war die Spore am Sterigma an der Basidie befestigt. Aufnahmen in Kongorot-Ammoniak. Fotos Lothar Krieglsteiner
12 Hydnangium carneum Basidien zweisporig Sterigmen Krieglsteiner Algarve Portugal Monchique Eucalyptus halbepigaeisch einfach so Kugel Feldmykologe Pilzexpertin Trueffelkurs
13 Hydnangium carneum Descomyces albus Hysterangium inflatum Schwanztrueffel Erdnuss Fleischfarbene Heidetrueffel Sterigmen Agaricales Eucalyptus globulus Krieglsteiner Pilze
 Fleischfarbene Heidetrüffel (Hydnangium carneum) bei Monchique (Portugal, Algarve). Beachten Sie die zweisporigen Ständer mit zwei Sterigmen im Bild - im unteren Foto links sehen Sie eine Basidie mit nur einem Sterigma in Längs-Ansicht (das zweite Sterigma befindet sich in deutlich tieferer Schärfe-Ebene). Fotos Lothar Krieglsteiner

 

Heute nacht wird es (wenn nichts dazwischen kommt …) hier wieder einmal stärker regnen, was mehr als wünschenswert ist, denn momentan kann man Pilze hier nur „ausgraben“. Trotzdem finden wir (fast) jeden Tag so viele interessante Dinge, dass wir mit der Aufarbeitung durchaus beschäftigt sind, vor allem natürlich „Kleinzeug“. Ein Pilzgericht wäre auch einmal wieder nett – immerhin gab es in den gut zwei Wochen hier einmal Waldchampignons und einmal Pfifferlinge zu ernten 😊


Pilz des Monats Februar 2023 – Ockerbrauner Rasling (Lyophyllum cf. brunneo-ochrascens)

Manchmal passiert es, dass man einen Fund erst später wertschätzt. So ging es mir am Ende einer langen ganztägigen Exkursion im (nicht ganz) südlichen Norwegen (Provinz Innlandet), als wir an einem mäßig steilen Anstieg nach einem ganzen Tag in moorigem Habitat noch einen Abstecher ins (naturgemäß höher gelegene) Fjell (das ist so eine Art felsige Tundra, oberhalb der Baumgrenze) machen wollten. Es ging darum, noch die „paar Höhenmeter“ zu überwinden, und eigentlich hatte ich schon genügend spannende Pilzproben für die Mikroskopie-Session in der Nacht eingepackt (was sich bewahrheiten sollte). In der Tat ließ ich die erste Gruppe des mutmaßlichen Lyophyllum, das sich am Wegrand zeigte, auch stehen, und erst, als ich es einige Meter weiter noch einmal fand, dachte ich „was solls“ und nahm eben noch eine Portion Arbeit mit nach Hause und bückte mich etwas widerwillig, um es auf die Schnelle (sozusagen "in Gottes Namen") zu photographieren (und einzupacken).

Nun – als ich dann „zu Hause“ (in unserem engen hytter, in dem Mikroskopieren durchaus eine Herausforderung war) versuchte, den Rasling (ein solcher war es spätestens dann sicher, als sich zeigte, dass der Pilz bei Berührung und Verletzung schwärzte, s.u.) einer Art zuzuordnen, bekam ich große Schwierigkeiten und landete schon am gleichen Tag – mit Bauchweh (dieses erläutere ich weiter unten) – bei einer Art, die aus einem sehr ähnlichen Habitat in Süd-Schweden von Erhard Ludwig beschrieben wurde und offenbar seit der Typus-Kollektion nie wieder aufgetaucht ist (?): L. brunneo-ochrascens E. Ludwig.

Ludwigs Typus-Kollektion (im Kompendium Band 1 auf S. 301) aus dem Süden Schwedens wurde „auf baumbestandener Schafweide, büschelig am Fuß einer Birke“ aufgesammelt. Mein Fund (Fotos vom Standort s.u. – am Ende der Dokumentation des Pilzes) stammt aus einem Birkenwald auf saurem Boden (knapp unterhalb der Fjell-Stufe), und Schafe (und Rinder) laufen auch dort häufig frei herum -ihre Köttel wurden in der Nähe durchaus auch angetroffen.

Lyophyllum brunneo ochrascens 1 Ockerblaettriger Rasling Norwegen Innlandet Vaga Lusaeter Birke Schafe Rinder Fjell Krieglsteiner
Lyophyllum brunneo ochrascens 2 Ockerbrauner Rasling Norwegen Innlandet Lusaeter Birkenwald Fjell Krieglsteiner semitale Lamellen weiss grau
Ockerbrauner Rasling (Lyophyllum cf. brunneo-ochrascens) am 17.07.2022 bei Lusaeter (Norwegen, Innlandet, Vågå, Heidal, Slettmoen), am Wegrand in reinem subarktischem Birkenwald knapp unterhalb der Fjell-Stufe (Waldgrenze), 990 m NN, GPS: N61°45'30.54" E9°9'35.64", leg. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner
Lyophyllum brunneo ochrascens 3 Ockerbrauner Rasling Stiel beflockt Caulozystiden Norwegen Innlandet Vg Krieglsteiner Erhard Ludwig Schweden
Ockerbrauner Rasling (Lyophyllum cf. brunneo-ochrascens) am 17.07.2022 bei Lusaeter (Norwegen, Innlandet, Vågå, Heidal, Slettmoen), am Wegrand in reinem subarktischem Birkenwald knapp unterhalb der Fjell-Stufe (Waldgrenze), 990 m NN, GPS: N61°45'30.54" E9°9'35.64", leg. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner - Detail: Stiel mit Caulozystiden-Büscheln (s.u.).
 Lyophyllum brunneo ochrascens 4 Studio Hut hygrophan roetliclh braun ocker Norwegen Erhard Ludwig Typuskollektion Schweden Krieglsteiner Pilzkurse
Ockerbrauner Rasling (Lyophyllum cf. brunneo-ochrascens) am 17.07.2022 bei Lusaeter (Norwegen, Innlandet, Vågå, Heidal, Slettmoen), am Wegrand in reinem subarktischem Birkenwald knapp unterhalb der Fjell-Stufe (Waldgrenze), 990 m NN, GPS: N61°45'30.54" E9°9'35.64", leg. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner - beachten Sie die Hygrophaneität beim Trocknen, die bei E. Ludwig in der Erstbeschreibung auch erwähnt wird. Foto leider nicht ganz scharf :-(
 Lyophyllum brunneo ochrascens 5 Studio Lamellenschneide schwarz schwaerzend verfaerbend langsam Krieglsteiner Norwegen Vg Lusaeter Innlandet Ludwig
Ockerbrauner Rasling (Lyophyllum cf. brunneo-ochrascens) am 17.07.2022 bei Lusaeter (Norwegen, Innlandet, Vågå, Heidal, Slettmoen), am Wegrand in reinem subarktischem Birkenwald knapp unterhalb der Fjell-Stufe (Waldgrenze), 990 m NN, GPS: N61°45'30.54" E9°9'35.64", leg. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner - Das Studio-Foto zeigt ein Schwärzen in allen Fruchtkörper-Teilen, vor allem an der Lamellenschneide, nach manuellem Druck. Im Gegensatz zur Typus-Beschreibung bei E. Ludwig ist das Schwärzen allerdings ziemlich verhalten und langsam und keineswegs "sofort". Dass der Pilz überhaupt schwärzt, ist ein deutliches Zeichen für die Gattung Lyophyllum, Sektion Lyophyllum (Schwärzlinge).
 Lyophyllum brunneo ochrascens 6 alte Fruchtkoerper Wegrand Birkenwald Fjell Baumgrenze arktisch Norwegen Ockerbrauner Rasling Erhard Ludwig Typus Pilz
Ockerbrauner Rasling (Lyophyllum cf. brunneo-ochrascens) am 17.07.2022 bei Lusaeter (Norwegen, Innlandet, Vågå, Heidal, Slettmoen), am Wegrand in reinem subarktischem Birkenwald knapp unterhalb der Fjell-Stufe (Waldgrenze), 990 m NN, GPS: N61°45'30.54" E9°9'35.64", leg. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner - das Foto zeigt geschwärzte Fruchtkörper in der Nähe der frischen, die vermutlich zur gleichen Art gehören. Sicher ist das aber nicht, es wurde nicht geprüft.
 Lyophyllum brunneo ochrascens 7 Sporen unreif kleine Oeltropfen Guttulen Sporeninhalte Mirkoskopierkurs Krieglsteiner Pilzschule Schwaebischer Wald hytter
 Lyophyllum brunneo ochrascens 8 Sporen grosse Oeltropfen lebend Basidie viersporig Mikroskopie Herausforderung Norwegen Schweden hytter Krieglsteiner
 Lyophyllum brunneo ochrascens 9 Sporen KOH tot Oeltropfen Krieglsteiner Mikroskopierkurs Pilzschule Schwaebischer Wald Pilzexpertin Lothar Katharina
 Lyophyllum brunneo ochrascens 10 Ockerblaettriger Rasling Sporen Kongorot ellipsoidisch supraapikale Depression Krieglsteiner Pilzschule Schwaebischer
 Lyophyllum brunneo ochrascens 11 semitale Ockerbrauner Rasling hygrophaner Sporen ellipsoidisch supraapikale Depression Oeltropfen Mikroskopierkurs
 Lyophyllum brunneo ochrascens 12 KOH Sporen tot inhaltsleer ellipsoidisch dickwandig Krieglsteiner Mikroskopierkuirs Herausforderung hytter Norwegen
Ockerbrauner Rasling (Lyophyllum cf. brunneo-ochrascens) am 17.07.2022 bei Lusaeter (Norwegen, Innlandet, Vågå, Heidal, Slettmoen), am Wegrand in reinem subarktischem Birkenwald knapp unterhalb der Fjell-Stufe (Waldgrenze), 990 m NN, GPS: N61°45'30.54" E9°9'35.64", leg. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner - die 6 Fotos zeigen Sporen in unterschiedlichem Reifegrad und Vitalität. 1. unreife Sporen am Ständer mit kleinen Tropfen, lebend. 2. reife Sporen mit 2 größeren Tropfen noch am Ständer, lebend. 3. lebende junge Sporen (Mitte), reife (o.l.) und absterbende (o.r - dies sieht man an den amorphen Sporen-Inhalten, die gerade "agglutinieren"). 4. und 5. unterschiedlche Zustände in Kongorot. 6. hoher Anteil an lange abgestorbenen, völlig inhaltsleeren Sporen. Hier sieht man einge gewisse Wand-Dicke der Sporen (die im lebenden Zustand nicht erkennbar ist).
 Lyophyllum brunneo ochrascens 13 Basidien viersporig Staender Tropfen Guttulen Sterigmen siderophile Granulation Mikroskopie Norwegen Schweden Typus
 Lyophyllum brunneo ochrascens 14 Basidien viersporig Kongorot Sterigmen Mikroskopie Erhard Ludwig Ockerblaettriger Rasling siderophile Granulation
Ockerbrauner Rasling (Lyophyllum cf. brunneo-ochrascens) am 17.07.2022 bei Lusaeter (Norwegen, Innlandet, Vågå, Heidal, Slettmoen), am Wegrand in reinem subarktischem Birkenwald knapp unterhalb der Fjell-Stufe (Waldgrenze), 990 m NN, GPS: N61°45'30.54" E9°9'35.64", leg. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner - die Ständer sind 4-sporig (was nichts Besonderes bei einem Basidiomyceten ist ...). Aufnahmen in Kongorot-NH3
 Lyophyllum brunneo ochrascens 15 Basidien viele kleine Tropfen siderophile Granulation Mikroskopie Krieglsteiner Pilzkurse Pilzschule Schwaebischer
 Lyophyllum brunneo ochrascens 16 Basidien grosse Oeltropfen tot oelreiche Strukturen Ockerbrauner Rasling Norwegen Innlandet Vaga Lusaeter Birke Schaf
Ockerbrauner Rasling (Lyophyllum cf. brunneo-ochrascens) am 17.07.2022 bei Lusaeter (Norwegen, Innlandet, Vågå, Heidal, Slettmoen), am Wegrand in reinem subarktischem Birkenwald knapp unterhalb der Fjell-Stufe (Waldgrenze), 990 m NN, GPS: N61°45'30.54" E9°9'35.64", leg. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner - die Ständer sind (das ist typisch für Lyophyllum, aber auch z.B. für Tricholoma oder Entoloma Sekt. Entoloma) sehr ölreich. Lebende Strukturen (1. Foto) zeigen zahlreiche kleine Tropfen, die in diesem Falle für die siderophile Granulation (nicht geprüft) verantwortlich sind (Aufnahme in Kongo-SDS) - das 2. Foto zeigt in KOH abgestorbene Ständer mit zusammengeflossenen Tropfen.
 Lyophyllum brunneo ochrascens 17 Lamellentrama regulaer Querschnitt Mikroskopie Krieglsteiner Lothar Katharina Norwegen Schweden Erhard Ludwig Typus
 Lyophyllum brunneo ochrascens 18 Ockerbrauner Rasling Lamellen Schnitt Schichtung Hymenium Subhymenium Trama Mikroskopie Krieglsteiner Pilzschule
 Lyophyllum brunneo ochrascens 19 Hymenium Basidien siderophile Granulation Subhymenium Trama Krieglsteiner Pilzkurse PSV Feldmykologe Pilzforschung
Ockerbrauner Rasling (Lyophyllum cf. brunneo-ochrascens) am 17.07.2022 bei Lusaeter (Norwegen, Innlandet, Vågå, Heidal, Slettmoen), am Wegrand in reinem subarktischem Birkenwald knapp unterhalb der Fjell-Stufe (Waldgrenze), 990 m NN, GPS: N61°45'30.54" E9°9'35.64", leg. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Fotos Lothar Krieglsteiner - der Lamellen-Querschnitt zeigt (1. Foto Übersicht) eine reguläre Lamellen-Trama sowie die Schichtung mit Hymenium, Subhymenium und Trama.
 Lyophyllum brunneo ochrascens 20 Ockerbrauner Rasling HDS Hutdeckschicht Cutis Kongorot Zellen radial liegend Mikroskopie Schnitt Katharina Lothar
Ockerbrauner Rasling (Lyophyllum cf. brunneo-ochrascens) am 17.07.2022 bei Lusaeter (Norwegen, Innlandet, Vågå, Heidal, Slettmoen), am Wegrand in reinem subarktischem Birkenwald knapp unterhalb der Fjell-Stufe (Waldgrenze), 990 m NN, GPS: N61°45'30.54" E9°9'35.64", leg. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner. Die Huthaut ist eine Cutis mit liegenden, radial verlaufenden, relativ dünnen Hyphen (Aufnahme in Kongorot-NH3).
 Lyophyllum brunneo ochrascens 21 Stipitipellis Stiel Skalp Caulozystiden Kongorot Mikroskopie Krieglsteiner Pilzschule Schwaebischer Wald Norwegen
Ockerbrauner Rasling (Lyophyllum cf. brunneo-ochrascens) am 17.07.2022 bei Lusaeter (Norwegen, Innlandet, Vågå, Heidal, Slettmoen), am Wegrand in reinem subarktischem Birkenwald knapp unterhalb der Fjell-Stufe (Waldgrenze), 990 m NN, GPS: N61°45'30.54" E9°9'35.64", leg. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner. Die Aufnahme zeigt die Stipitipellis mit Caulozystiden. Aufnahme in Kongorot NH3
 Lyophyllum brunneo ochrascens 22 Fundort Boeschung Wegrand Birkenwald arktisch Waldgrenze Fjell nordisch sauer Schafe Rinder Erhard Ludwig
Ockerbrauner Rasling (Lyophyllum cf. brunneo-ochrascens) am 17.07.2022 bei Lusaeter (Norwegen, Innlandet, Vågå, Heidal, Slettmoen), am Wegrand in reinem subarktischem Birkenwald knapp unterhalb der Fjell-Stufe (Waldgrenze), 990 m NN, GPS: N61°45'30.54" E9°9'35.64", leg. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner. Die Aufnahme zeigt den genauen Entnahme-Ort der Fruchtkörper an einer Wegböschung durch reinen Birkenwald.
 Lyophyllum brunneo ochrascens 23 Standort Birkenwald arktisch sauer Geranium silvaticum Waldstorchschnabel Fjell Norwegen Innlandet Lusaeter Pilzkurs
 Ockerbrauner Rasling (Lyophyllum cf. brunneo-ochrascens) am 17.07.2022 bei Lusaeter (Norwegen, Innlandet, Vågå, Heidal, Slettmoen), am Wegrand in reinem subarktischem Birkenwald knapp unterhalb der Fjell-Stufe (Waldgrenze), 990 m NN, GPS: N61°45'30.54" E9°9'35.64", leg. Katharina & Lothar Krieglsteiner, det., Foto Lothar Krieglsteiner. Die Aufnahme zeigt den Birkenwald oberhalb der Böschung. mit Wald-Storchschnabel (Geranium silvaticum) als einer der dominierenden Pflanzen. Dieser zeigt sicherlich eine leichte Eutrophierung durch die Schaf- und Rinderbeweidung an.

 

Nun – warum denke ich, dass mein Fund L. brunneo-ochrascens ist und warum bin ich nicht sicher? Zum Einen lande ich mit Funga Nordica zielsicher bei dieser Art, und ihre Ökologie passt sehr gut, um nicht zu sagen „wie die Faust aufs Auge“ (s.o.). „Meine“ Sporen maß ich mit  6,5-8,5/4-5,5(6) µm (Messung an Frischmaterial) bzw. 6,2-8,3/3,9-5,2 µm (Nachuntersuchung an Trockenmaterial in Spraitbach), sie sind mehr oder weniger ellipsoidisch mit teils leichter subapikaler Depression, in unreifem Zustand mit etlichen kleinen Öltropfen, die später in vivo zu mehreren größeren, im Totzustand zu einem großen Tropfen zerfließen, der bei länger toten Sporen gar nicht mehr zu sehen ist (inhaltsleer). Sporen-Inhalte sind aber ein Merkmal, das bei Lamellenpilz-Leuten (wie auch Ludwig) nicht wertgeschätzt wird – die Sporen sind bei Ludwig wie auch sonst oft ganz inhaltsleer dargestellt: Davon abgesehen: eigentlich alles paletti mit L. brunneo-ochrascens, sollte man meinen. Aber: es gibt ein paar Einwände. Zum Einen: die Sporen sind bei Ludwig etwas größer angegeben (7-9,5-/4,5-6 µm). Geschenkt. Zum Zweiten schreibt Ludwig, dass sein Pilz „in allen Teilen direkt und schnell schwärzend“ sei – bei meiner Aufsammlung schwärzt zwar ebenfalls der ganze Pilz, aber sehr verhalten und langsam, und keinesfalls direkt und schnell. Nun ja. Drittens sind laut Ludwig die Lamellen „schmutzig ocker“, von gleicher Farbe wie der Hut (was ihn zum deutschen Namen „Ockerblättriger Rasling“ verleitete), was ich nicht unbedingt unterschreiben würde, ich finde die Lamellen heller grau-weißlich. Ludwigs Aquarell finde ich allerdings nicht soo schlecht zu meinem Fund passend.

Nun – eine Art, die bisher nur vom Typus bekannt ist, ist vermutlich variabler als es die Typusbeschreibung erlaubt, und es ist damit zu rechnen, dass eine zweite Aufsammlung vielleicht nicht ganz mit der ersten übereinstimmt. Trotzdem ist man als Bestimmer in solchen Fällen verunsichert. Ich bin nicht darüber informiert, ob es eine Sequenz zur Typus-Kollektion gibt, nehme es aber eher nicht an, zumal mir einmal zu Ohren kam, dass Erhard Ludwigs Belege in schlechtem Zustand ins Museum nach Karlsruhe kamen, weil er sie in seiner Wohnung über viele Jahre nicht gut trocken lagerte (Ludwig schreibt selbst in seiner Typus-Beschreibung, dass er die Huthaut wegen Schimmelpilz-Befall nicht präparieren konnte …). Nun ja …

Was wäre außer L. brunneo-ochrascens noch möglich? Eine ganz neue Art. Warum nicht? Aber mit der gleichen Ökologie, dem gleichen Habitus und der gleichen Sporenform? Natürlich möglich. Bewertet man die bei machen Sporen auftretende leichte supraapikale Depression stark und geht in Funga Nordica auf diesem Weg weiter (findet die Sporen nicht ellipsoidisch), dann kommt man zu L. semitale, auf Deutsch „Hygrophaner Rasling“. In der Tat ist auch meine Aufsammlung etwas hygrophan (Studio-Foto), was auch Ludwig für L. brunneo-ochrascens beschreibt, andere makroskopische Merkmale passen aber nicht zu L. semitale. Diese Art ist farblich variabel, aber von hell grau bis nahezu schwarz, nicht wirklich braun gefärbt. Das gefällt mir nicht. Dazu kommt die doch andere, schmalere Sporenform mit der viel deutlicheren supraapikalen Depression.

Fürs Erste bleibt mir nichts übrig, als die Aufsammlung als L. cf. brunneo-ochrascens zu führen und darauf zu hoffen, dass die Art wieder gefunden wird, am Besten auch von mir selbst, bei einem weiteren Skandinavien-Aufenthalt. Die Pilze bleiben spannend 😊


Pilz des Monats Januar 2023 – Stumpfhaariges Spinnweb-Becherchen (Arachnopeziza obtusipila)

Bisher habe ich (soweit ich noch den Überblick habe) erst zweimal (Lambertella corni-maris im April 2018 und Dactylospora stygia im Juni 2020) einen Pilz des Monats aus den inoperculaten Becherlingen (solche, bei denen die Sporen durch einen Porus den Ascus verlassen – vgl. auch Mikrofotos unten) gewählt. Deshalb wurde es mal wieder Zeit, wie ich finde. Die Gruppe hat makroskopisch durchaus einiges zu bieten (mikroskopisch sowieso) und ist von hoher Arten- und Merkmalsvielfalt, deshalb zählte sie auch immer zu meinen Lieblings-Pilzgruppen. Für die meisten Pilzfreunde wird ihre Attraktivität durch ihre Kleinheit (nur wenige Arten fallen im Gelände auf) und ihre oft nicht leichte Bestimmbarkeit weniger attraktiv – nur wenige Arten kann man ohne Mikroskop eindeutig bestimmen (das gilt auch für die heute vorgestellte Art). Bei einem Mikroskopierkurs der Pilzschule Schwäbischer Wald (der nächste ist von 1.-4.6.23) kann man lernen, solchen Pilzen mikroskopisch näher zu kommen.

Spinnweb-Becherchen sind immer nette Funde, es gibt nicht sehr viele Arten und nur wenige sind häufiger, z.B. vor allem A. aurata, in Portugal (und mancherorts in Deutschland) auch A. aurelia. Es sind typische Haarbecherlinge der klassischen Familie Hyaloscyphaceae, die aufgesplittert wurden und z.T. mit nicht-behaarten Formen zusammen in verschiedene Gruppen zu stellen sein werden (das System der Inoperculaten ist noch nicht abgeschlossen und gefestigt). Spinnweb-Becherchen (im engen Sinn) haben typischerweise ein deutliches Luftmyzel (Subikulum) und lange Rand- und Flankenhaare (die einem Exzipulum (Gehäuse) vom Typ textura prismatica entspringen (vgl. Foto)), dazu mikroskopisch ferner euamyloide Asci mit Porus vom Calycina-Typ (wie die meisten alten Hyaloscyphaceae), dazu bei Reife meist septierte, oft lange bis sehr lange, hyaline Sporen. Im aktuellen Index of Fungi werden sie in einer monotypischen Familie Arachnopezizaceae der Helotiales (Hauptordnung inoperculate Becherlinge) geführt.

Arachnopeziza obtusipila 1 Stumpfhaariges Spinnwebbecherchen Quercus suber Korkeiche Portugal Algarve Krieglsteiner Biodiversitaet Artenvielfalt Krieglsteiner
Arachnopeziza obtusipila 2 Stumpfhaariges Spinnwebbecherchen Portugal Algarve Serra Monchique Castanea Krieglsteiner Korkeiche Quercus suber Feldmykologe
Arachnopeziza obtusipila 3 Stumpfhaariges Spinnwebbecherchen Ascomyceten Helotiales inoperculate Becherlinge Artenvielfalt Quercus suber Korkeiche Portugal
Stumpfhaariges Spinnweb-Becherchen (Arachnopeziza obtusipila) am 26.02.2022 oberhalb von Caldas de Monchique (Portugal, Algarve, Anstieg zur Serra Monchique), an liegendem, entrindetem Kernholz von abgestorbenem Korkeichen-Stamm (Quercus suber) in Korkeichenwald über saurem Boden, leg. Larissa Möller, Katharina & Lothar Krieglsteiner, det. Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner (das dritte unter Binokular). Die lang behaarten Apothezien sind weiß bis etwas hellgrau, ohne gelbliche Tönungen. Das Subikulum ist nur spärlich ausgebildet.
Arachnopeziza obtusipila 4 Stumpfhaariges Spinnwebbecherchen Portugal Algarve Monchique Portimao Krieglsteiner Korkeiche Exzipulum textura prismatica
Stumpfhaariges Spinnweb-Becherchen (Arachnopeziza obtusipila) am 26.02.2022 oberhalb von Caldas de Monchique (Portugal, Algarve, Anstieg zur Serra Monchique), an liegendem, entrindetem Kernholz von abgestorbenem Korkeichen-Stamm (Quercus suber) in Korkeichenwald über saurem Boden, leg. Larissa Möller, Katharina & Lothar Krieglsteiner, det. Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner - Das Foto (in Wasser) zeigt das (ectale) Exzipulum von textura prismatica, aus hyalinen Zellen, und die Basen der aus den Endzellen entspringenden langen und septierten Randhaare.
Arachnopeziza obtusipila 5 Randhaare stumpf septiert Exzipulum textura prismatica Portugal Algarve Ascomyceten inoperculate Becherlinge Artenvielfalt
Arachnopeziza obtusipila 6 Randhaare Melzers Reagenz aurata aurelia delicatula Portugal Algarve Korkeiche Krieglsteiner PIlzexpertin Exkursionsfahrt
Arachnopeziza obtusipila 7 Stumpfhaariges Spinnwebbecherchen Arachnoepzizaceae Hyaloscyphaceae Exzipulum Sporen Asci Paraphysen septiert Krieglsteiner
Stumpfhaariges Spinnweb-Becherchen (Arachnopeziza obtusipila) am 26.02.2022 oberhalb von Caldas de Monchique (Portugal, Algarve, Anstieg zur Serra Monchique), an liegendem, entrindetem Kernholz von abgestorbenem Korkeichen-Stamm (Quercus suber) in Korkeichenwald über saurem Boden, leg. Larissa Möller, Katharina & Lothar Krieglsteiner, det. Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner - Die Fotos zeigen eine Übersicht (in Wasser) sowie Details der Randhaare (in Baralscher Lösung). Die Randhaare sind septiert und haben eine stumpf, rundlich endende, nicht dünner werdende, teils etwas keulig verdickte Endzelle.
Arachnopeziza obtusipila 8 Ascus 8sporig septiert Sporen kurz Portugal Algarve Serra Monchique Caldas Steineiche Quercus suber Feldmykologe Pilzexpertin
  Stumpfhaariges Spinnweb-Becherchen (Arachnopeziza obtusipila) am 26.02.2022 oberhalb von Caldas de Monchique (Portugal, Algarve, Anstieg zur Serra Monchique), an liegendem, entrindetem Kernholz von abgestorbenem Korkeichen-Stamm (Quercus suber) in Korkeichenwald über saurem Boden, leg. Larissa Möller, Katharina & Lothar Krieglsteiner, det. Lothar Krieglsteiner, Foto Lothar Krieglsteiner - Das Foto zeigt einen Ascus mit Sporen in Wasser, dazu drei schon ausgeschleuderte, 3fach septierte Sporen. Der Hakus an der Ascusbasis ist wegen der Perspektive allenfalls zu erahnen.
Arachnopeziza obtusipila 9
Arachnopeziza obtusipila 10
 Stumpfhaariges Spinnweb-Becherchen (Arachnopeziza obtusipila) am 26.02.2022 oberhalb von Caldas de Monchique (Portugal, Algarve, Anstieg zur Serra Monchique), an liegendem, entrindetem Kernholz von abgestorbenem Korkeichen-Stamm (Quercus suber) in Korkeichenwald über saurem Boden, leg. Larissa Möller, Katharina & Lothar Krieglsteiner, det. Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner - Die Fotos zeigen Asci in Baralscher Lösung, mit Sporen, und mit angefärbtem eu-amyloidem (d.h. blau verfärbendem) Porus vom Calycina-Typ (d.h. oben breiter, nach unten verschmälert).
Arachnopeziza obtusipila 11
Arachnopeziza obtusipila 12
 Stumpfhaariges Spinnweb-Becherchen (Arachnopeziza obtusipila) am 26.02.2022 oberhalb von Caldas de Monchique (Portugal, Algarve, Anstieg zur Serra Monchique), an liegendem, entrindetem Kernholz von abgestorbenem Korkeichen-Stamm (Quercus suber) in Korkeichenwald über saurem Boden, leg. Larissa Möller, Katharina & Lothar Krieglsteiner, det. Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner - Die Fotos zeigen weitere freie Sporen in Wasser, mit ihrer 3-fachen Septierung bei Reife.
Arachnopeziza obtusipila 13
 Stumpfhaariges Spinnweb-Becherchen (Arachnopeziza obtusipila) am 26.02.2022 oberhalb von Caldas de Monchique (Portugal, Algarve, Anstieg zur Serra Monchique), an liegendem, entrindetem Kernholz von abgestorbenem Korkeichen-Stamm (Quercus suber) in Korkeichenwald über saurem Boden, leg. Larissa Möller, Katharina & Lothar Krieglsteiner, det. Lothar Krieglsteiner, Fotos Lothar Krieglsteiner - das Foto zeigt die fädig-dünnen Paraphysen ohne viel Inhalt.

 

Obwohl insgesamt sehr trockene Bedingungen herrschten, wurden auf dieser (unserer bis heute letzten) Fahrt  an die Algarve wiederholt Arachnopeziza-Proben gefunden – diesmal nicht die sonst an der Algarve verbreitete A. aurelia, aber immer wieder A. aurata und auch einmal A. delicatula. Sowie die nun vorgestellte Art, gefunden am 21.02.2022 an entrindetem Stammstück von Korkeiche (Quercus suber) an Wegrand in Korkeichenwald über überwiegend saurem Boden. Für mich ein persönlicher Erstfund, ich habe die Art auch in Deutschland oder andernots noch nie vorher gefunden.

A. obtusipila unterscheidet sich von anderen Arten der Gattung in erster Linie durch ihre kurzen (ich maß sie mit 24-34//(2,5)3-4(4,5) µm), bei Reife bis 3fach septierten Sporen, ferner durch die stumpferen Haare (Name). Makroskopisch fehlt der weißen A. obtusipila der meist vorhandene gelbliche Ton von A. aurata und auch A. delicatula. Es gibt weitere seltene Arten der Gattung, die zweifelsfrei nur mikroskopisch bestimmt werden können und vielleicht auch noch nicht alle beschrieben sind.

Pilzkunde.de - Dr. Lothar Krieglsteiner - Pilz des Monats - 2022 - Hygrophoropsis fuscosquamula

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