Pilz des Monats Juli 2023 – Fleischroter Holztrichterling (Clitocybe subbulbipes ss. E. Ludwig– bwz. C. americana)
Diesen Pilz fand ich im Zuge einer Auftragskartierung – für die Heinz-Sielmann-Stiftung, in deren Schutzgebiet auf der östlichen Schwäbischen Alb bei Lauterstein-Weißenstein, am dortigen Schloßberg. Der Fundort ist ein Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), bestanden mit Buchenwald (in den nicht so skelettreichen, weniger steilen Partien) und Edellaubholz-Schluchtwald (Fraxino-Aceretum pseudoplatani). Im Zuge der Kartierung im Jahr 2022 konnten einige sehr interessante Pilze gefunden und bestimmt werden, darunter die hier vorgestellte Art.
Trichterlinge sind nicht unbedingt leicht zu bestimmen – dies gilt jedenfalls sehr häufig, besonders dann, wenn man kein Spezialist der Gattung ist und Trichterlinge nur ab und zu mikroskopiert. In diesem Falle hatte ich jedoch von Anfang an eine gewisse Hoffnung, denn die Fruchtkörper wuchsen büschelig an morschem Holz (genau gesagt ein Buchenstumpf) und dazu wiesen sie eine innerhalb der Trichterlinge doch nicht ganz so häufig vorkommende Farbkombination auf. Genau genommen erinnerten sie mich stark an den Fleischfalben Trichterling (Clitocybe diatreta), den ich aber ziemlich gut kenne und auch schon oft fand, eigentlich immer an deutlich sauren Standorten, meist in der Streu oder im Moos in Nadel-, seltener auch Laubwäldern. Die Ökologie weicht hier deutlich ab, und so war ich mit der ersten Idee nicht ganz zufrieden (C. diatreta war übrigens hier schon einmal Pilz des Monats – falls Sie nachlesen wollen: Clitocybe diatreta - Fleischfalber Trichterling - Seite 5 (pilzkunde.de)).
Die Recherche führte mich dann schließlich zu C. subbulbipes Murrill 1916, einer aus Nordamerika beschriebenen Art, die aber auch schon aus Deutschland bezeugt wurde, und zwar wohl zuerst glaubhaft von M. Schmidt (25.9.2005, Brandenburg, an Holzresten von Holunder – vgl. Pilzkompendium von E. Ludwig Band 3 – dort ist auch eine ganz passabel zur Weißensteiner Kollektion passendes Aquarell abgedruckt).
Fleischroter Holz-Trichterling (Clitocybe americana = C. subbulbipes ss. E. Ludwig, Pilzkompendium) am 23.09.2022 am "Schloßberg" bei Lauterstein-Weißenstein (Schwäbische Alb ssö. Schwäbisch Gmünd, nnö. Geislingen an der Steige, Landkreis Heidenheim), teils büschelig an morschem Buchenstumpf (Finalphase) in Laubmischwald an Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), 584 m NN, MTB 7225/3, GPS: N48°42'13.55" E9°53'4.99", leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Beachten Sie beim ersten Foto die kräftigen weißen Myzelstränge (Rhizoiden). Diese werden auch von P. Specht (Der Tintling 28, Juni 2023) erwähnt. |
Fleischroter Holz-Trichterling (Clitocybe americana = C. subbulbipes ss. E. Ludwig, Pilzkompendium) am 23.09.2022 am "Schloßberg" bei Lauterstein-Weißenstein (Schwäbische Alb ssö. Schwäbisch Gmünd, nnö. Geislingen an der Steige, Landkreis Heidenheim), teils büschelig an morschem Buchenstumpf (Finalphase) in Laubmischwald an Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), 584 m NN, MTB 7225/3, GPS: N48°42'13.55" E9°53'4.99", leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Beachten Sie die Pruina (Bereifung des Hutes), die beim jungen Fruchtkörper noch am umgekrempelten Hutrand nahezu vollständig ist. |
Fleischroter Holz-Trichterling (Clitocybe americana = C. subbulbipes ss. E. Ludwig, Pilzkompendium) am 23.09.2022 am "Schloßberg" bei Lauterstein-Weißenstein (Schwäbische Alb ssö. Schwäbisch Gmünd, nnö. Geislingen an der Steige, Landkreis Heidenheim), teils büschelig an morschem Buchenstumpf (Finalphase) in Laubmischwald an Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), 584 m NN, MTB 7225/3, GPS: N48°42'13.55" E9°53'4.99", leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner (Studio-Foto) |
Fleischroter Holz-Trichterling (Clitocybe americana = C. subbulbipes ss. E. Ludwig, Pilzkompendium) am 23.09.2022 am "Schloßberg" bei Lauterstein-Weißenstein (Schwäbische Alb ssö. Schwäbisch Gmünd, nnö. Geislingen an der Steige, Landkreis Heidenheim), teils büschelig an morschem Buchenstumpf (Finalphase) in Laubmischwald an Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), 584 m NN, MTB 7225/3, GPS: N48°42'13.55" E9°53'4.99", leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Das Studio-Foto zeigt Reste der Pruina auch auf der Hut-Bedeckung. |
Fleischroter Holz-Trichterling (Clitocybe americana = C. subbulbipes ss. E. Ludwig, Pilzkompendium) am 23.09.2022 am "Schloßberg" bei Lauterstein-Weißenstein (Schwäbische Alb ssö. Schwäbisch Gmünd, nnö. Geislingen an der Steige, Landkreis Heidenheim), teils büschelig an morschem Buchenstumpf (Finalphase) in Laubmischwald an Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), 584 m NN, MTB 7225/3, GPS: N48°42'13.55" E9°53'4.99", leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Das Studio-Foto zeigt, dass sich C. americana bezüglich Hygrophaneität wie ein normaler Trichterling verhält ;-) |
Fleischroter Holz-Trichterling (Clitocybe americana = C. subbulbipes ss. E. Ludwig, Pilzkompendium) am 23.09.2022 am "Schloßberg" bei Lauterstein-Weißenstein (Schwäbische Alb ssö. Schwäbisch Gmünd, nnö. Geislingen an der Steige, Landkreis Heidenheim), teils büschelig an morschem Buchenstumpf (Finalphase) in Laubmischwald an Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), 584 m NN, MTB 7225/3, GPS: N48°42'13.55" E9°53'4.99", leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Das Studio-Foto zeigt die schon am ersten Foto zu sehenden deutlichen Rhizoiden (Myzelstränge) an der Stielbasis. |
Fleischroter Holz-Trichterling (Clitocybe americana = C. subbulbipes ss. E. Ludwig, Pilzkompendium) am 23.09.2022 am "Schloßberg" bei Lauterstein-Weißenstein (Schwäbische Alb ssö. Schwäbisch Gmünd, nnö. Geislingen an der Steige, Landkreis Heidenheim), teils büschelig an morschem Buchenstumpf (Finalphase) in Laubmischwald an Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), 584 m NN, MTB 7225/3, GPS: N48°42'13.55" E9°53'4.99", leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Laut Ludwig (u.a.) soll sich C. subbulbipes von C. diatreta mikroskopisch durch inkrustierendes Huthaut-Pigment in der Pileipellis unterscheiden. P. Specht (2023) weist diesem Merkmal hier keine große Bedeutung zu. So oder so - ich konnte jedenfalls inkrustierende Hyphen in der Kollektion von der Schwäbischen Alb nachweisen (Präparation wie bei den Folgefotos in Kongorot). |
Fleischroter Holz-Trichterling (Clitocybe americana = C. subbulbipes ss. E. Ludwig, Pilzkompendium) am 23.09.2022 am "Schloßberg" bei Lauterstein-Weißenstein (Schwäbische Alb ssö. Schwäbisch Gmünd, nnö. Geislingen an der Steige, Landkreis Heidenheim), teils büschelig an morschem Buchenstumpf (Finalphase) in Laubmischwald an Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), 584 m NN, MTB 7225/3, GPS: N48°42'13.55" E9°53'4.99", leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Auch die Tatsache, dass die Huthaut-Hyphen Schnallen tragen, bringt für die Abgrenzung zu verwandten Arten wohl wenig. |
Fleischroter Holz-Trichterling (Clitocybe americana = C. subbulbipes ss. E. Ludwig, Pilzkompendium) am 23.09.2022 am "Schloßberg" bei Lauterstein-Weißenstein (Schwäbische Alb ssö. Schwäbisch Gmünd, nnö. Geislingen an der Steige, Landkreis Heidenheim), teils büschelig an morschem Buchenstumpf (Finalphase) in Laubmischwald an Steilhang über Malm-Kalk (weißer Jura), 584 m NN, MTB 7225/3, GPS: N48°42'13.55" E9°53'4.99", leg., det., Foto Lothar Krieglsteiner - Das erste Sporen-Foto zeigt unten links eine Sporen-Tetrade, die auf die (auch sonst nachgewiesene) Viersporigkeit der Ständer (4 Sterigmen) hinweist. Die kleinen Sporen mit deutlichem Apikulus passen zu den bei Ludwig gegebenen Maßen gut. |
Auch bei E. Ludwig wird die Ähnlichkeit mit C. diatreta hervorgehoben – neben der Ökologie (s.o.) wird genannt und zeichnerisch dargestellt, dass C. subbulbipes im Gegensatz zu C. diatreta inkrustierendes Pigment in der Huthaut aufweisen soll. Nach etwas Suchen wurde ich dann auch fündig – und insofern zweifelte ich nicht mehr allzu sehr an meiner Bestimmung.
Auf www.pilze-deutschland.de finde ich 3 Fundpunkte – zwei in Nordrhein-Westfalen (s.u.) und einen in Sachsen-Anhalt; der Fund aus E. Ludwig ist wohl nicht für die Karte ausgewertet worden!
Anlass dafür, dass ich nun bei der Auswahl zum Pilz des Monats Juli 2023 an den Fund vom Schloßberg bei Weißenstein dachte, war eine Publikation im neuesten Tintling, wo Peter Specht einen Fund von C. americana H. Bigelow 1976 im Auwald bei Leipzig, ebenfalls an Buchenholz, vorstellt und ihn als konspezifisch mit dem von Ludwig als C subbulbipes bestimmten Fund ansieht. Specht zeigt auch ein Foto einer Aufsammlung von M. Meusers aus Nordrhein-Westfalen (das dürften die Fundpunkte in pilze-deutschland sein), die C. subbulbipes zugeordnet wurden und mit einiger Sicherheit mit den Funden in Brandenburg, Weißenstein und Leipzig nicht überein stimmen.
Nun – wie das Pilzchen auch immer heißen mag (Specht weist auch sicher zu Recht darauf hin, dass ihre Stellung in Clitocybe eine nicht mehr allzu lange Dauer haben dürfte) – subbulbipes oder besser americana. So oder so ist das eine Art, auf die künftig geachtet werden sollte. Und: für Baden-Württemberg dürfte ein Erstnachweis vorliegen.
P.S. Was mir zuletzt noch einfällt: Clitocybe diatreta ist eine giftige, muscarin-haltige Art. Aufgrund der Ähnlichkeit und möglicherweise auch Verwandtschaft (das wäre zu klären), könnte auch C. americana sehr gut giftig sein. Vermutlich gibt es hier noch keine Untersuchungen.