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Pilz des Monats April 2023 – Physoderma potteri – Knollengalle an Hornklee

Gallen sind eigentlich nicht primär das Objekt von Mykologen – die meisten Meschen verbinden damit eher Insekten als Auslöser. Von Gallwespen haben viele schon gehört, und dass es auch Gallmücken und Gallmilben (Spinnentiere) als Auslöser gibt, wissen auch so manche. Aber was ist überhaupt eine Galle? Nun – wo schaut man auf die Schnelle nach – auf wikipedia. Dort liest man zunächst: „Eine Pflanzengalle oder Cecidie, auch Gallapfel und kurz Galle genannt, ist als kugelförmige Geschwulst an Pflanzen (von lateinisch galla, Geschwulst an Pflanzen und Tieren) …., eine Anomalie im Pflanzenwachstum, die durch fremde Organismen verursacht wird. Die Wissenschaft der Pflanzengallen (Cecidien) wird als Cecidologie  bezeichnet.“ Zunächst fällt mir dazu auf, dass keineswegs alle Gallen kugelförmig sind, aber das wollen wir mal nicht so hoch hängen. Weiter bei wikipedia: „Eine allgemein akzeptierte Definition des Begriffs Pflanzengalle gibt es noch nicht. Diverse Versuche wurden bereits gemacht, um die Gallbildung an Pflanzen umfassend zu umschreiben. Die auch in aktueller Literatur häufig verwendete Definition von Ernst Küster aus dem Jahre 1953 definierte Pflanzengallen als „Produkte abnormen Wachstums“, die durch die „Einwirkung tierischer oder pflanzlicher Parasiten entstehen und den Nährboden für diese abgeben“. Nun – nach dieser Definition gibt es keine pilzlichen Gallen und ich bin gerade dabei, mein eigenes Thema zu verfehlen. Aber wollen wir Herrn Küster zugute halten, dass es damals noch nicht allgemein anerkannt war, dass Pilze keine Pflanzen sind, schließlich wurden sie noch viele Jahre später (heute nicht mehr) als Kapitel im Lehrbuch für Botanik (Strasburger) abgehandelt. Ich würde „Galle“ (und nicht „Pflanzengalle“) so definieren: „durch einen parasitischen Organismus verursachte, optisch sichtbare Gewebe-Wucherung an einem Wirts-Organismus, der zur Vermehrung des Wirts dient“.

Nun -wie auch immer: dass es gallbildende Pilze gibt, dürften auch so manche Leute wissen, z.B. kann der Mais-Brandpilz (Ustilago maydis) als ein solcher aufgeführt werden, oder die Zwetschgen-Narrentasche (Taphrina pruni), um nur zwei relativ bekannte Beispiele zu nennen. Heute möchte ich aber einen ganz ausgefallenen pilzlichen Gallbildner vorstellen, der zur wenig bekannten Gruppe der Töpfchen-Pilze bzw. Flagellatenpilze (Chytridiomycota) gehört, den einzigen „primitiven“ Pilzen, von denen in bestimmten Stadien „noch“ Geißeln im Entwicklungszyklus nachgewiesen werden können. Molekulare Untersuchungen legen allerdings nahe, dass diese Gruppe nicht aufrecht erhalten werden kann, sondern mit verschiedenen Gruppen der klassichen Zygomycota („Jochpilze“) verwandt ist. So wird etwa Physoderma heute in eine neu abgespaltene Klasse der Blastocladiomycota gestellt. Wie auch immer. Nur wenige (klassische) Töpfchenpilze sind terrestrisch und leben als Pflanzenparasiten (die Mehrzahl lebt aquatisch), und von diesen bilden auch nicht alle sehr auffällige Gallen. Häufiger findet man z.B. Synchytrium anemones an Buschwindröschen oder S. mercurialis an Bingelkraut – wenn man denn einen Blick dafür entwickelt.

Um ehrlich zu sein: als ich die hier vorgestellte Galle fand, dachte ich zunächst überhaupt nicht an einen Pilz, sondern hielt sie für eine durch Insekten hervorgerufene Bildung. Da aber die Gesamt-Ausbeute an diesem Tag nicht besonders groß war, nahm ich die Probe auf Verdacht mit, sozusagen als unwahrscheinliche Option, doch noch einen besonderen Pilz gefunden zu haben. Und manchmal hat man Glück …

Physoderma potteri 1 Urophlyctis Toepfchenpilze Chytridiomycota Flagellatenpilze Nationalpark Eifel Sumpfhornklee Lotus uliginosus
Physoderma potteri 2 Nationalparik Eifel Pflanzengalle Nordrhein Westfalen Ustilago maydis Taphrina alni Synchytrium anemones Pilzschule

Physoderma potteri (Knollengalle an Hornklee) an basalen Stängel-Teilen von Sumpf-Hornklee (Lotus uliginosus) am 8.8.2012 im "Fuhrtsbachtal" (Wahlerscheid, Nationalpark Eifel,l Nordhrein-Westfalen nahe der Grenze zu Belgien), MTB 5403/4, 555 m NN, GPS ca. N50°30'41.57'' E6°17'19.42'', saurem, nährstoffarmem Niedermoor-Rasen (Vegetationstyp Juncetum acutiflori), leg., det., Fotos ("Studio"-Fotos) Lothar Krieglsteiner - beachten Sie die knopfgroßen rundlichen Gallen an der Stängelbasis. Die Gallen sind blass gefärbt  und zu mehreren an der Pflanze vorhanden.

 Physoderma potteri 3 Urophlyctis Eifel Pilzschule Schwaebischer Wald Krieglsteiner Feldmykologe PSV Pilzexpertin Becherlinge Kleinpilze
 Physoderma potteri 4 Chytridiomycota Zygomycota Flagellatenpilze Jochpilze Pflanzengalle Staengel oberirdisch Insekten Niedermoor Binse
 Physoderma potteri (Knollengalle an Hornklee) an basalen Stängel-Teilen von Sumpf-Hornklee (Lotus uliginosus) am 8.8.2012 im "Fuhrtsbachtal" (Wahlerscheid, Nationalpark Eifel,l Nordhrein-Westfalen nahe der Grenze zu Belgien), MTB 5403/4, 555 m NN, GPS ca. N50°30'41.57'' E6°17'19.42'', saurem, nährstoffarmem Niedermoor-Rasen (Vegetationstyp Juncetum acutiflori), leg., det., Fotos ("Studio"-Fotos) Lothar Krieglsteiner - die Galle ist hohl und im Schnitt fleckenweise bräunlich. Wie Sie unten sehen, kommt dies durch die braunen Dauersporen zustande.

 

Der Fund gelang im Rahmen einer Auftrags-Kartierung im Nationalpark Eifel, wo ich seit 2011 fast jedes Jahr für eine Woche engangiert wurde, um die vorher nahezu unbearbeitete pilzliche Biodiversität zu erfassen – übrigens ein Auftrag, den eigentlich alle Nationalparks (für alle Organismengruppen) haben. Mittlerweile wurden im Nationalpark Eifel (dieser liegt in Nordrhein-Westfalen an der Grenze zu Belgien) die 2000 Pilzarten (allerdings bisher nur „mithilfe“ der Myxomyceten, die eigentlich keine Pilze sind) überschritten. Ich war jedenfalls im Gebiet des „Fuhrtsbachtal“ unterwegs, wo in saurem, nährstoffarmem Habitat ein Mosaik verschiedener Feucht-Lebensraumtypen erhalten ist. Fundort ist ein saures Niedermoor u.a. mit Torfmoosen und Spitzblütiger Binse, den  örtlich ausgeprägten Vegetationstyp kann man dem Juncetum acutiflori zuordnen. Bei der Suche nach Becherlingen und anderen Kleinpilzen entdeckte ich an der Basis einer lebenden Pflanze des Sumpf-Hornklees (Lotus uliginosus) rundliche Gallen, die ich zunächst wie gesagt für tierisch hielt und auch (leider …) kein Standortfoto anfertigte. Leider gelang es mir später nicht, den Pilz wiederzufinden – ich war in den folgenden Jahren, zuletzt noch 2022, immer wieder vor Ort. Eine systematische Suche wäre aber auch mit einigem Flurschaden verbunden, der in dem doch sensiblen Habitat nicht gerechtfertigt werden kann.

Unter dem Mikroskop zeigten sich jedenfalls Strukturen, die eindeutig nicht als tierische Eier, sondern als pilzliche Sporen (genau genommen sind es Dauersporen bzw. Dauer-Sporangien) identifiziert werden konnten – erstaunlich groß und mit recht attraktiven Strukturen. In Aufsicht sind sie rund und haben einen Durchmesser von knapp 50 µm, sie sind aber seitlich etwas abgeflacht und dabei nach einer Seite vorgewölbt. Auf der gewölbten Seite zeigen sie ein Muster von Linien. Machen Sie sich selbst ein Bild 😊

Physoderma potteri 5 Dauersporen Sporangien Mikroskopierkurs parasitische Pilze Pflanzengallen Pilzschule Schwaebischer Wald Eifel
Physoderma potteri 6 Nationalpark Eifel Belgien Nordrhein Westfalen England Lotus corniculatus uliginosus Sumpfhornklee Krieglsteiner
Physoderma potteri 7 Urophlyctis Lotus uliginosus Fabaceae abgeflacht Muster Rillen Dauersporen Chytridiomycota parasitische Pilze
Physoderma potteri 8 terrestrisch aquatisch parasitische Pilze Chytridiomycota Zygomycota Jochpilze Flagellatenpilze Toepfchen Pilzkurs
Physoderma potteri (Knollengalle an Hornklee) an basalen Stängel-Teilen von Sumpf-Hornklee (Lotus uliginosus) am 8.8.2012 im "Fuhrtsbachtal" (Wahlerscheid, Nationalpark Eifel,l Nordhrein-Westfalen nahe der Grenze zu Belgien), MTB 5403/4, 555 m NN, GPS ca. N50°30'41.57'' E6°17'19.42'', saurem, nährstoffarmem Niedermoor-Rasen (Vegetationstyp Juncetum acutiflori), leg., det., Fotos ("Studio"-Fotos) Lothar Krieglsteiner - die Dauersporen sind knapp 50 µm breit und rund in Frontal-Ansicht, aber von der Seite einseitig etwas abgeflacht. 
Physoderma potteri 9 Nationalpark Eifel Erstbeschreibung England Dauersporen Pflanzengalle rund Mikroskopierkurs Krieglsteiner Pilzkurs
Physoderma potteri 10 Pilzschule Schwaebischer Wald Feldmykologe Biodiversitaet Artenvielfalt naehrstoffarm Torfmoos Binse Becherling
Physoderma potteri 11 Dauersporen Ornament Linien Galle Hornklee Lotus uliginosus Feuchtbiotop Feuchtgruenland Krieglsteiner Eifel
Physoderma potteri 12 parasitische Pilze Pflanzengallen Cecidien Krieglsteiner Nationalpark Eifel Erstnachweis Deutschland Torfmoos
Physoderma potteri 13 Dauersporen Ornament Linien Nationalpark Eifel Torrmoos Niedermoor sauer naehrstoffarm Gallwespe Pilzkurse
Physoderma potteri 14 Pilzschule Schwaebischer Wald Biodiversitaet Kartierung Artenvielfalt Auftrag Nationalpark Eifel Krieglsteiner
Physoderma potteri (Knollengalle an Hornklee) an basalen Stängel-Teilen von Sumpf-Hornklee (Lotus uliginosus) am 8.8.2012 im "Fuhrtsbachtal" (Wahlerscheid, Nationalpark Eifel,l Nordhrein-Westfalen nahe der Grenze zu Belgien), MTB 5403/4, 555 m NN, GPS ca. N50°30'41.57'' E6°17'19.42'', saurem, nährstoffarmem Niedermoor-Rasen (Vegetationstyp Juncetum acutiflori), leg., det., Fotos ("Studio"-Fotos) Lothar Krieglsteiner - beachten Sie das Linienmuster auf der gewölbten Seite der abgeflacht-rundlichen Sporen. Sind das nicht bizaare Strukturen? Absolut sehenswert :-)

 

Physoderma potteri (ursprünglich beschrieben als Urophlyctis p.) wurde aus England beschrieben, wo laut Klenke & Scholler (2015) der von Deutschland aus am nächsten gelegene bekannte Fundort liegt. Mein Fund in der Eifel ist allerdings schon seit 2013 auf der Website des Nationalparks Eifel sichtbar. Googeln ist aber halt schon etwas aufwändig. Offenbar ist es jedenfalls ein Erstnachweis für Deutschland gewesen. Kein Wunder, denn der Pilz ist nicht leicht zu finden (bei mir war viel Glück dabei) und dann muss man erst einmal die Idee haben, dass es ein Pilz sein könnte. Bei der Erstbeschreibung (Bartlett 1926) war der Wirt Lotus corniculatus, der Gewöhnliche Hornklee,  Wie bei meinem Fund waren die befallenen Pflanzen (ich entdeckte nur eine) äußerlich vollkommen gesund, aber ohne Blütenbildung, ein Phänomen, das man von vielen parasitischen Pilzen kennt. Wie bei meinem Fund waren die Gallen an basalen, aber gerade so oberirdischen Stängelteilen zu finden.

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